Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem
ausliefere.«
Sie lächelte, aber auf eine Art, die mir einen eisigen Schauder über den Rücken jagte. »Abgemacht«, wiederholte sie. »Sicher, es war abgemacht. Aber ich fürchte, ich kann die Abmachung nicht halten.«
Eine Welle heißen Zorns stieg in mir hoch. Mit einem wütenden Schrei trat ich auf sie zu und hob die Arme.
Zwei unglaublich kräftige Hände legten sich von hinten um meine Oberarme und preßten sie gegen meinen Körper. Mit einem harten Ruck wurde ich zurückgerissen. Eine Hand klatschte in mein Gesicht und trieb mir einen Schmerzensschrei über die Lippen, eine zweite Hand fuhr unter meinen Mantel, entriß mir den Stockdegen und schleuderte ihn davon. Dann traf mich ein Stoß, der mich vorwärtstaumeln und auf die Knie fallen ließ.
Ich dachte nicht mehr. Irgend etwas schien in mir zu zerbrechen, ich fühlte einen Haß, wie ich nie zuvor in meinem Leben gespürt hatte, ein Gefühl von einer Intensität, das ich noch vor wenigen Augenblicken nicht einmal für möglich gehalten hätte. Mit einer Bewegung, die selbst für meinen Bewacher zu schnell kam, war ich wieder auf den Füßen, wirbelte herum und schlug mit aller Macht zu.
Meine Faust traf den Riesen genau zwischen die Augen. Ein greller Schmerz zuckte durch mein Handgelenk; ich fühlte, wie meine Knöchel aufplatzten und Blut an meiner Hand herablief. Der Bursche torkelte zurück, starrte mich für die Dauer eines Herzschlages aus weit aufgerissenen Augen an und sackte wie eine Gummipuppe in sich zusammen.
Ich fuhr herum, ehe er den Boden berührt hatte. Ein zweiter Mann drang auf mich ein; ich stieß ihn von mir, erwischte einen dritten mit einem Ellbogenstoß und sprang blitzartig zurück. Meine Hand zuckte in die Tasche und kam mit dem Derringer wieder zum Vorschein. Die beiden nebeneinander liegenden Laufe deuteten genau auf das Gesicht der Hexe. Mein Zeigefinger spannte sich um den doppelten Abzug. Die beiden Hähne der Waffe knackten hörbar.
»Keine Bewegung mehr«, sagte ich. »Ich glaube dir, daß mich deine Schläger überwältigen können. Aber ich habe immer noch Zeit, dich zu erschießen.«
Über das Gesicht der Hexe huschte ein erschrockener Ausdruck. Aber die drei übriggebliebenen Männer, die Anstalten gemacht hatten, sich gemeinsam auf mich zu stürzen, erstarrten mitten in der Bewegung und blickten unsicher von mir zu ihrer Herrin. Der Klang meiner Stimme mußte sie davon überzeugt haben, daß ich es ernst meinte.
»Du würdest nicht auf eine Frau schießen«, behauptete die Hexe.
Ich lachte leise. Meine Stimme klang rauh. »Probiere es aus«, sagte ich. »Hetz deine Kreaturen auf mich, und ich werde endlich erfahren, ob es stimmt, was man sich über Hexen erzählt: daß sie kugelfest sind.«
Auf ihrem Gesicht zeigte sich nicht die mindeste Regung. Aber der Ausdruck in ihren Augen sagte mir, daß es nicht stimmte ... »Das ist sinnlos«, sagte sie leise. »Du weißt, daß du uns nicht alle mit diesem ... Spielzeug in Schach halten kannst. Du hast nur zwei Kugeln.«
»Genug für dich«, antwortete ich grob. Meine Stimme zitterte.
»Du glaubst doch nicht, daß du eine Chance hast, zu entkommen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Priscylla«, sagte ich. »Ich will Priscylla, das ist alles. Gebt sie frei, und ich lege die Waffe zu Boden – sobald sie gegangen ist und einen entsprechenden Vorsprung hat. Ich halte mein Wort.«
»Priscylla?« Ein schwer zu beschreibender Ausdruck huschte über die Züge der Hexe.
Ich nickte. »Gebt sie frei, und ich ergebe mich.«
Sie nickte, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. »Wie du willst«, sagte sie. Ich erwartete halbwegs, daß sie einem ihrer Männer einen Wink geben oder sich selbst entfernen würde, aber sie tat nichts dergleichen, sondern schlug mit einer fast graziösen Bewegung die Kapuze ihres Mantels hoch, senkte den Blick und blieb sekundenlang reglos stehen. Dann hob sie den Kopf und streifte die Kapuze mit einer abrupten Bewegung wieder zurück.
Aber es war nicht mehr ihr Gesicht, das mich ansah.
Es war das von Priscylla.
Und jetzt, endlich, begriff ich.
** *
»Nein«, flüsterte ich. Meine Stimme brach fast. Die Waffe in meiner Hand wurde unwirklich, unwichtig. Ich fühlte, wie mein rechter Arm kraftlos herabsank und mir harte Hände den Derringer entwanden, aber das spielte keine Rolle mehr. »Nein«, flüsterte ich noch einmal. »Das ... das ist nicht wahr. Das ist ... eine Illusion. So wie ...«
»Nein, Robert, es ist keine Illusion.« Es war
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