Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
murmeln Hallo, zwei Gruppenmitglieder schenken ihr überhaupt keine Beachtung und blicken stattdessen zu Boden.
Erik erinnert sich an die Atmosphäre im Raum: Die Gruppe stand noch unter dem Einfluss der ersten Hypnose vor der Pause und fühlte sich durch das neue Mitglied gestört. Sie hatten einander bereits kennengelernt und identifizierten sich mit den Geschichten der anderen.
Seine Gruppe bestand aus bis zu acht Mitgliedern. Ziel der Therapie war es, unter Hypnose die Vergangenheit jedes Einzelnen von ihnen zu untersuchen und sich dem Schmerzpunkt zu nähern. Die Hypnose wurde stets im Beisein der Gruppe und zusammen mit der Gruppe durchgeführt. Mit dieser Methode sollte jeder von ihnen mehr werden als ein bloßer Zeuge der Erlebnisse anderer, man sollte mit Hilfe der hypnotischen Offenheit den Schmerz miteinander teilen und wie bei kollektiven Katastrophen gemeinsam trauern können.
Eva Blau setzt sich auf den leeren Stuhl und sieht für einen kurzen Moment direkt in die Kamera, woraufhin ein scharfer und feindseliger Zug in ihr Gesicht tritt.
Das ist die Frau, die vor zehn Jahren in unser Haus eingebrochen ist, denkt er. Aber was hat sie gestohlen, und was hat sie sonst noch getan?
Erik sieht, dass er den zweiten Teil der Sitzung einleitet, indem er auf den ersten zurückzukommt und mit freien, spielerischen Assoziationen auf ihn eingeht. Dies war für alle ein Weg, sich besser zu fühlen und zu spüren, dass trotz der düsteren Untertöne in allem, was sie sagten und taten, ein gewisses Maß an Leichtigkeit möglich war. Er stellt sich vor die Gruppe.
»Wir beginnen mit Gedanken und Assoziationen zum ersten Teil unserer Sitzung«, sagt er. »Möchte jemand etwas sagen?«
»Verwirrend«, meint eine junge, untersetzte und stark geschminkte Frau.
Sibel, denkt Erik. Sie hieß Sibel.
»Frustrierend«, meldet sich Jussi in seinem nordschwedischen Dialekt zu Wort. »Also, ich bin nur dazu gekommen, die Augen aufzumachen und mich am Kopf zu kratzen, bevor es auch schon wieder vorbei war.«
»Was hast du gefühlt?«, fragt Erik ihn.
»Haare«, antwortet er lächelnd.
»Haare?«, fragt Sibel und kichert.
»Als ich mich am Kopf gekratzt habe«, erklärt Jussi.
Einige lachen über seinen Scherz. In Jussis düsterem Gesicht lässt sich blasse Freude erahnen.
»Gebt mir Assoziationen zu Haaren«, fährt Erik fort. »Charlotte?«
»Ich weiß nicht«, sagt sie. »Haare? Vielleicht Bart … nein.«
»Ein Hippie, ein Hippie auf einem Chopper«, wirft Pierre lächelnd ein. »Er sitzt so, kaut Juicyfruit und rutscht …«
Eva Blau steht unvermittelt und mit ihrem Stuhl klappernd auf, sie protestiert gegen die Übung.
»Das sind doch bloß Kindereien«, sagt sie.
»Und warum?«, fragt Erik.
Eva antwortet nicht, setzt sich aber wieder.
»Mach bitte weiter, Pierre«, bittet Erik.
Pierre schüttelt den Kopf, kreuzt seine Zeigefinger in Evas Richtung und tut so, als müsste er sich vor ihr schützen.
Pierre flüstert verschwörerisch. Jussi hebt die Hand gegen Eva und sagt etwas in seinem nordschwedischen Dialekt.
Erik glaubt zu hören, was er sagt, tastet blind nach der Fernbedienung und stößt sie auf den Fußboden, sodass die Batterien herausfallen.
»Das gibt’s doch nicht«, flüstert er vor sich hin und geht auf die Knie.
Mit zitternden Händen spult er zurück und stellt lauter, als das Band wieder läuft.
»Das sind doch bloß Kindereien«, sagt Eva Blau.
»Und warum?«, fragt Erik, und als sie nicht antwortet, bittet er Pierre fortzufahren.
Der schüttelt den Kopf und kreuzt seine Finger.
»Dennis Hopper wurde erschossen, weil er ein Hippie war«, flüstert er.
Sibel kichert und schielt zu Erik hinüber. Jussi räuspert sich und hebt die Hand gegen Eva.
»Im verwunschenen Schloss bleiben dir unsere Kindereien erspart«, sagt er in seinem bedächtigen, nordschwedischen Dialekt.
Alle verstummen. Eva wendet sich dem Mann zu und scheint aggressiv reagieren zu wollen, aber irgendetwas hält sie zurück, vielleicht der ernste Ton in seiner Stimme und sein ruhiger Blick.
Das verwunschene Schloss, hallt es in Eriks Kopf nach. Gleichzeitig hört er sich die Prinzipien des eigentlichen Hypnoseprozesses erläutern: dass sie stets mit gemeinsamen Entspannungsübungen beginnen, ehe er dazu übergeht, ein oder zwei von ihnen zu hypnotisieren.
»Und manchmal«, fährt Erik an Eva gewandt fort, »wenn ich merke, dass es gut läuft, versuche ich, die ganze Gruppe zu hypnotisieren.«
Erik denkt
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