Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Streifenwagen. Es ist nicht der Subaru.«
* * *
EKHK Balthasar Schwemmer schloss die Seitentür der Polizeiinspektion an der Münchener Straße auf und stieg auf seine ruhige Art die Treppe in den ersten Stock hinauf. Er grüßte freundlich eine entgegenkommende Kollegin von den Uniformierten, die ihm respektvoll Platz machte. Oben im Flur wäre er fast mit Oberkommissar Schafmann zusammengestoßen, der aus seinem Büro stürmte und offenbar etwas sehr Wichtiges zu tun hatte. Schafmann warf ihm nur ein flüchtiges »Grüß Gott!« zu und lief den Gang entlang. Schwemmer blickte ihm mäßig interessiert hinterher und sah ihn in der Herrentoilette verschwinden.
Er betrat sein Büro. Nachdem er seinen Mantel aufgehängt hatte, öffnete er die Tür zum Vorzimmer und begrüßte Silvia Fuchs, die Sekretärin.
»Kaffee?«, fragte Frau Fuchs mit ihrem thüringischen Zungenschlag, und Schwemmer nickte.
»Und Schafmann soll mal reinkommen, falls er wieder auftaucht …«
Er schloss die Tür und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er hatte seinen Stuhl noch nicht richtig zurechtgeschoben, als schon das Telefon klingelte.
Es war Hauptkommissar Dengg von den Uniformierten, der einen Fall von Zechprellerei übergeben wollte, da es sich um einen erheblichen Betrag handelte und der Verdächtige bereits bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben war. Er hatte seinen Mercedes mit einer gestohlenen Kreditkarte angemietet und nie zurückgegeben. Schwemmer bat darum, ihm das Protokoll zu bringen.
Dann blätterte er die seit gestern angefallenen Akten durch, die sich mit wenig Schlimmerem als Marihuanahandel in kleinen Mengen befassten. Um diese Jahreszeit gab es in Garmisch nicht mal Skidiebstähle, und auf den versprochenen Anstieg der Kriminalität durch die Grenzöffnung zu warten hatte er aufgegeben.
Schwemmer nickte zufrieden. Die Kollegen vom Dauerdienst hatten mal wieder alles richtig gemacht.
Frau Fuchs brachte den Kaffee, und Schwemmer lehnte sich entspannt zurück. Der Tag fing gut an, wenn er von der Aussicht auf süßsaures Lauchgemüse absah.
Es klopfte, und ein recht graugesichtiger Werner Schafmann betrat das Büro.
»Irgendwas mit dem Magen«, sagte er und ließ sich auf den Besucherstuhl fallen.
»Soll Frau Fuchs dir einen Kamillentee machen?«, fragte Schwemmer, und Schafmann nickte dankbar. Schwemmer griff zum Telefon und gab seine Bestellung auf.
»Ich hoffe, das legt sich im Lauf des Tages«, sagte Schafmann. »Ich muss den Kleinen heute Abend von der Soloprobe abholen. Da kann ich nicht alle fünf Minuten rennen müssen.«
Schafmanns Sohn sang beim Tölzer Knabenchor, und das erforderte von seinen Eltern eine logistische Flexibilität, die Schwemmer immer wieder bewunderte. Ob der Junge am Wochenende in Augsburg oder in Berlin singen oder zu Hause den Eltern auf die Nerven gehen würde, erfuhr Schafmann oft genug erst am Donnerstag. Vom finanziellen Aufwand ganz zu schweigen, der die Familie Schafmann veranlasst hatte, das Dachgeschoss ihres Hauses als Ferienwohnung zu vermieten.
»Geh doch zum Arzt«, sagte Schwemmer. »Lass dich krankschreiben.«
Schafmann winkte ab. »Und dann? Zu Hause rumhängen und meiner Frau im Weg sein? Lass mal … Das geht schon wieder weg.«
Frau Fuchs trug eine Tasse herein, aus der der Faden eines Teebeutels hing. Der Duft von Kamille erfüllte den Raum, und jetzt erst kam Schwemmer der Kollege so richtig krank vor. Er selbst trank Kamillentee ausschließlich, wenn er krank war. Ansonsten blieb er bei Kaffee. Er nahm einen Schluck aus seinem Becher.
»Ruhig zurzeit«, sagte er dann.
Schafmann nickte. Es klopfte, und ein Kollege reichte die Protokolle von der Zechprellerei herein. Schwemmer überflog sie. Als er den Namen des Hotels und den Betrag las, verzog er das Gesicht. Er kannte das Meixner Lenerl. Burgls Mutter war mit Lenerls Großmutter befreundet gewesen, man grüßte sich, wenn man sich sah. Und er wusste, dass Magdalena mit dem »Lenas« ein wirkliches Risiko eingegangen war. Es war ein zwar kleines, aber ganz außerordentliches Hotel, dessen Service vielleicht fünf Sterne verdienen mochte, aber die baulichen Gegebenheiten ließen so eine Bewertung nicht zu. Es gab keinen Aufzug, und einige der Zimmer waren schlicht zu klein. Auch Parkraum war nicht gerade reichlich vorhanden am Loisachufer. Magdalena Meixner hatte also bewusst auf eine Einstufung verzichtet und setzte auf Individualisten, die etwas Besonderes wollten und es sich leisten
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