Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer

Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer

Titel: Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
aufschreien. Die Hälfte seines Gesichtes war von halb geronnenem Blut bedeckt wie von einer schrecklichen roten Maske – was nichts anderes bedeutete, als daß die Wunde in seiner Schläfe sehr viel heftiger blutete als normal, oder daß er sehr viel länger geschlafen haben mußte, als er bisher angenommen hatte.
    Sarim wußte nicht, welcher Möglichkeit er den Vorzug geben sollte. Jede auf ihre Weise war gleich beunruhigend.
    Unsicher ließ er die Spiegelscherbe sinken, hob sie aber dann wieder auf und fuhr mit einem Zipfel seines Mantels darüber, um den Staub herunter zu wischen.
    Das Bild blieb: Der graue Schimmer auf seiner Haut war nicht im Spiegel, sondern Wirklichkeit. Und nicht nur das.
    Er war...
    alt.
    Nein – das stimmte nicht. Das Gesicht, das ihm aus dem blind gewordenen Spiegel entgegengrinste wie das eines Toten, war das seine, das schmale, fast aristokratisch zu nennende Gesicht eines Mannes Ende Fünfzig, der sich sein Leben lang in Form gehalten und stets auf seine Gesundheit geachtet hatte.
    Keinen Tag älter als es wirklich war. Aber es war... verfallen. Es sah so müde und schwach und kraftlos aus, wie er sich fühlte. Es war, als würde er innerlich ausgesaugt, als zehre etwas von seiner Lebenskraft, ohne daß er es direkt spürte, geschweige denn sich irgendwie zur Wehr setzen konnte.
    Seine Hände zitterten plötzlich so stark, daß er die Spiegelscherbe fallen ließ, so daß sie klirrend zerbrach.
    Das Geräusch explodierte in der Stille des Dachbodens wie ein Kanonenschuß. Und es hörte nicht auf, sondern hallte tausendfach gebrochen und verstärkt von den Wänden und den Dachschindeln wider, kam zurück und nahm immer mehr und mehr an Lautstärke zu, bis de Laurec mit einem gellenden Schrei zurücktaumelte und die Hände gegen die Ohren preßte. Erst dann verstummte es und machte einem spöttischen, irgendwie lauernden Schweigen Platz.
    Zitternd richtete sich Sarim de Laurec auf. Seine Augen waren weit vor Furcht, und sein Herz pochte so schnell, daß es weh tat. Er war in Schweiß gebadet. Und er hatte das Gefühl, ganz kurz vor dem Punkt zu stehen, an dem er den Verstand verlieren würde.
    Seltsamerweise war es genau dieser Gedanke, der ihn in die Wirklichkeit zurückbrachte.
    Plötzlich begriff er, daß er keiner Halluzination erlag, und auch nicht verrückt wurde – was er spürte, war nichts als ein heimtückischer Angriff auf rein geistiger Ebene, eine Attacke dieses Hauses... oder was immer es war, das Craven hier hinterlassen hatte.
    Der Gedanke gab ihm neue Kraft. Eine Gefahr, die er kannte, konnte er bekämpfen – und Sarim de Laurec konnte sich nicht viele Gefahren vorstellen, mit denen er nicht fertig werden konnte, mit Hilfe der neuen Macht in seinem Kopf.
    Mit einem Male wieder ganz ruhig, richtete er sich auf, strich sich glättend über den Mantel und sah sich um. Der Dachboden lag da wie immer: vollgestopft mit Gerümpel und ausrangierten Möbeln, über denen sich Staub wie eine flockige graue Decke ausgebreitet hatte. Die Luft roch schlecht, und durch die zahllosen Ritzen und Spalten im Dach schien Sonnenlicht in stauberfüllten Streifen herein.
    Und es gab keine Tür.
    Es dauerte einen Moment, bis de Laurec es überhaupt merkte – aber nirgends in diesem gewaltigen, von freistehenden Balken durchzogenen und mit Gerümpel vollgestopften Dachraum gab es einen Ausgang.
    Sekundenlang drohte er abermals in Panik zu geraten. Diesmal kostete es ihn erhebliche Anstrengung, einen klaren Kopf zu behalten. Mühsam versuchte er sich zu erinnern, wo die Tür verborgen lag, durch die er hereingekommen war.
    Aber auch sie war nicht mehr da.
    Es war, als hätte es niemals eine Tür gegeben.
    Und dann...
    Es ging so unmerklich und langsam, daß Sarim mehr als eine Minute brauchte, es überhaupt zu sehen.
    Aber als er es begriff, steigerte sich seine Furcht endgültig zur Panik.
    Der Raum wurde kleiner.

    * * *

    Das Gefühl, sich zu bewegen, obwohl man keinen Körper hat.
    Das Empfinden, zu stürzen, obwohl kein Raum da ist, durch den man stürzen kann.
    Das Spüren, sich in einem irrsinnig schnell drehenden Karussell zu befinden, obgleich es kein oben und unten oder rechts und links gibt, durch das es sich drehen könnte.
    Dann...
    Eine Art Tunnel. Vielleicht ein Schlauch. Ein Schacht, gigantisch und auf unmögliche Weise in sich gewunden und verdreht, unendlich lang, von einem Ende der Ewigkeit zum anderen reichend, mit schwarzen Wänden aus erstarrter Zeit, durch den ich

Weitere Kostenlose Bücher