Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
versucht.
»Es könnte jemand kommen«, sagt sie vorsichtig.
»Was sollen wir tun?«, fragt Shulman, und sie hört ein Zittern in seiner Stimme.
Wortlos macht sie einen Schritt auf ihn zu und küsst ihn erneut. Sie denkt nicht mehr, sie tastet nach seiner Haut unter den Kleidern und spürt seine warmen Hände auf ihrem Körper. Er streichelt ihre Lenden, seine Hände schieben sich unter ihre Kleider, zu ihrem Slip, und als er spürt, wie feucht sie ist, stöhnt er und presst seinen harten Penis gegen ihr Schambein. Sie will, dass sie hier und jetzt miteinander schlafen, stehend an die Wand gelehnt, an den Schreibtisch, auf dem Fußboden, als wäre alles andere vollkommen bedeutungslos, wenn es nur die Panik für ein paar Minuten vertreibt. Ihr Herz rast, und ihre Beine zittern. Sie zieht ihn zur Wand, und als er ihr Bein anhebt, um in sie einzudringen, flüstert sie ihm zu, es zu tun, sich zu beeilen. Im selben Moment hören sie das Klingeln der Türglocke. Jemand betritt die Galerie. Der Parkettboden knarrt, und sie lassen einander los.
»Wir fahren zu mir«, flüstert er.
Sie nickt und spürt, dass ihre Wangen gerötet sind. Er streicht sich über den Mund und verlässt das Büro. Sie bleibt stehen, wartet einen Moment, stützt sich auf den Schreibtisch, zittert am ganzen Leib. Sie ordnet ihre Kleidung, und als sie in die Galerie hinaustritt, steht Shulman schon in der Tür.
»Guten Hunger«, sagt Ylva.
Als sie schweigend im Taxi sitzen, kommen Simone Zweifel. Ich rufe meinen Vater an, denkt sie, und dann sage ich ihm, ich müsste gehen. Der bloße Gedanke daran, was sie gerade tut, lässt ihr vor Schuldgefühlen, Panik und Erregung schlecht werden.
Sie steigen die schmale Treppe bis in den fünften Stock hinauf, und als er die Tür aufschließt, beginnt sie, nach dem Handy in ihrer Tasche zu suchen.
»Ich muss meinen Vater anrufen«, sagt sie ausweichend.
Er bleibt stumm, betritt vor ihr den terracottafarbenen Flur und entfernt sich.
Sie bleibt im Mantel stehen und schaut sich in dem dunklen Flur um. Die Wände hängen voller Fotos, und unterhalb der Decke verläuft ein Sims mit ausgestopften Vögeln. Noch ehe sie dazu kommt, Kennets Nummer zu wählen, kehrt Shulman zu ihr zurück.
»Simone«, flüstert er. »Möchtest du nicht hereinkommen?«
Sie schüttelt den Kopf.
»Nur für einen Moment?«, fragt er.
»Okay.«
Sie behält den Mantel an, als sie ihm ins Wohnzimmer folgt.
»Wir sind erwachsen, wir tun, was wir wollen«, sagt er und gießt Cognac in zwei Schwenker.
Sie prosten sich zu und trinken.
»Das schmeckt gut«, sagt sie leise.
Eine Seite des Raums besteht aus einer durchgehenden Fensterfront. Sie geht hin und blickt auf die Dächer Södermalms und die Rückseite einer Neonreklame hinaus, die eine Zahncremetube darstellt.
Shulman tritt zu ihr, stellt sich hinter sie und legt die Arme um sie.
»Ist dir eigentlich klar, wie verrückt ich nach dir bin?«, flüstert er. »Vom ersten Augenblick an bin ich das gewesen.«
»Sim, ich weiß nur nicht … ich weiß nicht, was ich hier eigentlich tue«, sagt Simone heiser.
»Musst du das wissen?«, fragt Shulman lächelnd und zieht sie zum Schlafzimmer.
Sie begleitet ihn, als hätte sie es die ganze Zeit gewusst. Sie hat gewusst, dass Shulman und sie zusammen in ein Schlafzimmer gehen werden. Sie hat es gewollt, und zurückgehalten hat sie einzig und allein, dass sie nicht wie ihre Mutter und Erik sein wollte, eine Lügnerin, die heimlich telefoniert und SMS verschickt. Sie hat immer gedacht, dass sie keine Verräterin ist und über eine natürliche Sperre gegen Untreue verfügt, aber in diesem Moment regt sich in ihr nicht einmal ansatzweise das Gefühl, jemanden zu betrügen. Shulmans Schlafzimmer ist dunkel, die Wände sind von einem dunkelblauen Seidenstoff bedeckt, es ist der gleiche Stoff, der in langen Vorhängen vor den Fenstern hängt. Das kurze, schräge Mittwinterlicht dringt durch den Stoff wie eine abgeschwächte Dunkelheit.
Mit zitternden Händen knöpft sie ihren Mantel auf und lässt ihn fallen. Shulman zieht sich aus, und Simone sieht, wie muskulös gerundet seine Schultern sind und dass sein ganzer Körper von dunklen Haaren bedeckt ist. Ein Streifen dickerer, dicht gelockter Haare führt von der Scham zum Nabel hinauf.
Seine dunklen, sanften Augen sehen sie ruhig an. Sie beginnt, sich auszuziehen, wird aber auf einmal, mitten in seinem Blickfeld stehend, von einem schwindelerregenden Gefühl furchtbarer Einsamkeit
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