Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
Vom Netzwerk:
war nur ein Stahlseil zu sehen. Das Seil gehörte zu einem Baukran im Hintergrund, und in dem Führerkorb des Krans blinkte es. Ich sah noch einmal hin. Die Sonne spiegelte sich in den Linsen eines Fernglases.
    Vielleicht hatte der Kranführer ein Badezimmer des Hauses gegenüber im Auge, nur so zum Zeitvertreib. Konnte sein, konnte aber auch sein, daß er mich beobachtete.

8.
     
     
     
    »Zufall? Schöner Zufall!« höhnte ich. »Hunderttausend Mark für einen ungelernten Arbeiter, für einen polnischen Bauern, der mehr oder weniger illegal im Lande war; denn sein Nachweis, deutscher Abstammung zu sein, stand auf sehr wackligen Beinen. Der also damit rechnen mußte, ausgewiesen zu werden. Jedenfalls sind seine Angehörigen der Meinung. Und dieser Mann stürzt gerade ab, als er garantiert allein ist und mögliche Augenzeugen eine Runde Skat kloppen. Da stimmt doch was nicht.«
    Salm nahm seine Brille ab, was sein Gesicht verletzbarer machte.
    »Bist heute nicht besonders gesprächig«, sagte ich.
    »Elmar, ich wollte, daß du dich um meine Angelegenheit kümmerst, um meine. Ich hatte dich nicht gebeten, in einer ganz anderen Sache herumzustochern.«
    »Von wegen ganz andere Sache! Du selbst hast doch den Unfallspezialisten erwähnt.«
    »Deswegen muß doch nicht jeder Arbeitsunfall…«
    Ich hackte dazwischen, ich war es leid. »Nicht jeder, aber dieser. Das Geld geht an die Firmenkasse, und du bist beteiligt.«
    Er putzte die Brillengläser mit dem Ende seiner Seidenkrawatte und setzte die Brille wieder sorgfältig auf. »Das Geld bleibt in der Firmenkasse, ich beziehe lediglich mein Gehalt als Geschäftsführer.«
    »Und der Mercedes? Und der maßgeschneiderte Zwirn?«
    »Soll ich etwa mit Mofa und Jeans die Kunden besuchen?« Er hob die Stimme. »Es muß doch nicht jeder, der Geld hat, ein Gauner sein. Und daß Leute eine schrottreife Kiste fahren und in unserem Alter noch wie Studenten hausen, ist auch keine Garantie für ihre Redlichkeit.« Mit einer Handbewegung umfaßte er meine Einrichtung, den alten Schreibtisch, die Regale aus schwarz gestrichenem Preßspan und das abgenutzte Ledersofa, auf dem ich gern eine kleine Siesta einlegte.
    Ich pfiff durch die Zähne. »Mal weiter! Ich werde ganz gern von meinen Klienten beschimpft.«
    »Tut mir leid.« Er versuchte ein Lächeln, und es gelang ihm nicht schlecht. Wenn er es darauf anlegte, konnte er sehr charmant sein. »Komm, vertragen wir uns«, lockte er. »Du hast also den Auftrag angenommen?«
    »Ich habe mich aus Langeweile nur ein bißchen umgesehen, das ist alles. Den Teufel werde ich tun, dir zu helfen, wenn ich dir jede Information wie einen Wurm aus der Nase ziehen muß. Und wenn ich nur den leisesten Verdacht habe, daß das Geld nicht sauber ist, mit dem du mich bezahlen willst, dann werde ich ebenfalls den Teufel tun.«
    »Nun bleib mal auf dem Teppich, Elmar«, sagte er mit einer Härte, die mich überraschte, die mir aber besser gefiel als die unterwürfige Art. »Du weißt so gut wie ich, daß es nur eine Frage der Stationen ist, die schmutziges Geld durchlaufen muß, bis es sauber wird. Und was die fehlenden Informationen angeht, die kriegst du jetzt auf der Stelle. Ich mußte doch auch erst einmal sehen, mit wem ich es zu tun habe; unsere gemeinsame Schulzeit liegt ja schon ein paar Tage zurück.«
    »Dann mal los!« Ich lehnte mich in meinem Drehstuhl zurück.
    »Also, was soll ich drum herum reden, der Firma geht es nicht so gut, wie es scheint. Der Anfang der PSB war raketenhaft. Ich hatte aus den Vereinigten Staaten die Idee und das Wissen mitgebracht, wie man alte Gebäude mit Sprengungen entsorgt. Das geht schneller und sauberer als nach der konventionellen Methode mit der Abrißbirne. Doch ja, wir sprengen dir aus einer Häuserzeile einen Wohnblock heraus, ohne daß bei den Nachbarn die Teetassen klirren.«
    Er hielt inne. Anscheinend war ihm bewußt geworden, daß er im Ton eines Abbruchunternehmers sprach, der von einem Miethai den Auftrag erhofft, ein sanierungsbedürftiges Gebäude plattzumachen.
    Er sprach weiter, aber mit weniger Eifer: »Wie du sicher bemerkst hast, verhüllen wir Häuser, die renoviert werden, mit Plastikplanen. Es war meine Idee, diese Planen als Werbeflächen zu vermieten. Wenn solche verhüllten Häuser gesprengt werden, sieht das wie ein gigantischer Werbespot aus. Mit meinen Ideen und mit Pollex’ Kapital hatten wir einen flotten Start. Aber wie das so in der Wirtschaft ist, zogen schon bald andere

Weitere Kostenlose Bücher