Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
begegnete, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten glich. Erstaunt blieb er vor dem Fremden stehen, der ihn Vater nannte. Tatsächlich war es sein Sohn, den die Trolle zu seinen Eltern zurückgeschickt hatten.
Mit Tränen in den Augen umarmte der Vater den Sohn und rief: ›Dem lieben Gott sei Dank!‹
Doch der junge Mann schüttelte den Kopf. ›Vater, dankt nicht unserem Heiland, sondern meiner Mutter. Die Trolle waren stets in eurer Nähe und haben euch beobachtet. Habt Ihr den Wechselbalg geschlagen, bekam auch ich Schläge. Als Ihr das Trollkind ertränken wolltet, haben sie auch mich über das reißende Gewässer gehalten. Habt ihr dem Troll Abfall vorgesetzt, musste ich Würmer und Frösche essen. Gab Mutter dem Trollkind heimlich schmackhaftes Essen, wurde auch mein Essen genießbar. Ihr seht, Vater, nicht der liebe Gott, sondern meine Mutter hat dafür gesorgt, dass ich wohlbehalten zu Euch zurückgekommen bin.‹
Da nahm der Bauer seinen Sohn in den Arm und gelobte, seiner Frau zu verzeihen. Von da an lebten sie glücklich und zufrieden«, schloss Erik seine Geschichte und blickte lächelnd in die Augen seiner kleinen Zuhörer, die ihm mäuschenstill gelauscht hatten.
• Kapitel 30 •
Kaum hatte Erik Gustavsson die Geschichte zu Ende erzählt, beugte Arne seinen Kopf zu Magdalena herab und sagte leise: »Ich will die Wunde deines Vaters untersuchen und sehen, ob es deiner Mutter besser geht. Möchtest du mich begleiten?«
Das Mädchen zögerte, denn seit dem Abend zuvor versuchte sie die Nähe des Schweden zu meiden. Allerdings waren es die Eltern, um die sich Arne sorgte, sodass Magdalena es als ihre Pflicht ansah, ihn zu begleiten. Sie nickte und flüsterte Benjamin, der die Frage mitbekommen hatte, zu, dass er zu seinen Freunden gehen könne. Jubelnd lief der Junge davon, und das Mädchen erhob sich. Magdalena glaubte in Arnes Blick ein triumphierendes Lächeln zu erkennen. Hastig glättete sie mit beiden Händen ihren Rock und schaute zur Seite.
»Du solltest ebenfalls Weidensaft trinken, denn anscheinend plagt auch dich das Fieber«, raunte er ihr zu.
Wütend schlug sie ihm auf den Arm. Ohne sich umzublicken, eilte sie aus dem Zelt, wobei sie mit beiden Händen ihre heißen Wangen umschloss. Als sie glaubte, Arne hinter ihrem Rücken leise lachen zu hören, lief sie ihm davon.
Franziska lag auf der Bettstatt und hielt die Augen geschlossen. Obwohl sie sich besser fühlte, fielen ihr das Schlucken und das Sprechen schwer. Sie sah den Becher mit Sud, konnte ihn aber nicht erreichen. Ihr Rachen war ausgetrocknet, und sie musste sich mehrmals heftig räuspern. Ihr Blick fiel auf Johann, der auf einem Schaffell am Boden lag und schlief. Sein Halsverband hatte sich im Schlaf gelöst, sodass sie die hässliche Fleischwunde sehen konnte, die die Henkersschlinge hinterlassen hatte.
Der Anblick der Wunde erinnerte sie an den Überfall vom Tag zuvor. Franziska biss sich auf die Lippe, da heftige Gefühle sie übermannten. War es wirklich erst einen Tag her, dass sie geglaubt hatte, ihre Familie für immer zu verlieren? Bebend schloss sie die Augen, faltete die Hände auf der Felldecke und dankte dem Schöpfer, dass alle den Überfall überlebt hatten.
Franziska atmete tief durch und sah wieder zu ihrem Mann. In Gedanken rechnete sie die Jahre zusammen, die sie nun schon mit ihm zusammen war. Mehr als siebzehn Jahre, dachte sie und betrachtete voller Zärtlichkeit sein Gesicht, in dem ihr jede Falte, jedes graue Haar, das seinen ehemals dunkelblonden Schopf durchzog, vertraut war. Noch immer mochte sie sein kantiges Kinn, das ihn schon mit neunzehn männlich hatte wirken lassen, obwohl er sich damals noch nicht hatte rasieren müssen.
Sie dachte an ihre Gespräche zurück, zu der Zeit, als er vor der Kirche in Tastungen auf sie gewartet hatte. Sie konnte sich gut an ihre Zweifel erinnern, da sie den Liebesschwüren des reichsten Bauernsohns nicht vertrauen wollte. Als Franziska Johann das eingestanden hatte, war er so verzweifelt gewesen, dass er sich Rat bei seinem Patenonkel, dem Pfarrer von Tastungen, geholt hatte.
Franziska seufzte tief. Ich liebe ihn wie am ersten Tag, dachte sie. Einerlei, wohin er uns führt, ich gehöre zu ihm. Wie konnte ich jemals daran zweifeln?, fragte sie sich. Husten schüttelte ihren Körper, und sie griff sich an die Brust. Unter dem Stoff spürte sie den kleinen Anhänger ihrer Kette. Sie zog den Schlüssel hervor und betrachtete ihn nachdenklich, als der Vorhang am
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