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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Blish
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das?« flüsterte er heiser.
    »Hab’ keine Angst, morgen bin ich wieder bei dir. Aber in der nächsten Spanne der Dunkelheit muß ich die Gestalt wechseln.« Das Kleid glitt nun an ihrem unvorstellbar biegsamen Leib herab. »Jetzt verwandle ich mich in einen Inkubus. Auf den wartet eine Frau, die von ihrem Gatten durch den doppelten Weg abgelenkt ist, schon voll Sehnsucht. Gelange ich rechtzeitig zu ihr, dann zeugst du ihr ein Kind — einer Frau, die du niemals auch nur sehen wirst. Ist das nicht ein Wunder? Und es wird wohl ein fürchterliches Kind werden, das verspreche ich dir!«
    Sie lächelte ihn an. Mit Übelkeit und einem Gefühl der Schmach nahm er wahr, daß sich nun hinter ihren Lidern keine Augen mehr befanden — nur leer flackernde Lichter, wie Funken, die in einem Kamin aufsteigen. Sie war nun so vollständig angezogen wie am Anfang. Sie machte vor ihm ernst und feierlich einen Knix.
    »Wart’ auf mich . . . außer, natürlich, wenn du nicht willst, daß ich morgen abend wieder zu dir komme . . .?«
    Er versuchte, nicht zu antworten, aber die Worte entflohen seinem Mund, als wären sie giftiges Gas.
    »Ja . . . o Gott. . .«
    Sie bedeckte mit den hohlen Händen ihr verborgenes Geschlecht in einer Geste obszöner Tugendsamkeit — und barst ins Nichts wie ein explodierender Ballon. Das Morgengrauen fiel in seiner ganzen Schwere auf Jack, wie die Berge auf den heiligen Johannes.

 
12
     
    Dr. Stockhausen starb am St.-Valentins-Tag, nachdem Ärzte aus der ganzen Welt — sogar aus der Sowjetunion — drei Tage lang vergeblich versucht hatten, ihn zu retten. Aber er hatte einen so ausgiebigen Trunk unverdünnter Jodtinktur getan, daß er trotz allem den inneren Verätzungen erlag. Operationen und Spitalpflege waren natürlich gratis. Aber er starb, ohne ein Testament zu hinterlassen, und es schien, als würde es einfach endlos dauern, bis seine kleine Hinterlassenschaft — Tantiemen von einem wissenschaftlichen Werk und was noch von einem vor zehn Jahren verliehenen Nobelpreis übrig war — verteilt war. Dies vor allem in Anbetracht der Notiz, die Stockhausen hinterlassen hatte, und aus der keine Gruppe von Experten — weder Wissenschaftler noch Juristen — im Laufe der nächsten paar Generationen hoffen durfte, den mathematischen Kern vom Todesgestammel eines Wahnsinnigen zu trennen.
    Für seine Enkel und für die geschiedene Tochter wurde Geld gesammelt, um ihnen über das Schlimmste wegzuhelfen. Das letzte Buch aber, das er geschrieben hatte, erwies sich im Inhalt der Abschiedsnotiz so ähnlich, daß die Berater seines Verlegers niemand finden konnten, dem man vernünftigerweise die Herausgabe und posthume Mitautorschaft hätte anbieten können. Es war die Rede davon, daß man sein Hirn dem Museum der Deutschen Akademie in München überlassen würde — aber auch das wieder erst nach Abwicklung der Hinterlassenschaft. Innerhalb von drei Tagen nach der Beerdigung aber konnte Ware berichten, daß sowohl das Hirn als auch Stockhausens letztes Manuskript verschwunden waren.
    »MARCHOSIAS mag eines von beiden oder sogar beides an sich genommen haben«, sagte Ware. »Ich habe es ihm zwar nicht aufgetragen, da ich Alberts Familie nicht noch mehr Schmerz zufügen wollte, als auftragsgemäß nötig war. Andererseits aber habe ich es ihm auch nicht verboten. Aber wie auch immer — der Auftrag ist ausgeführt.«
    »Sehr gut«, sagte Baines. Um die Wahrheit zu sagen: Er war in Hochstimmung. Unter den anderen drei Leuten, die in Wares Büro anwesend waren — denn Ware hatte gesagt, es gäbe kein Mittel, um Pater Domenicos Anwesenheit zu verhindern —, sah keiner so zufrieden aus wie Baines sich jetzt fühlte, aber schließlich war ja auch er der einzige, auf den es hier ankam, der einzige, auf dessen Gefühle Ware mehr als üblich Rücksicht nehmen mußte. »Und es ist auch viel schneller gegangen, als Sie vorausgesehen haben. Ich bin sehr zufrieden und im übrigen jetzt durchaus bereit, meinen großen Auftrag mit Ihnen zu besprechen, Dr. Ware, wenn die Planeten und so weiter jetzt für derlei Gespräche nicht ungünstig stehen.«
    »Auf einfache Gespräche haben die Planeten so gut wie keinen Einfluß«, sagte Ware, »nur auf bestimmte Vorbereitungen — und selbstverständlich auch auf das Experiment selbst. Ich bin durchaus bereit, Sie anzuhören. Um die Wahrheit zu sagen: Ich bin sogar sehr neugierig, was Sie zu sagen haben. Nehmen Sie also bitte kein Blatt vor den Mund und erzählen Sie mir, was

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