Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
dem Jetski in das Meer gesprungen und zur Kaimauer zurückgeschwommen war. In deren Schutz hatte sie beobachtet, wie der führerlose Jetski gegen das Fischerboot gekracht und in einem Feuerball verglüht war. Sie hatte auch gesehen, wie David Stein mit seinem Jetski unverrichteter Dinge langsam wieder zurück in den Hafen gefahren war und wahrscheinlich dachte, dass sie tot sei. Doch Stein durfte sie nicht unterschätzen, das wusste sie. Stein wurde genauso von seiner Vergangenheit vorwärtsgetrieben wie sie. Sie hatte es in seinen Augen gelesen, als sie sich an der Mauer gegenübergestanden hatten. Wie sie würde er vielleicht in der Nacht aus Alpträumen hochschrecken, in den stillen, einsamen Stunden knapp vor dem Morgengrauen, und mit Panik in der Stimme leise in das leere Zimmer flüstern: „Hört dieser Horror denn niemals auf!“
Sie atmete tief durch, verscheuchte die düsteren Gedanken, riss sich dann mit einem festen Ruck die schwarze Perücke vom Kopf, wurde von der reichen Elisa Visconti wieder zu der blonden Studentin Ruth Mayer, die in Wahrheit Leyla Khan war, die jetzt alles auf eine Karte setzte, um sich den Extrabonus von einer Million Dollar zu sichern.
20. Saint-Tropez, Villa von Gurbanguly – letzter Tag vor der Abreise
Im Morgengrauen hatte David Stein die Schatulle aus schwarzem Chinalack auf den kleinen Tisch gelegt, der neben dem Lichtschranken für die elektronische Zeitnehmung auf der Hunderennbahn stand. In der Schatulle befand sich das Lederhalsband für Ali Baba, das von dem Team der „Abteilung“ mit dem Mikro-Behälter präpariert worden war. In diesen Behälter hatte David die hochgiftige Plutoniumsubstanz aus dem Augentropfen-Fläschchen injiziert. In dem Augenblick, in dem David dem Saluki das Band um den Hals legen und den Verschluss einrasten lassen würde, durchstieß eine extrem dünne Metallröhre den winzigen Behälter und die Substanz tropfte durch die Röhre bis in eine mikroskopisch kleine Nadel, die ausfuhr, wenn man den Handgriff am Halsband hochklappte.
Der Plan sah vor, dass Gurbanguly seinen Saluki an dem präparierten Halsband auf die Rennbahn führen und dabei von der Nadel gestochen werden würde. Das war so einfach wie effizient, denn auf diese Weise löste man das Problem, dass sich niemand Gurbanguly nähern konnte, ohne dabei zu sterben. Die Chemiker und Techniker der „Abteilung“ hatten die auf Plutonium basierende Substanz so hoch konzentriert, dass schon ein tausendstel Milliliter zum Tod führen würde. Daher genügte schon ein zufälliges Ritzen der Haut, damit die todbringende Substanz ihre Wirkung entfalten konnte. Robyn hatte David bei den Briefings in Berlin gezeigt, wie der Mechanismus funktionierte, ohne dass man selbst oder der Hund in Gefahr geraten würde. Da David alle Hunde mit eigenen Halsbändern trainierte und Robyn Davids Biografie dahingehend erweitert hatte, war es für alle klar gewesen, dass David den Saluki mit seinem eigenen Halsband trainieren würde.
Der heutige Tag war entscheidend und David stellte fest, dass auch der Hund intuitiv ahnte, dass eine Entscheidung bevorstand. Deshalb zog Ali Baba wohl in dem morgendlichen Zwielicht wie ein entfesselter Geist seine Runden über die Rennbahn, sein weißes Fell war ein einziger heller Lichtstreifen, der sich vor den dunklen Hintergrund der Bäume schob und rasend schnell weiterbewegte.
„Richten Sie bitte Ihrem Präsidenten aus, dass ich ihn für ein erstes persönliches Training mit Ali Baba erwarte“, sagte David zu Tasha, die wie immer mit dem Klemmbrett vor der Brust keinen Schritt von seiner Seite wich.
„Ich werde dem Adjutanten des Großen Präsidenten davon berichten und weitere Anweisungen abwarten“, antwortete sie in ihrem abgehackten militärischen Tonfall und schnauzte Befehle in ihr Handy. Während sie auf Antwort wartete, beobachtete sie den Saluki, blickte dann überrascht auf die elektronische Zeitmessung, die nach jeder Runde die Zeit anzeigte.
„Unglaublich, wie Ihre Trainingsmethode den Hund zu Höchstleistungen motiviert hat! Innerhalb von ein paar Tagen haben Sie diese Veränderung im Verhalten des Saluki erreicht. Noch Anfang der Woche lag der Hund apathisch in seinem Käfig und hat geknurrt, wenn sich ihm jemand genähert hat. Sie sind wirklich ein Hundeflüsterer, Herr Stein“, sagte sie bewundernd und drehte sich dann schnell weg, als ihr Handy läutete.
Der Tag der Abreise war unerbittlich näher gerückt. Schon am nächsten Tag würde der
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