Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
mehr steigerte sich Thalberg in diese Vorstellung hinein. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn und gierig leckte er sich über die Lippen. „Fangen wir doch gleich damit an! Komm her zu mir und lecke mir die Schuhe ab!“
Langsam, mit fließenden, fast raubtierhaften Bewegungen ging sie auf ihn zu. Der Teppichboden unter ihren nackten Füßen fühlte sich kratzig und feucht an. Die beiden großen getönten Fenster ihres Apartments gaben den Blick auf einen Wohnblock gegenüber frei. Erst unendlich weit dahinter war das Mittelmeer, das so blau war wie ihre Kontaktlinsen. Von den Regalen in der winzigen Kochnische blätterte die Farbe ab. Das Bad war sowieso eine Katastrophe, keine Badewanne und Schimmel in den Ecken. Mit dem Extrabonus musste sie diesen Anblick nicht länger ertragen.
„Du warst nie arm“, flüsterte sie. „Du weißt nicht, wie das ist, im Müll nach Essen zu suchen! Du weißt nichts von meinem Leben!“ Geschmeidig schlich sie weiter, hörte Thalberg von weit weg sprechen.
„Verschone mich mit deinem Gerede, Leyla! Du wirst jetzt tun, was ich dir befehle, oder soll ich mit deinem gefälschten Pass zur Polizei gehen?“ Wie Schallwellen schwappten die Worte wirkungslos links und rechts an ihr vorüber, Leyla spürte plötzlich den Teppich nicht mehr, schien zu schweben, war hochkonzentriert.
„Warum willst du mich erpressen?“ Die Worte kamen ihr leicht von den Lippen. Thalberg wurde zum Objekt wie der zerkratzte Tisch oder die altmodische Couch. Er war nur ein Hindernis zwischen ihr und dem Extrabonus. „Warum macht es dir Spaß, mich in den Schmutz zu treten?“, fragte sie, obwohl ihr die Antwort im Grunde völlig gleichgültig war.
„Leyla, wenn du nicht sofort machst, was ich dir befehle, dann rufe ich die Polizei an und sage ihr, dass du Geld unterschlagen hast und mit dem gefälschten Pass flüchten willst! Ich bin Anwalt, mir wird man glauben“, sagte Thalberg mit verkniffener Miene und zog sein Handy aus der Tasche.
„Ich soll also zu deiner Sklavin werden?“, fragte sie und schlich immer näher an ihn heran. Thalberg nickte zerstreut, während er darauf wartete, dass die Verbindung zustande kam.
„Du bist meine Sklavin, die alles mit sich geschehen lässt!“, bekräftigte er mit leuchtenden Augen und zog den Gürtel aus seiner Hose.
Die Schere, die Leyla hinter ihrem Rücken in der Hand hielt, gab ihr eine fast magische Kraft und der kühle Stahl zwischen ihren Fingern fühlte sich beinahe erotisch an.
„Ich werde nie eine Sklavin sein“, stellte sie emotionslos fest und stach zu.
6. Berlin – sicheres Haus in der Kantstraße
Die Welt rund um David Stein war grau und konturlos, obwohl es Mitte Juli war und Berlin sich im strahlenden Sonnenschein von seiner schönsten Seite zeigte. Noch zwei Wochen zuvor hatte er als Hundeflüsterer ein ruhiges Leben auf Mallorca geführt und versucht, Erinnerungen an früher nicht hochkommen zu lassen. Doch mit dem Auftauchen von George Schneider auf Davids Finca war dieses Leben von dem grauen Alltag der Geheimdienste völlig absorbiert worden.
Vor zwei Wochen hatte ihn ein schweigsamer Agent der „Abteilung“ vom Flughafen Berlin-Tegel abgeholt und ohne ein Wort zu wechseln waren sie dann Richtung Innenstadt gefahren. Irgendwann unterwegs an einer Ampel war dann auch Schneider zugestiegen.
„Es freut mich, dass wir uns so schnell wiedersehen, David“, hatte Schneider gesagt und David kumpelhaft auf die Schulter geklopft. Mit keinem Wort hatte er Davids Weigerung angesprochen, schon damals auf der Finca musste er sich seiner Sache sehr sicher gewesen sein. Nach der Begrüßung hatte David vom Autofenster aus die schnell vorbeiziehende Skyline bewundert, die sich seit seinem Ausstieg rasant verändert hatte.
„Ist ja ziemlich viel gebaut worden in der Hauptstadt in den letzten Jahren“, hatte er gesagt. „Die Stadt sieht jetzt ganz anders aus!“ Schneider hatte nur nachsichtig gelächelt.
„Es hat sich überhaupt viel verändert, David“, hatte er kryptisch gemurmelt, ohne näher darauf einzugehen.
„Unser Abteilungsleiter meint, ich soll dich während der Fahrt in die Stadt briefen, damit wir keine Zeit verlieren“, hatte Schneider einfach weitergeredet.
„Ist mir recht! Wo fahren wir eigentlich hin?“
„Kantstraße!“
„Noch immer das alte Büro?“ Schneider hatte genickt und David innerlich grinsen müssen. Seit seinem Ausstieg hatte sich nichts geändert. Das ganze Geld wurde wie immer in teure
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