Der Hund im Kuehlschrank
und Weise Konzentration. Wenn Menschen im Kreis sitzen, versammeln sie sich um eine Mitte, zu der jeder gleichermaßen Zugang hat. Es gibt keine besseren oder schlechteren Plätze, kein oben oder unten. Im Kreis herrscht Gleichberechtigung.
Wenn Menschen im Kreis sitzen, sind sie einander zugewandt. Gespräche im Kreis haben eine andere Kraft als Diskussionen, die in einem in Reihen bestuhlten Vortragssaal stattfinden. Für manche Menschen ist der unmittelbare Kontakt im Kreis ungewohnt. Man hat keinen schützenden Tisch und keine anderen Menschen vor sich, hinter denen man sich verstecken kann. Jeder ist für jeden sichtbar. Alle sind miteinander verbunden, und das ist spürbar.
Im Kreis sitzen
In den indianischen Kulturen gibt es eine Gesprächsform, die ganz auf dem Erzählen im Kreis basiert. Dort wird ein »Council« gehalten, eine Ratsversammlung. Wenn mehrere Menschen ein Thema besprechen oder ein Problem lösen wollen, geschieht Folgendes: Die Gruppe versammelt sich an einem rituellen Platz und setzt sich dort im Kreis auf den Boden. Einer in der Runde benennt das Thema, um das es im Council gehen soll. Anschließend wandert ein »Talking Stick« (Redestab) in der Runde herum. Derjenige, der den Stab in Händen hält, spricht. Danach wird der Stab an den Nachbarn weitergereicht. Wer den
Redestab in Händen hält, befolgt folgende Regeln: Er spricht spontan aus dem Augenblick heraus. Und er spricht von Herzen das aus, was ihn das Thema betreffend bewegt. Jeder, der den Redestab hat, sollte über Wesentliches sprechen, immer in dem Bewusstsein, dass er die volle Aufmerksamkeit der gesamten Runde genießt.
Jeder Redner gibt das in die Mitte des Kreises, was ihm wichtig ist. Das kann ein Lied sein, eine Geschichte, bestimmte Argumente, ein persönliches Erlebnis, etwas, das er zum Thema gehört oder gelesen hat, oder auch etwas, was ihm einfach in diesem Moment einfällt. Es gibt kein richtig oder falsch, kein besser oder schlechter – jeder wird mit seinem Beitrag gehört. Jeder hat seine Redezeit.
Der »Talking Stick« kreist so lange, bis sich in der Mitte der Ratsversammlung eine Antwort, eine Lösung, Klarheit oder auch einfach Sättigung einstellt. Am Ende ist symbolisch das in der Mitte zu finden, was von allen gemeinsam gestaltet worden ist. Keiner geht mit dem Gefühl nach Hause, nicht gehört worden zu sein. Jeder hatte seinen Raum und die Möglichkeit, sein Eigenes einzubringen. Das »Ergebnis« in der Mitte des Kreises ist am Ende mehr als die Summe seiner Teile.
Council halten
Ich habe selbst schon mehrere Councilrunden miterlebt und dabei die Erfahrung einer erfüllenden und kraftvollen Kommunikationsform gemacht. Es wird erzählt statt diskutiert. Es werden Geschichten eingebracht statt endloser Argumentationsketten. Kreatives kann unkommentiert neben Sachlichem stehen und
sich im passenden Augenblick damit verbinden. Es werden viele verschiedene Ideenfäden gesponnen und von einer unsichtbaren, kreativen »Spinne« in der Mitte verwoben. Es entstehen Verbindungen von einem Teilnehmer zum anderen, es entstehen Knotenpunkte, die mehrere Fäden verknüpfen, und nach und nach entspinnt sich auf diese Weise ein Netz, das genau so viele Fixpunkte hat, wie Menschen am Rat teilnehmen. Das Gespinst, das schließlich imaginär die Kreismitte bedeckt, zeigt Farben, Linien, Muster und Strukturen, die für alle, die beim Council mitgeredet und das Netz mitgestaltet haben, neue Einsichten bringen können.
Aufmerksames Zuhören
Der wesentliche Schlüssel für eine gelingende Ratsversammlung ist eindeutig: Es wird aufmerksam zugehört. Wer den Vorrednern nicht lauscht, sondern im Kopf bereits seinen eigenen Redebeitrag vorbereitet, verpasst das, was die anderen in die Runde geben. Und nur allzu oft wird dabei nicht nur Wesentliches, sondern genau das gesagt, was man selbst zum Ausdruck bringen will. Wer den anderen nicht zuhört, lässt den roten Faden los und kann nichts von dem aufgreifen und weiterentwickeln, was schon gesagt worden ist. Argumente und Gegenargumente werden im Council nicht – wie wir es aus Diskussionen kennen – zwischen zwei Kontrahenten hin und her gespielt, sondern jeder Redebeitrag ist an die gesamte Runde gerichtet. Dadurch fährt sich ein Gespräch nicht fest, sondern bleibt im Kreis fließend in Bewegung.
Immer wenn ein Redner geendet hat, beschließt er seinen Beitrag durch einen bestätigenden Ausruf wie »Haugh!«, »Ich habe
gesprochen!«, »So ist
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