Der Historiker
Kopie, die zur Zeit des Zacharias vom Abt von Zographou an den Patriarchen geschickt wurde. Das Original wurde vermutlich von einem Brief des Abts an den Patriarchen begleitet, in dem dieser auf die Möglichkeit der Ketzerei im bulgarischen Kloster Sveti Georgi aufmerksam gemacht wird. Diesen Brief gibt es nicht mehr, aber es ist wahrscheinlich, dass der Abt von Zographou Zacharias aus Gründen der Effizienz und Diskretion auftrug, seine Chronik für Konstantinopel zu kopieren, und das Original in der Bibliothek von Zographou bewahrte. Zwischen fünfzig und hundert Jahre nach Erhalt wurde die Chronik immer noch als wichtig genug für die »patriarchalische Bibliothek« gehalten, dass man sie in Form einer weiteren Kopie bewahrte.
Zusätzlich dazu, dass die »patriarchalische Version« wahrscheinlich eine spätere Version der von Zographou verschickten darstellt, unterscheidet sie sich von Athos 1840 auf eine weitere wichtige Weise: Sie eliminiert einen Teil dessen, was die Mönche während ihrer Totenwache in der Kirche von Snagov beobachtet haben wollen, genauer gesagt den Text von »Ein Mönch sah ein Tier… « bis »… der kopflose Leichnam des Fürsten bewegte sich und versuchte sich zu erheben«. Diese Passage mag in der späteren Version eliminiert worden sein, um die Nutzer der Bibliothek nicht unnötig mit Informationen über die Ketzerei zu bedienen, wie Stefan sie beschreibt, oder vielleicht auch, um sie vor den verschiedenen Ausformungen des Aberglaubens über die Ursprünge der lebenden Toten zu schützen, mit denen die Kirchenverwaltung ganz allgemein nicht übereinstimmte. Die »patriarchalische Version« ist nur schwer zu datieren, obwohl es sich fast sicher um die Kopie handelt, die im Katalog der Bibliothek des Ökumenischen Patriarchats von 1605 aufgeführt ist.
Eine letzte Ähnlichkeit – eine erstaunliche und verblüffende – besteht zwischen den beiden existierenden Manuskripten der Chronik. Beide enden mehr oder weniger an der gleichen Stelle. Athos 1840 endet mit: »Ich begriff…«, während die »patriarchalische Version« fortfährt mit: »dass dies keine normale Seuche war, sondern…«. Beide Texte sind fein säuberlich nach einer vollständigen Zeile abgetrennt worden, vermutlich um den Teil von Stefans Erzählung zu beseitigen, der Zeugnis gibt von einer möglichen Ketzerei oder anderem Bösen im Kloster Sveti Georgi.
Ein Hinweis auf das Datum dieser Zerstörung findet sich im oben genannten Bibliothekskatalog, der die »patriarchalische Version« als »unvollständig« führt. Wir können also davon ausgehen, dass das Ende des Textes vor 1605 abgetrennt wurde. Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür zu entscheiden, ob es zu den beiden Akten von Vandalismus gleichzeitig kam oder ob der eine den anderen zu einem weit späteren Zeitpunkt inspirierte; ebenso inwieweit die beiden Enden identisch waren. Die Texttreue der »patriarchalischen Version« zum Zographou-Manuskript, ausgenommen die Passage über oben genannte Totenwache, deutet darauf hin, dass beide Versionen identisch oder wenigstens sehr ähnlich endeten. Zudem legt die Tatsache, dass die »patriarchalische Version« trotz der Eliminierung der Passage über die übernatürlichen Geschehnisse in der Kirche von Snagov mutwillig endet, den Gedanken nahe, dass sie dennoch mit einer Beschreibung der Ketzerei oder des Bösen in Sveti Georgi schloss. Es gibt kein weiteres Beispiel unter den mittelalterlichen Manuskripten des Balkans für das systematische Verfälschen zweier Kopien ein und desselben Dokuments Hunderte von Kilometern voneinander entfernt.
Ausgaben und Übersetzungen
Die Chronik des Zacharias von Zographou wurde bereits zweimal veröffentlicht. Die erste Ausgabe war eine in Xanthos Constantinos’ Geschichte der byzantinischen Kirchen, 1849, aufgenommene griechische Übersetzung mit wenigen Anmerkungen. 1931 brachte das Ökumenische Patriarchat das slawische Original als Broschüre heraus. Atanas Angelov, der die Zographou-Version 1923 entdeckte, plante eine Veröffentlichung mit ausführlichem Kommentar, was aber durch sein Ableben im Jahre 1924 verhindert wurde. Einige seiner Anmerkungen wurden 1927 posthum in Balkanski istoricheski pregled veröffentlicht.
DIE CHRONIK DES ZACHARIAS VON ZOGRAPHOU
Diese Geschichte wurde mir, Zacharias dem Reuevollen, von meinem Bruder in Christus, Stefan dem Wanderer von Tsarigrad, berichtet. Er kam im Jahre 6987 [1479] in unser Kloster Zographou.
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