Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
umher, mit denen der Käfig ausgelegt war. Spontan machte David einen Schritt nach vorne, um den Hund mit Worten zu beruhigen, doch der Hund zuckte nur zusammen, knurrte und fletschte die Zähne.
„Unglaublich!“ David schüttelte den Kopf. „Ein Saluki, der knurrt und die Zähne fletscht. Das ist schon sehr ungewöhnlich! Das Tier muss unter einem enormen Druck stehen!“
„Deshalb sind Sie ja hier“, sagte Tasha und ließ mit keiner Miene erkennen, ob ihr das Schicksal des Hundes etwas bedeutete oder vollkommen gleichgültig war.
Der Botschafter lehnte in der Zwischenzeit neben der Tür an der Wand und flüsterte hektisch in sein Handy. Wieder machte David einen Schritt auf den Hund zu, beugte sich dann vor und rief einmal kurz „Ali Baba“. Der Saluki hielt für einen kurzen Moment inne, blickte mit traurigen Augen zu David, schob seine Lefzen zurück, sodass man sein Gebiss sehen konnte, und knurrte leise. Als David wieder zurücktrat, setzte der Saluki sein hektisches Umherspringen fort.
Der kurze Blick in die Augen des Hundes, verbunden mit dem Geruch, den er verströmte, hatte David genug gezeigt. Der Hund war in Panik, denn er hatte sein angestammtes Rudel verloren. Rudel bedeutete zwangsläufig nicht andere Hunde, es wurde nicht zwischen Mensch und Tier unterschieden, sondern dabei handelte es sich um Bezugspersonen und die hierarchische Stellung innerhalb dieses emotionellen Gefüges. Im Fall von Ali Baba hatte es den Anschein, als wäre der Saluki auf brutale Weise von seinem rechtmäßigen Besitzer, seinem Alphatier, getrennt worden und seither komplett verunsichert und orientierungslos.
Mit Tasha, die ihm nicht von der Seite wich, ging David zum Botschafter, der noch immer neben der Eingangstür stand und telefonierte. Er wollte ihm seine Beobachtungen sofort mitteilen und ihn bitten, einen Kontakt zu dem Verkäufer des Hundes herzustellen, denn dort vermutete David die Wurzel für das verstörte Verhalten des Salukis. Er war so sehr mit den Problemen des Hundes beschäftigt, dass er nicht weiter auf das Telefonat achtete und auch den leisen Satz des Botschafters, „Ja, mir ist er von Anfang an verdächtig erschienen“, nicht registrierte.
14. Saint-Tropez – Pension „La Solitude“
Leyla Khan schob sich die große Sonnenbrille in die blond gefärbten Haare und füllte als Ruth Mayer das Registrierungsformular aus, das ihr der Concierge in der wenig glamourösen Pension an der Ortseinfahrt von Saint-Tropez auf den winzigen Tresen gelegt hatte.
Die Fahrt mit dem Zug von Berlin hierher war anstrengender gewesen, als sie gedacht hatte, an Schlaf war in den mit Rucksacktouristen überfüllten Abteilen nicht zu denken und sie war froh, sich endlich auf einem Bett ausstrecken zu können, um über ihren Plan nachzudenken, doch schon nach wenigen Augenblicken schlief sie vor Erschöpfung ein.
Im Halbschlaf wälzte sich Leyla unruhig auf dem Bett herum, immer wieder geisterte der Extrabonus durch ihre Träume und das betrübte Gesicht von Brian Farruk, der ihr mit trauriger Stimme mitteilte, dass sie die Million Dollar nicht bekommen würde, dafür aber seine Essensreste mitnehmen könne. Mitten in diesem Alptraum schreckte sie hoch, riss sich das schweißnasse T-Shirt vom Körper und stellte sich unter die eiskalte Dusche, um wieder klar denken zu können.
Der Brandanschlag in Berlin hatte nicht den gewünschten Erfolg gebracht, die Operation „Hundeflüsterer“ war nicht abgebrochen worden und David Stein war bereits in der Villa von Gurbanguly. Jetzt wurde die Zeit knapp, in den nächsten Tagen musste die Mission durchgeführt werden. Am einfachsten wäre es, Stein in den nächsten Tagen außerhalb der Villa zu liquidieren, den Extrabonus zu kassieren, um endlich mit Sicherheit zu wissen, dass sie nie wieder arm werden würde.
Ich werde nie wieder arm sein!, dachte Leyla und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel, das erst auf den zweiten Blick eine Ähnlichkeit mit ihr hatte. Ja, die Verwandlung in die deutsche Studentin Ruth Mayer war perfekt gelungen, sie identifizierte sich mit Ruth, dachte wie sie, ja manchmal ertappte sie sich auch dabei, dass sie in ihren Träumen Ruth Mayer war und in einem überfüllten Hörsaal einer deutschen Universität saß. Doch Leyla Khans Universität war das Leben gewesen, das sie in dem Palästinenserlager im Südlibanon in seiner ganzen Erbärmlichkeit kennengelernt hatte. Sie hatte am eigenen Leibe erfahren, was es für ein Gefühl war, tagelang
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