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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Fürst erinnerte ihn an das Bild.
    »Hören Sie, Fürst«, sagte Ganja auf einmal, wie wenn ein plötzlicher
Gedanke in seinem Kopf aufleuchtete, »ich habe eine große Bitte an Sie
... Aber ich weiß wirklich nicht ...«
    Er wurde verwirrt und sprach den begonnenen Satz nicht zu Ende. Es
schien, als ob er einen Entschluß fassen wolle, aber mit sich selbst
kämpfe. Der Fürst wartete schweigend. Ganja sah ihn noch einmal mit
einem forschenden, durchdringenden Blick an.
    »Fürst«, begann er von neuem, »man ist dort auf mich augenblicklich
... infolge eines ganz sonderbaren Umstandes ... an dem ich keine
Schuld trage ... nun, kurz, das gehört nicht hierher ... man ist dort
auf mich, wie es scheint, ein wenig böse, so daß ich für einige Zeit
nicht ohne besondere Aufforderung hingehen möchte. Ich muß jetzt aber
ganz notwendig mit Aglaja Iwanowna sprechen. Ich habe hier für jeden
Fall ein paar Worte an sie geschrieben« (er hatte auf einmal einen
kleinen, zusammengefalteten Zettel in der Hand) »und weiß nun nicht,
wie ich sie ihr zugehen lassen soll. Möchten Sie es nicht übernehmen,
Fürst, dieses Blättchen an Aglaja Iwanowna abzugeben, jetzt gleich,
aber nur an Aglaja Iwanowna allein, das heißt so, daß es niemand sieht,
verstehen Sie? Es handelt sich nicht um irgendwelche arge Heimlichkeit,
es ist nichts Derartiges ... aber ... wollen Sie es tun?«
    »Die Sache ist mir nicht sehr angenehm«, antwortete der Fürst.
    »Ach, Fürst, ich bin in der äußersten Notlage!« bat Ganja. »Sie wird
vielleicht antworten ... Seien Sie versichert, daß nur die dringende
Notwendigkeit, die allerdringendste Notwendigkeit mich veranlaßt, mich
an Sie zu wenden ...! Durch wen sollte ich es sonst hinschicken ...?
Die Sache ist sehr wichtig ... außerordentlich wichtig für mich ...«
    Ganja war in größter Angst, der Fürst könnte es ihm abschlagen, und blickte ihm, furchtsam bittend, in die Augen.
    »Nun, meinetwegen, ich werde es übergeben.«
    »Aber ja nur so, daß es niemand bemerkt!« bat der erfreute Ganja.
»Und noch eins, Fürst: ich kann mich doch wohl auf Ihr Ehrenwort
verlassen, nicht wahr?«
    »Ich werde es niemandem zeigen«, erwiderte der Fürst.
    »Das Billett ist nicht versiegelt, aber ...« Ganja merkte, daß er in
seiner übergroßen Sorge zuviel sagte, und hielt verlegen inne.
    »Oh, ich werde es nicht lesen«, versetzte der Fürst ganz schlicht, nahm das Bild und verließ das Arbeitszimmer.
    Als Ganja allein geblieben war, griff er sich an den Kopf.
    »Ein Wort von ihr, und ich ... und ich breche vielleicht wirklich diese Beziehungen ab ...!«
    Vor Aufregung und gespannter Erwartung war er nicht imstande, sich
wieder an seine Papiere zu setzen, sondern schritt im Arbeitszimmer von
einer Ecke nach der andern.
    Der Fürst ging sehr nachdenklich zurück; der Auftrag war ihm
unangenehm; unangenehm war ihm auch der Gedanke, daß Ganja mit Aglaja
in Korrespondenz stand. Aber als er noch zwei Zimmer zu passieren
hatte, um wieder in den Salon zu gelangen, blieb er plötzlich stehen,
als ob ihm etwas einfiele, blickte ringsum, trat ans Fenster, recht
nahe an das Licht, und begann Nastasja Filippownas Bild zu betrachten.
    Er hätte gern etwas enträtselt, was in diesem Gesicht verborgen lag
und ihn vorhin frappiert hatte. Der Eindruck von vordem war ihm
haftengeblieben, und er beeilte sich jetzt, ihn von neuem nachzuprüfen.
Dieses durch seine Schönheit und noch durch sonst etwas auffallende
Gesicht übte jetzt auf ihn eine noch stärkere Wirkung aus. Ein
grenzenloser Stolz, eine grenzenlose Verachtung, die fast wie Haß
aussah, lagen in diesem Gesicht und zu gleicher Zeit etwas
Zutrauliches, erstaunlich Offenherziges; dieser Kontrast erweckte bei
dem, der diese Züge betrachtete, sogar ein gewisses Mitleid. Diese
blendende Schönheit war geradezu unerträglich, die Schönheit des
blassen Gesichts, der beinah eingefallenen Wangen und der glühenden
Augen; eine seltsame Schönheit! Der Fürst betrachtete das Bild wohl
eine Minute lang; dann zuckte er auf einmal zusammen, blickte rings um
sich, führte das Bild eilig an seine Lippen und küßte es. Als er eine
Minute darauf in den Salon trat, war sein Gesicht wieder vollkommen
ruhig.
    Aber als er in das Eßzimmer gelangte, das noch durch ein Zimmer vom
Salon getrennt war, stieß er in der Tür beinah mit der herauskommenden
Aglaja zusammen. Sie war allein.
    »Gawrila Ardalionowitsch hat mich gebeten, Ihnen dies hier zu
übergeben«, sagte der Fürst, indem er

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