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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Viechern bekam sie immer eine Gänsehaut. Vergiss die Toilette und geh, sagte sie sich, aber dann ergriff sie eine morbide Neugier.
    Das Geräusch stammte von der Badewanne hinter ihr. Sie zog den Duschvorhang zur Seite und sah tatsächlich eine fette Schabe neben der Wanneneinlage herumkrabbeln.
    Aber das war es nicht, weswegen Jane beinahe das Herz stehen blieb.
    Auf der Wanneneinlage lag eine schlanke nackte Frau mit durchgeschnittener Kehle. Janes Füße fühlten sich an, als hätte sie jemand am Boden festgenagelt. Die Frau war jung und hatte wallendes mokkafarbenes Haar. Ihr Mund stand weit offen.
    Am anderen Ende der Wanne lag ein Haufen Kleidungsstücke. Jane erkannte die Farben sofort: ein hellblaues Hemd und schiefergraue Shorts. Eine Postuniform. Und da wusste sie auch, wen sie vor sich hatte: Doreen Fletcher, eine ihrer neueren Angestellten.
    In Doreens Brust war das Symbol einer Glocke mit einem sternförmigen Klöppel eingeritzt worden.
    Jane verschluckte ihren Schrei. Sie riss das enge Badezimmerfenster auf, quetschte sich hindurch und stürmte los.
    Ihr blieb keine Zeit, um nachzudenken. Ihre größte Befürchtung bestand darin, dass ihr Herzschlag jeden Moment unter dem Schock dessen, was sie gesehen hatte, aussetzte. Der Wagen, der Wagen, dachte sie fieberhaft. Was war, wenn Dhevic dort schon auf sie wartete? Zum Glück hatte sie am anderen Ende des Motelgebäudes geparkt, direkt vor der Rezeption. Als sie um die Ecke lugte, stand ihr Wagen noch da. Keine Spur von Dhevic.
    Sie lief los, sprang ins Auto und raste mit durchgetretenem Gaspedal davon.
    Polizei, Polizei, Polizei, schoss es ihr stakkatoartig durch den Kopf. Steve, ich muss Steve finden. Sie konnte an den Straßenrand fahren und ihn jetzt sofort anrufen, aber sie wollte nicht anhalten. Es würde nur wenige Sekunden dauern, bis Dhevic merkte, dass sie abgehauen war – und was sie gesehen hatte –, und dann würde er die Verfolgung aufnehmen. Sie bog von der Hauptstraße in einen Seitenweg ab, fuhr quer durch die Stadt. Irgendwo hier gab es eine Polizeistation. Da werde ich in Sicherheit sein. Von dort aus kann ich ihn anrufen ...
    Aber alle weiteren Gedanken wurden brutal unterbrochen.
    Hände umschlangen sie von hinten.
    Grobe Hände legten sich zuerst auf ihre Brüste und glitten dann aufwärts zu ihrem Hals. Jetzt schien ihr Herz endgültig stehen zu bleiben.
    Dhevic ist hinter mir, auf dem Rücksitz!
    Doch als die Hände fester zudrückten, zuckten ihre entsetzten Augen auf den Rückspiegel, und sie sah das Gesicht ...
    Nicht Dhevics Gesicht.
    Das Gesicht von Aldezhor ...
    Abrupt legten sich die geisterhaften Hände des gefallenen Engels über ihre eigenen auf dem Lenkrad. Sie hörte ein Kichern und ein Flüstern, spürte den Hauch eines Kusses seitlich am Hals, dann leckte eine faulige, heiße Zunge über ihre Haut.
    Sie hörte die Worte nicht mit den Ohren, sondern in ihrem Kopf.
    Du wirst mir keinen Strich durch die Rechnung machen. Und du wirst meinen Dienern nicht im Weg stehen.
    Die Hände zwangen Janes Hände, das Lenkrad zur Seite zu drehen.
    Die Ankunft des Boten ist nahe ...
    Janes Wagen rumpelte über den Randstein, pflügte eine Schlucht hinab und kollidierte mit dem meterdicken Stamm einer Eiche.

Kapitel 22
    (I)
    Jane erwachte in einem Nebel. An den Rändern ihrer Erinnerung verwehten obszöne Albträume. War sie von Glockenläuten geweckt worden?
    Sie hob eine Hand an ihren pochenden Schädel und ertastete einen dicken Verband. Als sich ihre Sicht klärte, erkannte sie mit einigem Entsetzen, dass sie sich im Zimmer eines Krankenhauses befand.
    Was ist passiert? Ihr Gedächtnis war ein leeres Blatt.
    »Hi, Jane.«
    Sie schaute zur Seite und sah einen lächelnden Dr. Mitchell, der durch seine runde Brille ihren Blick erwiderte. Er hatte ein Klemmbrett in der Hand.
    Steve stand mit besorgtem Gesicht neben ihm und hielt Janes Hand.
    »Keine Sorge, du kommst wieder in Ordnung«, versprach Steve.
    »Was ist passiert?«
    »Medizinisch gesehen haben Sie eine leichte Gehirnerschütterung erlitten, außerdem mehrfache, aber oberflächliche Hautabschürfungen ...«
    »Und nichtmedizinisch?«, fragte Jane.
    »Du bist mit deinem Wagen in eine Schlucht neben der Craker Avenue gestürzt und hast dir mächtig den Kopf gestoßen«, antwortete Steve. »Einer meiner Kollegen hat dich entdeckt und einen Rettungswagen gerufen. Jane, was hattest du da draußen zu suchen?«
    Sie war verwirrt. »Ich ... ich kann mich nicht erinnern.«
    »Eine

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