Der Hurenkiller - Teil II (Wegners schwerste Faelle)
lang überlegte Mike. Er war müde. Hatte
keine Kraft mehr und fühlte sich einfach nur krank und schwach. Ganz kurz hatte
er sogar die Hand am Zündschlüssel ... wollte den Motor abstellen ...
aussteigen und sich auf den Boden legen. Stattdessen legte er jetzt aber einen
Gang ein und gab Vollgas. Der Porsche schoss nach vorne und rammte schon nach
ein paar Metern den ersten Peterwagen, der sich ihm optimistisch in den Weg
gestellt hatte. Als Mike das ungläubige Gesicht des Fahrers sah, musste er
sogar lachen. Er hatte nicht vor es ihnen leicht zu machen. Sein nächster
Schlaf, da war er sich ganz sicher, sollte sein letzter sein. Was hatte er denn
schon zu verlieren. Und was stand ihm bevor, wenn sie ihn lebendig in die
Finger bekämen. Er hatte keine Lust die nächsten zwanzig Jahre im Gefängnis um
Kronenkorken zu pokern oder sich die Fresse von irgendwelchen schwulen Glatzen
polieren zu lassen. Noch ein einziges Mal Spaß! Dann würde er mit einem Knall
abtreten, den diese Stadt so schnell nicht vergessen sollte.
Kapitel 4
Manfred Wegner lag auf seinem Sofa und schaute
gelangweilt Wiederholungen. Er hatte Vera nach Feierabend in der Stadt
abgesetzt, wo sie, mit einigen Kolleginnen zusammen, eine After-Work-Party
besuchte. Fast eine Stunde lang hatte sie auf ihn eingeredet und versucht, ihn
zum Mitkommen zu bewegen. Erfolglos.
Gerade als er den Fernseher abstellen und träge ins
Bett wackeln wollte, klingelte sein Handy.
»Manfred, Stefan hier.«
»Was ist los? Kannst du nicht schlafen?«
»Sie haben den Gerlach gefunden.«
»Wo?«
»Ballindamm, direkt an der Alster. Er hat versucht
zu entkommen, aber dann haben unsere Streifenkollegen ihn eingekesselt.«
»Und ist er auf dem Weg ins Revier?«
»Das ist das Problem. Er konnte in eines der
Bürohäuser verschwinden und hat bei einem Steuerberater drei junge Frauen als
Geiseln genommen.«
»Die haben so spät noch gearbeitet.«
»Du kennst doch die Steuerberater.«
Wegner schüttelte gedankenversunken den Kopf. »Wo
bist Du jetzt?«
»Ich bin direkt hinter dem MEK ... in fünf Minuten
sind wir vor Ort.
»Ich komme auch rüber. Wer leitet das Mobile
Einsatzkommando?«
»Sven Rauchel ...«
»Ach du Scheiße!«
***
Mike Gerlach war mit seinem Porsche von der
Esplanade in die Dammtorstraße abgebogen. Mit Vollgas raste er kurz darauf am
Gänsemarkt vorbei und erreichte schleudernd den Jungfernstieg. Zu seiner Linken
sah er das »Alex«, eine beliebte Szenekneipe. Ausgerechnet in diesem Moment
erinnerte er sich daran, wie er dort vor vielen Jahren Steffi kennengelernt
hatte. Sie waren damals erst sechs Monate zusammen, als er um ihre Hand
anhielt. Freudestrahlend hatte sie Ja gesagt und war ihm weinend um den Hals
gefallen. Eine bessere Partie als er war schwer zu finden. Mike war seit einem
Jahr mit dem Studium fertig. In wenigen Monaten würde sein Vater ihm die
bestens eingeführte Praxis übergeben. Danach, so plante Mike bereits heute,
würde er es etwas ruhiger angehen lassen. Er kannte alle Tricks, mit denen man
die Krankenkassen hinters Licht führen konnte. Sein Vater hingegen
dokumentierte seit Jahrzehnten jede Behandlung bis ins kleinste Detail.
Regelrechte Wutanfälle waren die Folge, wenn eine der Sprechstundenhilfen eine
Leistung versehentlich falsch abrechnete.
Nur ein paar Monate, nachdem er den symbolischen
Schlüssel aus den zitternden Händen seines Vaters genommen hatte, wurde er von
diesem Strudel erfasst, der ihn seither immer mehr und mehr nach unten zog.
Schon als ganz junger Mann, während des Studiums, war er dem Kartenspiel verfallen.
Unmengen von Geld verspielte er an einem einzelnen Wochenende, um danach
reumütig seinen Vater um weitere Kohle anzupumpen. Einzige Ablenkung war der
Koks, welcher die Verluste und die negativen Gefühle zu überdecken vermochte.
Auch Steffi hatte es nicht geschafft, ihn aus diesem Teufelskreis zu befreien.
Wie oft hatten sie zusammen geweint? Hatte er ihr unter Tränen versichert, dass
er nie wieder ein Kasino betreten würde. Zwölf Monate hielt sie den Stress aus,
bis er eines Nachts nach Hause kam und nur noch einen kurzen Brief von ihr
vorfand.
Einer der Streifenwagen kam von rechts
herausgeschossen und blockierte damit seine Spur komplett. Mike stieg in die
Bremse, riss das Lenkrad herum und wechselte auf die Gegenfahrbahn. Einem
entgegenkommenden Bus blieb nichts Anderes übrig, als auf den Bürgersteig
auszuweichen. Dort krachte er in ein riesiges Werbeschild, auf
Weitere Kostenlose Bücher