Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Titel: Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
Sein Herz schlug ruhig und gleichmäßig. Der Hieb des verkrüppelten Spinnenbeins hatte ihn betäubt, aber nicht ernsthaft verletzt. Unwillkürlich atmete ich auf. Auch wenn es unsinnig und geradezu gefährlich war, einem Todfeind auch nur eine Träne nachzuweinen, hätte ich mir Vorwürfe gemacht, wenn der Drachenkrieger von Shudde-Tuur getötet worden wäre, während ich untätig zusah.
    So jedoch bot sich mir eine Chance, die bestimmt nicht wiederkommen würde. Erstmals konnte ich mehr über Necrons Begleiter herausfinden. Meine Hand tastete nach den Stoffstreifen, die der Drachenkrieger vor dem Gesicht trug. Mein Herz schlug schneller, aber aus irgendeinem Grund schreckte ich davor zurück, den Gesichtsschutz herunterzureißen. Statt dessen packte ich den massigen Körper und wuchtete ihn mir unter Einsatz aller Kraft über die Schulter. Noch war die Gefahr nicht gebannt, der Ableger des GROSSEN ALTEN konnte sich immer noch in der Nähe aufhalten. Ich hatte ihn in die Flucht geschlagen, aber er würde sich rasch von meinem Angriff erholen.
    Außerdem bestand die Gefahr, daß der Krieger aufwachte, und wenn das geschah, bevor ich ihn gefesselt hatte, waren alle Anstrengungen umsonst.
    Ich sah mich hastig um. Als erstes mußte ich mich vor der Spinnenkreatur verbergen: vor ihr und vor unliebsamen Blicken. Auch wenn in den Fabriken momentan nicht gearbeitet wurde, so würde es doch Wachen geben, und es grenzte eigentlich an ein Wunder, daß der Kampflärm noch niemanden herbeigelockt hatte.
    Der Drachenkrieger schien immer schwerer zu werden. Bei jedem Schritt knickte ich ein wenig in den Knien ein. Meine Bewegungen waren mehr ein Taumeln als ein aufrechtes Gehen. Aber das Gefühl des Triumphes und der Gedanke an die Geheimnisse, die sich mir womöglich in den nächsten Minuten offenbaren würden, ließen mich meine Schwäche vergessen. Es waren nicht viel mehr als zehn, fünfzehn Yards bis zum Eingang eines der Fabrikgebäude, aber die Entfernung schien mit jedem Schritt, den ich machte, noch zu wachsen. Ich hatte das Gefühl, einen Fußmarsch von mehreren Meilen unternommen zu haben, als ich endlich das hölzerne Tor erreichte.
    Während ich den Körper des Kriegers weiterhin mit einer Hand abstützte, drückte ich mit der anderen die Klinke herunter. Die Fabrikhalle war unverschlossen, und mit einem leisen Knarren schwang die Tür ins Innere auf. Kühle, übelriechende Luft schlug mir entgegen, ein Geruch wie von faulen Eiern, der mir sofort zeigte, um was für eine Halle es sich handelte. Ich war in die Färberei gelangt, und der Gestank rührte von der Vielzahl an Chemikalien her, die hier verwendet wurden, um den gewobenen Stoff zu bleichen und ihm anschließend die gewünschte Farbe zu verleihen.
    Meine Augen gewöhnten sich rasch an die veränderten Lichtverhältnisse. Es gab nur eine Handvoll Fenster, und diese lagen auf der der Sonne abgewandten Seite des Gebäudes. Ich ging noch einige Schritte in die Halle hinein, bevor ich den Drachenkrieger von meiner Schulter sinken ließ.
    Wahrscheinlich rettete mir diese Bewegung das Leben.
    Ohne Vorwarnung peitschte der Schuß. Eine orangefarbene Feuerlohe stach auf mich zu. Wie ein lebender Schutzschild fing der Drachenkrieger die auf meine Brust gezielte Kugel auf. Der Schwarzgekleidete bäumte sich in meinen Armen noch einmal auf und erschlaffte dann. Dumpf schlug der massige Körper auf dem Boden auf.
    Alles war so schnell und überraschend vor sich gegangen, daß ich einen Moment wie erstarrt stehenblieb, bis ich wirklich begriff, was geschehen war. Dann erst ließ ich mich fallen. Eine zweite Kugel pfiff so dicht über meinen Kopf hinweg, daß ich mir einbildete, noch den Luftzug spüren zu können. Hinter dem Leichnam des Drachenkriegers preßte ich mich flach auf den Boden.
    Die gedrungene Gestalt des Schützen hob sich als Schattenriß vor dem Eingang ab. Erneut verfluchte ich die Nachlässigkeit, mir keinen Revolver eingesteckt zu haben. Kalte Wut über den hinterhältigen und feigen Anschlag beherrschte mein Denken. An die verlorene Chance und die Konsequenzen, die der Tod des Drachenkriegers für mich bedeuten konnten, dachte ich nur am Rande. Es war das zweite Mal, daß er mir das Leben gerettet hatte, und ich hatte es mir nur mit seinem Tod erkaufen können. Hätte der Mörder eine Zehntelsekunde später abgedrückt, hätte die Kugel mich getroffen.
    Ich wischte die Gedanken fort. Es war geradezu selbstmörderisch, meine Gedanken jetzt an diese

Weitere Kostenlose Bücher