Der Hochzeitsvertrag
Hand sehen, die dir wehtut."
Sie gehorchte ihm wortlos.
Nachdem er vorsichtig ihre Fingerknochen abgetastet hatte, umschloss er ihre Hand sanft mit seiner. "Dein Handgelenk scheint in Ordnung zu sein, aber irgendetwas ist gebrochen. Dabei hattest du mir doch versprochen, dich nicht wieder einzumischen. Wie lange ist das her? Einige Minuten?" fragte er sanft.
"Aber ich habe dabei die Finger gekreuzt", meinte sie und zuckte die Schultern, wie immer, wenn Gewissensbisse sie plagten. "Was ich auch mache, immer gibt es Ärger!"
Er lachte leise und kniff sie in die Nase. "Du bist der personifizierte Ärger! Was war mein Leben doch langweilig ohne dich!" Zärtlich gab er ihr einen Kuss.
"Ich werde in Zukunft ganz bestimmt vorsichtiger sein", versicherte sie ihm.
"Das will ich aber auch hoffen!"
Emily hatte befürchtet, dass Nicholas Carrick aus Furcht vor einem Skandal nicht vor Gericht bringen würde. Aber er versprach ihr, dass sein Cousin nie wieder Unheil anrichten würde, und sperrte den gefesselten Carrick in Duquesnes Speisekammer ein. Dann sattelte er sein Pferd und brachte sie nach Kendale House zurück. Mit der Zusicherung, so bald wie möglich von der Polizeiwache zurückzukommen, überließ er sie Rosies Obhut.
Da ihre Zimmer noch immer unbewohnbar waren, hatte er sie in sein ehemaliges Jugendzimmer im vierten Stock bringen lassen, einen großen, luftigen Raum.
Nur zum Baden war sie dann doch lieber nach unten gegangen. Erfrischt und sauber saß sie wenig später in einem Hausmantel in Nicholas' Zimmer und ließ es sich gefallen, dass Rosie mit der Haarschere um sie herumschwirrte, weil sie hier und da Strähnen entdeckte, die beim Brand angesengt worden waren. Immer wieder schnippte die Schere leise, bis Rosie endlich zu einem Ende kam. Dennoch schien sie nicht zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein. Offensichtlich bedrückte sie etwas.
"Heraus mit der Sprache, Rosie. Du möchtest mich doch um etwas bitten, das sehe ich!"
"Möchten Sie eins der alten Kleider anziehen?" fragte Rosie hastig.
"Das wolltest du mir doch sicher nicht sagen", meinte Emily lächelnd.
"Die Kleider sind in der Reisetruhe. Ich kann sie lüften."
"Rosie?"
Unglücklich ließ ihre Zofe die Schultern sinken. "Sie werden mich entlassen, wenn ich es verrate!"
"Das werde ich sicher nicht."
Rosie druckste ein wenig herum. Dann bekannte sie nervös: "Mr. MacFarlin will mit mir ausgehen."
"Was sollte ich dagegen haben?" meinte Emily belustigt.
Die Zofe senkte den Kopf. Mutlos gestand sie: "Mr. MacFarlin will mich heiraten, wenn Sie es genau wissen wollen. Mylord wird das sicher nicht gutheißen."
Emily presste kurz die Lippen aufeinander. Da mochte Rosie Recht haben. "Ich könnte mit ihm darüber sprechen, wenn du das möchtest", bot sie dem Mädchen an, obwohl sie sich nicht darüber im Klaren war, wie sie ein derart heikles Thema Nicholas gegenüber anschneiden sollte. "Auch wenn du und er miteinander … Ich hoffe doch, dass dies deinem Glück nicht im Wege steht."
Rosie errötete. "Sie wissen, dass ich und Mr. MacFarlin …? Dabei haben wir uns solche Mühe gegeben, es geheim zu halten! Wie haben Sie das herausbekommen?"
Jetzt färbten sich Emilys Wangen rot. "Ich meinte nicht dich und Mr. MacFarlin. Ich dachte, dass du und mein Mann …"
Verwirrt schüttelte Rosie den Kopf und machte große Augen. "Ich? Ich und Lord Kendale sollen …? Nie und nimmer! Das ist eine ganz abscheuliche Lüge!"
Entrüstet sah Emily sie an. "Was soll das heißen? Du selbst hast mir das erzählt, erinnerst du dich nicht? Gleich am ersten Abend."
"Aber nein, nein", wehrte Rosie entsetzt ab. "Nicht mit Ihrem Mann! Mit Lord Kendale, seinem Vater! Im Bett war er recht einfühlsam, auch wenn er sonst ein furchtbarer Mensch war. Ihm habe ich das Bett gewärmt, verstehen Sie?"
Emily drehte sich um und presste sich die bandagierte rechte Hand vor den Mund. Fast hätte sie vor Erleichterung geweint. Aber nicht vor Emily, dachte sie entschlossen. Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, drehte sie sich um und meinte mit ruhiger Stimme: "Aber warum glauben Sie dann, dass mein Mann Ihre Verbindung mit Mr. MacFarlin nicht billigen würde?"
Erstaunt sah Rosie sie an. "Nun, die meisten Herrschaften denken, dass Dienstbotenehepaare nur Ärger verursachen."
"Nicht zu heiraten würde in eurem Fall für noch mehr Aufregung im Haushalt sorgen, fürchte ich", vermutete Emily. "Ich bin sehr zufrieden mit dir und möchte dich gern behalten. Ich denke, Lord Kendale
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