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Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Titel: Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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es diesem Hunger nicht nachgeben durfte; noch nicht. Denn noch stärker als die Gier nach Menschen spürte es den Haß in sich, und der alleinige Gedanke an Rache bestimmte sein Handeln. Rache an dem Menschen, der ihm fast alle Kraft geraubt, der es fast vernichtet hatte.
    Robert Craven!
    Schon der bloße Gedanke an ihn erfüllte Shudde-Tuur mit unvorstellbarer Wut. Seit Jahrmillionen arbeitete es darauf hin, den Auftrag Shudde-Mells zu erfüllen, des mächtigen GROSSEN ALTEN, dem er seine Existenz verdankte. Die Kraft hunderter Menschen hatte es in sich gesammelt und war noch beständig weiter gewachsen, als Craven den Verbund zerstört hatte. Aus ES, dem unbesiegbar erscheinenden Verbund ungezählter Gehirne und Körper, war wieder Shudde-Tuur geworden, die Keimzelle, die der GROSSE ALTE von seinem eigenen Körper abgespalten und mit unseligem Leben erfüllt hatte.
    Es hatte lange gedauert, mehr als drei Tage menschlicher Zeitrechnung, die selbst ihm, der es gewohnt war, in anderen Zeitmaßstäben zu rechnen, wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, bis es seinen Weg durch sein zerstörtes unterirdisches Reich an die Erdoberfläche gefunden hatte. Eine Ewigkeit grenzenloser Pein, die es von innen heraus zu zerfressen drohte. Aber es hatte auch genug Zeit gehabt, seinen Plan zu schmieden.
    Robert Craven mußte sterben, und er würde alle anderen Einwohner Arcenboroughs mit in den Untergang reißen!
    Es gab keinen Durchschlupf, der für Shudde-Tuur zu klein war. Eine Mauerritze, die selbst eine Maus vor Probleme gestellt hätte, war für ihn wie ein großes Portal, denn es besaß keinen Körper im eigentlichen Sinne. Es war eine amorphe Masse, manifestierter Urschlamm, der sich durch die Gassen vorwärtsbewegte wie zäher, farbloser Schleim. Wäre in diesem Augenblick ein Mensch vorbeigekommen, wäre es ihm nicht einmal aufgefallen.
    Aber es kam niemand. Endlich tauchten die Umrisse der großen Fabrikgebäude vor ihm auf: langgestreckte, flache Gebäude mit abgebröckeltem Verputz und kleinen, blinden Fenstern, wie schwarze Löcher in der Nacht, schlafenden Ungeheuern gleich. Moloche, die nur darauf warteten, die Menschen, die bei Tagesanbruch gewöhnlich durch die Portale in ihr Inneres strömten, jetzt bei Nacht zu verschlingen, denn die Nacht war die Zeit der Schrecken und düsteren Dinge. Was nicht Wirklichkeit war, wurde jetzt Realität, Wahrheit zum Traum, Traum zum Alptraum, Furcht zur Wirklichkeit.
    Die Vorstellung bereitete Shudde-Tuur eine grimmige Befriedigung. Nicht mehr lange, und die Fabriken würden wirklich lebendig werden, die Alpträume mit knorrigen Fingern an den Türen der Wirklichkeit kratzen und Einlaß verlangen.
    Unter dem Portal der vordersten Halle drang es in das erste Gebäude ein. Unzählige Spinnräder füllten den gewaltigen Raum. Der körperlose Schatten schlängelte sich zwischen den Reihen hindurch und strich mit schlangenartigen Armen von Zeit zu Zeit über den aufgehäuften Flachs und die Spindeln mit dem bereits versponnenen Leinen.
    Als es seine amorphen Fühler wieder zurückzog, ließ es nur die hölzernen Spindeln hinter sich. Der Flachs vermochte seinen Hunger nicht zu stillen, aber er erfüllte ihn mit einem anderen Gefühl von Stärke: der Zuversicht, daß sein Plan gelingen würde.
    Das leise Geräusch einer sich öffnenden Tür schreckte Shudde-Tuur auf. Zuckend huschte der Schein einer Laterne über die Wände und schuf schattenhaftes Leben, wo zuvor nur undurchdringliche Dunkelheit gewesen war.
    Die Gier in ihm wurde übermächtig, als es das nahende Leben spürte. Um sich nicht zu früh zu verraten, kauerte es sich im Schatten eines Spinnrades zusammen und wartete, bis sich der Mann auf gleicher Höhe befand. Dann stürzte es mit einer blitzartigen Bewegung vor, noch ehe der Wächter die Gefahr überhaupt erkannte. Mit einem schleimigen Fühler erstickte Shudde-Tuur seinen Schrei; dann spürte er nur noch warmes, süßes Leben, das in ihn eindrang und ihn mit einer neuen, gewaltigen Kraft durchpulste...

    * * *

    »Wo Bill nur so lange bleibt?« Hank Jackson warf einen nervösen Blick zu der großen Standuhr in der Ecke des Raumes. Das Ding hätte auf den Müll gehört, und genau dort hatte er die Uhr auch hergeholt. Sie ging ständig falsch, bot aber wenigstens einen vagen Überblick über die quälend langsam verstreichende Zeit. »Möchte überhaupt gerne wissen, wieso der Verrückte dauernd seine Wachrunden dreht.«
    »Er ist jung und will nach oben. Immerhin hat er

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