Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Arme gehorchen ihm nicht. Er ist fast schwerelos, hat aber kein Gefühl in den Beinen. Er versucht, sich zu bewegen, aber es fällt ihm schwer, seine Bewegungen zu koordinieren.
Erik sieht, dass ihn das Blut aus seiner Schulterwunde wie eine Wolke umschwebt.
Plötzlich begegnet er Lydias Blick, sie sieht ihm ruhig in die Augen. Sie hängen regungslos im eisigen Wasser und betrachten einander.
Lydias Haare wehen im Wasser, und aus ihrer Nase strömen perlend kleine Luftblasen.
Erik muss atmen, sein Hals spannt sich an, aber noch wehrt er sich gegen den Drang seiner Lunge, Sauerstoff einzuatmen. Seine Schläfen pochen, und in seinem Kopf blitzt weißes Licht auf.
Seine Körpertemperatur ist inzwischen so niedrig, dass er bald das Bewusstsein verlieren wird. In seinen Ohren klingelt es immer lauter.
Erik denkt an Simone und an Benjamin, der überleben wird. Es ist wie in einem Traum, so frei in dem eisigen Wasser zu treiben. Mit merkwürdiger Klarheit erkennt er, dass der Augenblick seines Todes gekommen ist, und in seinem Inneren wallt panische Angst auf.
Er weiß nicht, wo oben und unten ist, fühlt seinen Körper nicht, kann hell und dunkel nicht mehr unterscheiden. Auf einmal kommt ihm das Wasser warm, fast heiß vor. Er denkt, dass er jeden Moment den Mund öffnen und nachgeben, das Ende kommen lassen und seine Lunge mit Wasser füllen muss. Neue, seltsame Gedanken schießen ihm durch den Kopf, als plötzlich etwas geschieht. Er spürt, dass sich das Seil um seine Taille spannt. Er hat vergessen, dass er sich die lange Leine umgebunden hat, die mit dem Rettungsring verbunden ist. Jetzt hängt das Seil an etwas fest, und er wird schwerfällig zur Seite gezogen. Er kann nichts dagegen tun, hat keine Kraft mehr. Unwiderstehlich wird sein schlaffer Körper um eine Stange und anschließend durch die Dachluke nach oben gezogen. Sein Hinterkopf stößt an, und er verliert einen Schuh. Dann ist er im schwarzen Wasser. Er wird hochgezogen und sieht den Bus ohne ihn in der Tiefe versinken und die schemenhafte Gestalt Lydias in dem leuchtenden Käfig, der lautlos zum Grund des Sees fällt.
54.
Donnerstag, der vierundzwanzigste Dezember
Simone, Erik und Benjamin erreichen unter einem bereits dunklen Himmel ein graues Stockholm. Regen liegt in der Luft, und ein fast purpurfarbener Dunst umgibt die Stadt. Überall leuchten bunte Lichterketten in Weihnachtsbäumen, und in den Schaufenstern stehen Weihnachtsmänner zwischen glitzernder Dekoration.
Der Taxifahrer, der sie vor dem Hotel Birger Jarl absetzt, trägt eine Weihnachtsmannmütze. Er winkt ihnen im Rückspiegel mit finsterer Miene zu, und sie sehen, dass er an das Taxischild auf dem Autodach einen Weihnachtsmann aus Plastik montiert hat.
Simone wirft einen Blick in die Hotellobby und zu den dunklen Fenstern des geschlossenen Hotelrestaurants und sagt, dass es schon eigenartig ist, im Hotel zu wohnen, wenn man nur zweihundert Meter von zu Hause entfernt ist.
»Aber ich will unsere Wohnung nicht mehr betreten«, sagt sie.
»Das ist doch klar«, erwidert Erik.
»Nie wieder.«
»Ich auch nicht«, stimmt Benjamin ihr zu.
»Was sollen wir machen?«, fragt Erik. »Ins Kino gehen?«
»Ich habe Hunger«, meint Benjamin leise.
Als der Rettungshubschrauber das Krankenhaus von Umeå erreichte, war Erik stark unterkühlt gewesen. Die Schussverletzung erwies sich als harmlos, die halbummantelte Kugel hatte den linken Schultermuskel glatt durchschossen und den Oberarmknochen nur oberflächlich verletzt. Nach der Operation teilte er sich ein Zimmer mit Benjamin, der mit Medikamenten versorgt und beobachtet wurde. Benjamin hatte keine schweren Blutungen erlitten und erholte sich schnell. Nach einem Tag im Krankenhaus quengelte er schon, weil er nach Hause wollte. Anfangs waren Erik und Simone dagegen gewesen. Wegen seiner Krankheit war es besser, wenn er noch etwas länger beobachtet wurde. Außerdem sollte er mit jemandem sprechen, um seine Erlebnisse zu verarbeiten.
Die Psychologin Kerstin Bengtsson wirkte gestresst und schien nicht wirklich zu verstehen, welchen Gefahren Benjamin ausgesetzt gewesen war. Als sie sich nach einem fünfundvierzigminütigen Gespräch mit Benjamin mit Erik und Simone traf, behauptete sie kurz und knapp, dem Jungen gehe es den Umständen entsprechend gut und sie sollten einfach abwarten und ihm etwas Zeit lassen.
Erik und Simone fragten sich daraufhin, ob die Psychologin sie nur beruhigen wollte, denn ihnen war
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