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Der Himmel kann noch warten

Der Himmel kann noch warten

Titel: Der Himmel kann noch warten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gideon Samson
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noch da«, sagt er und zwinkert mir zu. Opa schließt die Tür wieder und geht hinaus auf den Flur.
    »Belle?«, fragt Mama. »Darf ich dich etwas fragen?«
    »Was denn?«
    »Hast du Streit mit Mek und Brie?«
    »Wieso?«
    Mama seufzt.
Auch das noch
, denkt sie. Krank, kurz vor einer Operation und dann noch von ihren besten Freundinnen im Stich gelassen.
    »Weshalb habt ihr Streit?«, fragt Mama.
    Ich öffne die Schublade von meinem Nachtschränkchen. Ich nehme den Brief von Mek und Brie und gebe ihn Mama. Sie schaut mich fragend an.
    »Kannst ihn ruhig lesen«, sage ich.
    Mama liest. Ihre Augenbrauen gehen rauf und runter. Die Tränen schießen ihr in die Augen. Sie lässt den Brief sinken.
    »Ich werde ihre Eltern anrufen«, sagt sie. Ihre Stimme klingt fest. Aber ich will es nicht.
    »Tu’s nicht, Ma«, sage ich. »Lass gut sein.«
    Mama wischt sich mit dem Mittelfinger eine Träne aus dem Augenwinkel. Und noch eine.
    »Für was halten die sich?«, sagt sie. »Diese Idioten!«
    »Lass gut sein, Ma. Sie sind es nicht wert.«
    Mama nickt. Aber sie bleibt wütend. Sie nimmt das Telefon.
    »Tu’s nicht, Ma!«
    Mama fischt ihren Kalender aus der Tasche und sucht eine Nummer heraus. Sie ruft an.
    »Hallo? Renate? Ist Robert da? Ja, ich bin’s, ja.«
    Es bleibt einen Moment lang still. Dann ist Papa am Telefon. Mama erzählt, dass ich operiert werde. Übermorgen.Und dass Papa hierherkommen soll. »Sieh zu, wie«, sagt sie. Und dass er wirklich kommen soll.
    »Benimm dich nur ein Mal nicht wie ein Waschlappen, Robert. Benimm dich jetzt wie ein Vater.«
    Mama ist still.
    Papa hat aufgelegt.
    Ich erzähle Mama, was passiert ist. Mit Brie. Und dem Schreibheft. Mama erzählt mir, dass Bries Mutter sie vorhin auf dem Handy angerufen hat. Um zu fragen, ob der Entschuldigungsbrief auch angekommen sei.
    »Der Entschuldigungsbrief?«
    »Ja«, sagt Mama. »Sie wollte, dass Brie ihn dir schreibt.«
    Mama und ich sind eine Weile still. Wir denken nach.
    »Was hatte Mek damit zu tun?«, fragt Mama.
    »Nichts«, sage ich.
    »Und wieso hat sie den Brief geschrieben?«
    Ich zucke mit den Schultern. Ich denke, es liegt an Brie. Die hat natürlich gesagt, in meinem Heft stünden ganz gemeine Sachen über Mek. Und den Brief allein zu schreiben, hat sie sich auch nicht getraut.
    »Ein schöner Entschuldigungsbrief«, sagt Mama.
    »Ja, ganz super.«
    Wenn ich wieder gesund bin, werde ich mir auch bessere Freundinnen suchen. Keine Meks oder Bries, die bringen mir nichts. Nette Freundinnen. Oder Freunde. Es dürfennatürlich auch Jungs sein. Obwohl die Jungs aus meiner Klasse noch ziemliche Jüngelchen sind. Aber Mama sagt, das ginge ganz von selbst vorbei.
    »Ma?«
    »Ja, Liebes?«
    »Wann warst du zum ersten Mal verliebt?«
    Mama schaut mich seltsam an. »Muss das jetzt sein?«, fragt sie.
    »Ja, jetzt.«
    Mama lächelt. »Okay«, sagt sie. »Ich denke, ich war damals in etwa so alt wie du.«
    »In ein Jüngelchen?«
    Mama schüttelt den Kopf. »In den Vater einer Freundin.«
    »Wirklich?«
    Mama erzählt, es hätte an seinem Schnurrbart gelegen. Der wäre so groß und schön gewesen. Sie musste ihn die ganze Zeit anschauen.
    »Und wolltest du ihn auch küssen?«, frage ich.
    Mama nickt.
    »Und mit ihm schlafen?«
    »Also, das weiß ich nicht.«
    »Daran hast du damals noch nicht gedacht?«
    Mama reibt sich über die Stirn. »Was für Fragen«, sagt sie.
    »Ein Schnurrbart, der pikst beim Küssen«, sage ich.
    »Stimmt«, sagt Mama. »Robert hatte früher auch einen. Und einen Bart.«
    »Hast du dich deswegen in ihn verliebt?«
    »Ich denke schon«, sagt Mama. Sie erzählt, dass sie nach sehr langem Küssen mit Papa immer ein rotes Kinn bekam. Von dem Schnäuzer und dem Bart. Und dass Papa ein ziemlich wilder Küsser gewesen ist.
    Wir lachen. Ich freue mich, dass wir noch zusammen lachen können. Diese ständige Heulerei bringt ja auch nichts.

    Eine Erinnerung.
    Ich war acht. Oder sieben. Oder neun. Nein, acht. Es waren die Ferien in Frankreich, als Nina mit war. Wir saßen vor einer Kirche und aßen Eis. Mama hatte Vanille auf der Nase. Papa hat es ihr abgeleckt. Ich schämte mich längst nicht mehr für so was. Sie benahmen sich schon die ganze Woche so. Mama schlug vor hineinzugehen.
    »Wo hinein?«, fragte Papa.
    Mama zeigte auf die Kirche. »Schön kühl da drinnen.«
    Papa stand auf und drückte sich sein Eis absichtlich unter die Nase. Er machte sich einen großen braunen Schokoladenschnäuzer.
    »Gott ist tot!«, rief er. »Gott

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