Der Hochzeitsvertrag
haben uns heute Morgen ein wenig unterhalten, als ich eine Skizze für sein Porträt anfertigte. Er hat wirklich sehr nett von dir gesprochen und deine Fähigkeit gerühmt, mit guten Freunden wie ihm und Duquesne in Kontakt zu bleiben. Ich hatte angenommen, du wärst nach meinem kleinen Feuerwerk zu den Hammersleys geflohen."
Am liebsten wäre Nicholas ihm an die Kehle gesprungen. "Wie, zum Teufel, bist du in mein Haus gekommen?"
"Upton hat mich hereingelassen, wer sonst? Nun, jedenfalls war ich nach meinem Besuch bei Hammersley sicher, dass du hierher gekommen bist. Ich muss sagen, du hast es mir wirklich leicht gemacht: Jeder weiß, dass Duquesne ein armer Kerl ist und nur diesen alten Butler beschäftigt. Ich habe also das Haus beobachtet und darauf gewartet, dass du endlich aus der Tür trittst. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefreut habe, als die anderen das Haus verließen, nur du und deine Frau nicht? Das ist doch wirklich ein Wink des Schicksals, nicht wahr?" Er strahlte.
"Wie schade, dass Sie den Titel nicht lange genießen können", bemerkte Emily sarkastisch, die angesichts der Bedrohung durch Carrick erstaunlich gelassen wirkte. "Wissen Sie, eigentlich tun Sie uns ja einen Gefallen. Ein schneller Tod ist für mich wirklich eine Gnade." Sie kam hinter Nicholas' Rücken hervor.
Am liebsten hätte ihr Mann sie wieder hinter sich gezerrt, wollte sich aber nicht bewegen. Carrick konnte nervös werden und auf sie schießen. Er hatte einen Revolver, in dessen Magazin fünf oder sechs Patronen steckten.
"Erinnere dich daran, was du mir versprochen hast, Emily", sagte Nicholas leise. Erst vor wenigen Minuten hatte sie sich doch einverstanden erklärt, nie wieder einem Angreifer entgegenzutreten. "Gott straft die Wortbrüchigen!"
"Ich weiß, ich weiß", versicherte sie ihm und drehte sich halb zu ihm um. "Wir haben uns geschworen, niemandem in London von der Seuche zu erzählen. Aber er soll nicht so einfach davonkommen. Er will uns umbringen, Kendale! Soll er sich ruhig so vor einem schrecklichen Tod fürchten wie wir, wenn er nicht den Mut aufbringt, sich selbst zu erschießen."
Verwirrt sah Carrick von Emily zu Nicholas. "Was soll das? Wovon redet ihr? Wenn ihr mich überlisten wollt, überlegt euch das lieber zwei Mal."
"Überlisten?" meinte Emily und stieß einen verächtlichen Laut aus. "Die Pestis rosea lässt sich nicht überlisten! Die Pestis rosea ist eine tödliche, ansteckende Krankheit. Ich schwöre, nie hätte ich gedacht, dass ich einmal solche Szenen miterleben würde wie in Bournesea. Es war furchtbar. Und jetzt …" Sie atmete tief durch. "Sogar Lord Duquesne ist voller Entsetzen verschwunden, als wir es ihm erzählt haben. Vermutlich ist er gleich zu seinem Arzt geeilt."
"Das war die Krankheit, die in Bournesea grassierte? Die rosa Pest?" fragte Carrick überrascht.
Nicholas konnte sehen, wie er es mit der Angst zu tun bekam. Schon immer hatte sich sein Cousin vor Krankheiten jeder Art gefürchtet – er zeigte auch oft dieselben Symptome wie die Kranken, die in seiner Nähe waren. Emily wusste das. Nicholas erinnerte sich, dass er ihr in Bournesea davon erzählt hatte. Aber was hatte sie vor?
"Warum hab ich noch nie von dieser Krankheit gehört?" fragte Carrick zweifelnd.
Nicholas mischte sich ein. "Weil es sie noch nicht lange gibt! Es ist eine Krankheit aus dem indischen Hinterland. Doch ich fürchte, sie wird sich rasch ausbreiten." Carrick war jetzt ganz aufmerksam. "Als mir während der Heimreise klar wurde, dass mehrere meiner Männer sich angesteckt hatten, habe ich versucht, die Mannschaft in Bournesea in Quarantäne zu halten. Darum konnte ich dich auch nicht hereinlassen, als wir heirateten. Wir waren immer noch in Quarantäne."
Resigniert schüttelte Emily den Kopf. "Ich bedauere, sagen zu müssen, dass wir zu optimistisch waren. Zu schnell haben wir die Krankheit für überwunden gehalten. Dass Sie erkrankt sind, das tut mir allerdings kein bisschen Leid. Obwohl es merkwürdig ist, dass die Symptome sich bei Ihnen so schnell bemerkbar machen. Dabei hatten Sie doch nur Kontakt zu mir – und das auch erst vor zwei Tagen. Und dennoch …" Sie deutete auf seinen Hals und zuckte die Schultern.
Carrick lachte, aber es klang gezwungen. "Bravo, bravissimo! Als Schauspielerin haben Sie viel Talent, Lady Kendale. Einen Moment lang hätte ich Ihnen fast geglaubt. Doch sehen Sie, ich weiß, dass mein edler Cousin, Ihr ehrenwerter Gatte, niemals ein Risiko eingehen würde,
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