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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Shulman?«, fragt Simone. »Wie läuft es mit seinem Raum?«
    Ylva klingt eifrig.
    »Er sagt, dass er mit dir reden muss.«
    »Ich rufe ihn an.«
    »Er will dir irgendetwas mit dem Licht zeigen.«
    Sie senkt die Stimme:
    »Ich weiß ja nicht, wie es zwischen dir und Erik aussieht, aber …«
    »Wir haben uns getrennt«, sagt Simone kurz.
    »Denn ich glaube wirklich …«
    Ylva verstummt.
    »Was glaubst du?«, fragt Simone geduldig.
    »Ich glaube, Shulman ist in dich verliebt.«
    Simone begegnet ihrem eigenen Blick im Spiegel und spürt ein Kribbeln im Bauch.
    »Ich werde wohl vorbeikommen müssen«, sagt sie.
    »Ginge das?«
    »Ich muss nur vorher noch ein paar Telefonate führen.«
    Simone legt auf und bleibt anschließend noch kurz auf der Bettkante sitzen. Benjamin lebt, das ist das Wichtigste. Er lebt, obwohl seit seiner Entführung mehrere Tage vergangen sind. Das ist ein wirklich gutes Zeichen, weil es darauf hindeutet, dass sein Kidnapper nicht in erster Linie daran interessiert ist, ihn zu töten. Er verfolgt andere Absichten und wird vielleicht ein Lösegeld fordern. Rasch geht sie ihre finanziellen Verhältnisse durch. Was besitzt sie eigentlich? Die Eigentumswohnung, das Auto, ein paar Kunstwerke. Die Galerie natürlich. Sie könnte sich Geld leihen. Das wird schon gehen. Sie ist nicht reich, aber ihr Vater könnte das Sommerhaus und seine Wohnung verkaufen. Sie werden gemeinsam in eine Mietwohnung ziehen, egal wo, das ist schon okay, Hauptsache, sie bekommt Benjamin zurück, Hauptsache, sie darf ihren Jungen wieder bei sich haben.
    Simone ruft ihren Vater an, aber er meldet sich nicht. Sie hinterlässt eine kurze Nachricht auf Band, duscht schnell, putzt sich die Zähne, zieht frische Kleider an und verlässt die Wohnung, ohne das Licht auszuschalten.
    Draußen ist es kalt und windig, es sind ein paar Grad unter null. Der Dezembermorgen ist von Taubheit, Schläfrigkeit, Friedhofsstimmung erfüllt. Ein Hund schleift seine Leine hinter sich her und läuft durch die Pfützen.
    Als sie zur Galerie kommt, begegnet ihr Ylvas Blick durch die Glastür. Norén ist nirgendwo zu sehen, aber an der Wand liegt auf der Erde eine zu einem Napoleonhut gefaltete Zeitung. Grünliches Licht schimmert auf einer Reihe der Bilder, die Shulman gemalt hat. Glänzende, aquariumgrüne Ölgemälde. Sie tritt ein, und Ylva eilt zu ihr und umarmt sie. Simone fällt auf, dass Ylva vergessen hat, sich die Haare schwarz zu färben, im schnurgeraden Mittelscheitel ahnt man den grauen Haaransatz. Ihr Gesicht ist dagegen glatt und sorgsam geschminkt, der Mund dunkelrot wie eh und je. Sie trägt einen grauen Hosenrockanzug über einer schwarzweiß gestreiften Strumpfhose und klobigen braunen Schuhen.
    »Wie schön alles wird«, sagt Simone und sieht sich um. »Du hast toll gearbeitet.«
    »Danke«, flüstert Ylva.
    Simone geht zu den Gemälden.
    »So habe ich sie noch nie gesehen, ich meine, so wie sie gedacht sind«, sagt sie. »Bisher habe ich sie immer nur einzeln gesehen.«
    Sie tritt noch einen Schritt näher.
    »Es ist, als würden sie zur Seite fließen.«
    Sie geht in den zweiten Raum. Dort stehen die Steinblöcke mit Shulmans Höhlenmalereien auf Holzständern.
    »Er will Petroleumlampen haben«, sagt Ylva. »Ich habe ihm gesagt, dass das nicht geht, die Leute wollen sehen, was sie kaufen.«
    »Nein, das wollen sie nicht.«
    Ylva lacht.
    »Dann bekommt Shulman seinen Willen?«
    »Ja«, antwortet Simone. »Er bekommt, was er will.«
    »Das könntest du ihm eigentlich selbst sagen.«
    »Wie bitte?«, fragt Simone.
    »Er ist im Büro.«
    »Shulman?«
    »Er meinte, er müsse ein paar Telefonate führen.«
    Simone schaut zum Büro hinüber, und Ylva räuspert sich:
    »Ich gehe mir mal was für die Mittagspause kaufen …«
    »Jetzt schon?«
    »Ich dachte nur«, erwidert Ylva mit gesenktem Blick.
    »Geh ruhig«, sagt Simone.
    Simone ist so traurig und besorgt, dass sie stehen bleiben und die Tränen wegwischen muss, die ihr die Wangen hinablaufen, ehe sie an die Tür klopft und eintritt. Shulman sitzt auf dem Bürostuhl hinter dem Schreibtisch und lutscht an einem Bleistift.
    »Wie geht es dir?«, fragt er.
    »Nicht so gut.«
    »Verständlich.«
    Es wird still zwischen ihnen. Sie senkt den Kopf. Sie wird von dem Gefühl übermannt, wehrlos zu sein, zu zerbrechlichster Materie abgeschliffen worden zu sein. Ihre Lippen zucken, als sie herausplatzt:
    »Benjamin lebt. Wir wissen nicht, wo er ist oder wer ihn entführt hat, aber er

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