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Der Hobbit

Der Hobbit

Titel: Der Hobbit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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begann Bilbo zu rennen.
    So schnell die Beine ihn trugen, flitzte er um die letzte Ecke und kam plötzlich auf eine offene Fläche hinaus, wo er das Licht nach all der Zeit im Dunkeln blendend hell fand.Tatsächlich war es nur ein Streifen Sonnenlicht, der durch einen Torweg hereinschien, dessen großes steinernes Tor offenstand.
    Bilbo blinzelte, dann sah er die Orks: Orks in voller Rüstung mit gezogenen Schwertern, die innen am Tor saßen und die Augen weit aufsperrten, um es zu bewachen. Sie bewachten auch den Durchgang, der zum Tor hinführte. Sie waren alarmiert, in Bereitschaft, auf alles gefasst.
    Sie sahen ihn, bevor er sie sah. Ja, sie sahen ihn. Ob es nun Zufall war oder eine letzte Tücke des Rings, bevor er sich einen neuen Herrn erwählte, jedenfalls hatte er ihn nicht am Finger. Mit Freudengebrüll gingen die Orks auf ihn los.
    Ein Schauer der Angst und Verlassenheit, wie ein Nachhall von Gollums Elend, überlief Bilbo. Er dachte nicht einmal daran, sein Schwert zu ziehen, und steckte die Hände in die Taschen. Und da war der Ring noch, in der linken Hosentasche, und glitt ihm auf den Finger. Die Orks blieben mit einem Ruck stehen. Sie sahen keine Spur von ihm. Er war verschwunden. Sie brüllten doppelt so laut wie zuvor, aber nicht mehr so frohgemut.
    »Wo ist er hin?«, riefen sie.
    »Zurück in den Durchgang!«, brüllten einige.
    »Hier lang!«, schrien manche. »Da lang!«, schrien andere.
    »Aufs Tor aufpassen!«, donnerte der Hauptmann.
    Pfeifen schrillten, Panzer schepperten, Schwerter rasselten, Orks schimpften und meckerten, rannten hin und her, fielen übereinander und wurden sehr wütend. Es war ein wildes Gebrüll und Gedränge.
    Bilbo hatte in seiner Angst noch genug Verstand, um zu begreifen, was passierte, und sich hinter ein großes Fass mit Wasser für die Wachtposten zu flüchten, wo er aus dem Wegund einigermaßen sicher war, nicht angerempelt, totgetrampelt oder festgehalten zu werden.
    »Ich muss zum Tor, ich muss zum Tor!«, sagte er sich immerzu, aber es dauerte lange, bis er einen Versuch riskieren konnte. Es wurde ein gefährliches Blindekuhspiel. Der Raum war voller herumrennender Orks. Der Hobbit musste mal dahin, mal dorthin ausweichen, wurde dann doch von einem umgerannt, der sich wunderte, an was er da angestoßen war, krabbelte auf allen vieren weiter, schlüpfte dem Hauptmann knapp zwischen den Beinen durch, stand auf und rannte zum Tor.
    Es stand immer noch einen Spalt weit offen, aber einer der Posten hatte es fast zugeschoben. Bilbo, so sehr er sich anstrengte, bekam es nicht weiter auf. Er versuchte sich durch den Spalt zu zwängen. Er quetschte sich hinein, wand sich – und blieb stecken. Eine Klemme, buchstäblich: Seine Knöpfe hatten sich zwischen Torflügel und Torpfosten festgekeilt. Er konnte ins Freie hinaussehen: Ein paar Stufen führten in ein enges Tal zwischen hohen Bergen hinab; die Sonne kam gerade hinter einer Wolke vor und schien hell auf die Außenseite des Tores. Aber er kam nicht durch.
    Plötzlich rief von innen einer der Orks: »Da ist ein Schatten am Tor. Draußen ist irgendwas!«
    Bilbo klopfte das Herz bis zum Hals hinauf. Er gab sich einen verzweifelten Ruck. Die Knöpfe flogen in alle Richtungen davon. Er war durch, mit zerrissenem Mantel und zerrissener Jacke, sprang wie eine Gemse die Stufen hinab, während die verdutzten Orks an der Schwelle noch seine hübschen Messingknöpfe auflasen.
    Natürlich kamen sie dann gleich hinter ihm her, brüllten und johlten und jagten zwischen den Bäumen herum. Aberdas Sonnenlicht tut ihnen nicht gut; es macht ihnen die Knie weich und die Köpfe benommen. Sie konnten Bilbo nicht finden, denn er hatte den Ring am Finger, huschte schnell und geräuschlos von einem Baumschatten zum andern, um das Sonnenlicht zu vermeiden; und bald zogen sie sich fluchend wieder auf ihre Wachtposten am Tor zurück. Bilbo war entkommen.

KAPITEL VI
     
     
    AUS DER PFANNE INS FEUER
    D en Orks war er entkommen, aber er wusste nicht, wo er war. Er hatte keine Kapuze und keine Knöpfe mehr, kein Pony, nichts zu essen, sein Mantel hing in Fetzen, und seine Freunde waren weg. Bilbo marschierte drauflos, immer weiter, bis die Sonne nach Westen zu sinken begann – hinter die Berge. Die Schatten der Gipfel fielen auf seinen Weg, und er blickte zu ihnen zurück. Dann blickte er voraus und sah nur noch Bergkämme und Hänge, die zu den Tieflanden und Ebenen hin abfielen, von denen er hier und da ein Stück zwischen den Bäumen

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