0356 - Am Schleppseil hing der Tod
»Verhaften Sie mich!« Ein kleiner, schmieriger Mann trat uns in den Weg, als Phil und ich gerade das FBI-Gebäude verließen. Wir kannten den Mann. Es war Chris Holloway, der uns schon viele brauchbare Tipps gegeben hatte. Er zitterte, und sein Gesicht war angstverzerrt.
»Verhaften Sie mich schnell, man will mich erschießen.«
»Wer?«, fragte Phil, während wir mit Holloway in das FBI-Gebäude traten.
»McNoel! Er will umsatteln, und ich soll mitmachen.«
»Wobei?«
»Bei den Trucks!«
Wir waren wie elektrisiert, als wir Trucks hörten. Schon viermal hatte uns die Olympia Insurance gemeldet, dass Trucks samt Fahrern spurlos vom Highway verschwunden waren.
»Ich will nicht mitmachen. Ich mache keine krummen Touren mehr!«, sagte Holloway, der ehemalige Gangster.
***
Mr. High kannte die mysteriöse Truck-Affäre. Er hörte aufmerksam zu. Seine feingliedrigen Hände spielten mit einem Bleistift. Aber es war nicht Nervosität.
Plötzlich unterbrach er Phil: »Holen Sie mir Holloway mal rein!«
Phil rief Neville an.
Holloway schlurfte zwei Minuten später vor dem alten Neville ins Chefzimmer. Neville hielt hinter ihm die Hände gespreizt, als fürchte er einen elektrischen Schlag, falls er den kleinen Gangster aus Versehen berührte.
Der Kleine machte große Augen und blieb in respektvoller Entfernung vor Mr. Highs Schreibtisch stehen. »Nun, Holloway, dann erzählen Sie mal«, forderte Mr. High ihn freundlich auf. »Sie wollen also in Schutzhaft genommen werden, weil Sie sich bedroht fühlen. Aber warum gehen Sie dann nicht zur Stadtpolizei, warum kommen Sie zu uns?«
Holloway sah ihn erstaunt an und meinte treuherzig: »Ich kenne Agent Cotton gut.«
Mr. High lächelte und fuhr fort: »Also, was ist nun mit McNoel und mit seiner Autosache?«
Der Kleine sprang von seinem Stuhl hoch und rief: »Ich sage nur was, wenn ich hier bleiben darf, bis die Sache erledigt ist!«
Mr. High winkte ab: »Gut, Holloway, wir werden dafür sorgen, dass Ihnen nichts geschieht. Also los, erzählen Sie!«
Er zögerte noch eine Weile und sagte schließlich: »Heute Abend um sieben ist McNoel an der Ecke der 49. Straße/Madison Avenue verabredet. Sein neuer Boss will ihn sprechen. Er wird in einem schwarzen Mercury abgeholt.«
»Wer ist das?«, wollte ich wissen.
»Keine Ahnung. Er sagte, er wüsste es selber nicht.«
»Weiß McNoel, dass Sie bei uns sind?«, fragte Mr. High.
Der Kleine sah ihn erschrocken an. »Vielleicht noch nicht, aber bald, glaube ich.«
»Warum denn dieses Theater vorhin? Wer soll denn auf dich schießen, wenn keiner weiß, wo du bist?«
»McNoel hat mich beobachten lassen, ich hab’s gemerkt«, wimmerte Holloway kläglich.
Mehr war aus ihm nicht herauszubringen.
Als Neville Holloway wegbringen sollte, meine er mürrisch: »Gut, dann kann er in Zelle fünf kampieren.« Mr. High lächelte, als die beiden verschwanden. »Meine Herren, es könnte nicht schaden, wenn Sie sich um das Rendezvous von McNoel kümmern würden.« Er sah auf die Uhr. »Es ist schon zehn nach sechs.«
***
Als wir in meinem roten Jaguar saßen und losfuhren, drehte ich die Heizung auf. Es war Anfang Dezember, ein nasskalter Tag. Vom Hudson rüber kam Nebel mit Schneeregen.
Phil und ich sprachen über McNoel, der uns nicht kannte. Ein einfacher Patrolman hatte McNoel und Holloway auf frischer Tat ertappt und beide festgenommen. Holloway kannten wir von früheren Sachen.
Phil bewies einmal wieder sein gutes Gedächtnis. Während ich Kurs auf die 48. Straße nahm und mich über den starken Verkehr im Nebel ärgerte, erzählte mir Phil die McNoel-Story.
McNoel hatte eine entzündete Nasenschleimhaut. Er musste oft niesen, mindestens siebenmal hintereinander. Jedes Mal wackelten die Wände. Seine »Trompete«, wie Holloway sie nannte, brachte ihm und dem kleinen Chris Zuchthaus ein. McNoel's unwiderstehlicher Niesdrang platzte gerade los, als beide schwitzend vor dem aufgeschweißten Tresor der Conti Bank standen und ausräumen wollten. Es war zwar im Keller der Bank, aber die beiden ahnten nicht, dass sie sich genau vor einem Luftschacht befanden, der am Bürgersteig mündete. Und ausgerechnet dort stand ein Cop, ein sehr aufmerksamer Cop. Der verhaftete die Nieser.
***
Die 141. Straße East liegt in der Bronx nahe Port Morris und mündet in die Locust Avenue ein. An der Straßenecke befindet sich der riesige Clarke-Block mit Garagen, Agenturen, Spedition und Lagerhallen. Eigentümer war Conny Clarke ein eisgrauer
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