Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Historiker

Der Historiker

Titel: Der Historiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Kostova
Vom Netzwerk:
teilnehmen sollten.
    Unglücklicherweise wurde nie ein wahrscheinlicher Begräbnisplatz für die Gebeine Vlads III. in Bulgarien gefunden, und selbst der Ort der Stiftung mit dem Namen Sveti Georgi, wie der des bulgarischen Klosters Paroria, ist unbekannt. Die Klöster wurden wohl während der osmanischen Herrschaft aufgegeben oder zerstört, und die Chronik ist das einzige Dokument, das etwas Licht ins Dunkel eines möglichen Begräbnisortes bringt. Die Chronik besagt, dass die Mönche nur eine kleine Strecke gereist sind – »nicht viel weiter« – vom Kloster Bachkovo, das ungefähr fünfunddreißig Kilometer südlich von Asenovgrad am Chepelarska-Fluss liegt. Eindeutig muss Sveti Georgi im Süden Zentralbulgariens gelegen haben. Diese Region, die einen großen Teil der Rhodope-Berge umfasst, war eines der letzten Gebiete Bulgariens, die von den Osmanen erobert wurden, wobei ein besonders zerklüftetes Gelände dort nie ganz unter osmanische Herrschaft geriet. Wenn Sveti Georgi in den Bergen lag, war das sicher mit ein Grund, warum es als relativ sicherer Begräbnisplatz für die Überreste von Vlad III. ausgewählt wurde.
    Trotz der Behauptung der Chronik, dass es nach Niederlassung der Mönche aus Snagov zu einem Wallfahrtsort wurde, taucht Sveti Georgi in keiner anderen zeitgenössischen Quelle auf, auch später nicht, was darauf hindeuten könnte, dass es ziemlich bald nach Stefans Abreise verlassen oder zerstört wurde. Wir wissen jedoch etwas über die Gründung von Sveti Georgi, und zwar aus dem einzigen erhaltenen Exemplar seines Typikons, das sich in der Klosterbibliothek von Bachkovo befindet. Laut diesem Regelbuch wurde Sveti Georgi von Georgios Komnenos, einem entfernten Verwandten des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos, im Jahre 1101 gegründet. Zacharias’ Chronik versichert, dass die Mönche dort »alt und nur wenige« waren, als die Gruppe aus Snagov ankam. Es ist anzunehmen, dass diese wenigen Mönche nach den Regeln dieses Typikons lebten und nun durch die walachischen Mönche Verstärkung erhielten.
    Es sollte angemerkt werden, dass die Chronik die Reise der Walachen durch Bulgarien auf zwei verschiedene Arten charakterisiert: einmal, indem sie das Martyrium zweier walachischer Mönche durch osmanische Beamte ziemlich detailliert beschreibt, dann, indem sie die Aufmerksamkeit betont, die die Mönche auf ihrem Weg durch das Land von der bulgarischen Bevölkerung erfuhren. Es gibt keinen Hinweis darauf, was die Osmanen in Bulgarien provoziert haben mag, die Mönche aus der Walachei als Bedrohung anzusehen, waren sie doch allgemein religiösen Aktivitäten von Christen gegenüber tolerant. Stefan berichtet durch Zacharias, dass seine Freunde in Haskovo »befragt« wurden, bevor man sie folterte und umbrachte, was den Gedanken nahe legt, dass die osmanische Obrigkeit davon ausging, sie besäßen irgendwelche politisch wichtigen Informationen. Haskovo liegt im Südwesten Bulgariens, in einer Region, die im fünfzehnten Jahrhundert fest in osmanischer Hand war. Merkwürdigerweise wurden die zu Tode gequälten Mönche mit den traditionellen osmanischen Strafen für Diebstahl (das Abschlagen der Hände) und Flucht (das Abschlagen der Füße) bestraft. Die meisten Neomärtyrer wurden von den Osmanen auf andere Weise gefoltert und getötet. Diese Formen der Bestrafung, wie auch die Durchsuchung des Karrens der Mönche, so wie Stefan sie in seiner Erzählung beschreibt, machen klar, dass die Anklage in Haskovo auf Diebstahl lautete, auch wenn das dortige Gericht offenbar unfähig war, die Anschuldigungen zu beweisen.
    Stefan berichtet von großer Beachtung des bulgarischen Volkes entlang des Weges, was ein Grund für die osmanische Aufmerksamkeit sein könnte. Allerdings waren nur acht Jahre früher, im Jahre 1469, die Reliquien von Sveti Ivan Rilski, dem einsiedlerischen Gründer des Klosters Rila, von Veliko Tarnovo in eine Kapelle in Rila überführt worden, in einer Prozession, über die Vladislav Gramatik in seiner »Erzählung über den Transport der Gebeine des Sveti Ivan« berichtet. Bei dieser Überführung tolerierten die Osmanen die Beachtung, welche die Bulgaren den Reliquien schenkten, und die Reise galt als ein wichtiges verbindendes Ereignis und Symbol für die bulgarischen Christen. Zacharias und Stefan wussten beide wahrscheinlich von der berühmten Reise der Knochen Ivan Rilskis, womöglich war Zacharias 1479 ein schriftlicher Bericht davon in Zographou zugänglich.
    Diese

Weitere Kostenlose Bücher