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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Ich habe mir sagen lassen, die
Kalligraphen schrieben nicht mit Stahlfedern.«
    Während sie mit dem Fürsten sprach, schien sie gar nicht zu
bemerken, daß Ganja ebenfalls da war. Aber während nun der Fürst die
Feder in Ordnung brachte, eine Seite aussuchte und sich zum Schreiben
bereit machte, trat Ganja zu dem Kamin heran, wo Aglaja unmittelbar
rechts neben dem Fürsten stand, und sagte zu ihr mit zitternder,
stockender Stimme aus nächster Nähe:
    »Ein einziges Wort, nur ein einziges Wort von Ihnen – und ich bin gerettet.«
    Der Fürst wandte sich rasch um und sah sie beide an. Auf Ganjas
Gesicht lag der Ausdruck echter Verzweiflung; er schien diese Worte
ohne jede Überlegung hervorgestoßen zu haben. Aglaja blickte ihn ein
paar Sekunden lang mit ganz demselben ruhigen Erstaunen an wie eine
Weile vorher den Fürsten, und es schien, daß dieses ruhige Erstaunen,
diese Verwunderung, diese anscheinende völlige Verständnislosigkeit für
das, was zu ihr gesagt war, in diesem Augenblick für Ganja
schrecklicher war, als es die stärkste Verachtung hätte sein können.
    »Was soll ich denn schreiben?« fragte der Fürst.
    »Ich werde es Ihnen gleich diktieren«, erwiderte Aglaja, sich zu ihm
wendend. »Sind Sie bereit? Nun, dann schreiben Sie: ›Ich lasse mich
nicht auf Handelsgeschäfte ein.‹ Setzen Sie jetzt das Datum darunter!
Zeigen Sie her!«
    Der Fürst reichte ihr das Album hin.
    »Vorzüglich! Sie haben es erstaunlich schön geschrieben; Ihre
Handschrift ist eine ganz wundervolle! Ich danke Ihnen. Auf
Wiedersehen, Fürst ... Warten Sie«, fügte sie hinzu, als ob ihr
plötzlich etwas einfiele, »kommen Sie mit; ich will Ihnen etwas zum
Andenken schenken.«
    Der Fürst folgte ihr; als sie jedoch ins Eßzimmer kamen, blieb Aglaja stehen.
    »Lesen Sie das da!« sagte sie, ihm Ganjas Billett reichend. Der Fürst nahm das Billett und blickte Aglaja erstaunt an.
    »Ich weiß ja, daß Sie es nicht gelesen haben und nicht der Vertraute
dieses Menschen sein können. Lesen Sie; es ist mein Wunsch, daß Sie es
lesen.«
    Das Billett war augenscheinlich in großer Eile geschrieben:
    »Heute wird mein Schicksal entschieden werden; Sie wissen, in
welcher Weise. Heute werde ich unwiderruflich mein Wort geben müssen.
Ich habe keinerlei Anrecht auf Ihre Teilnahme und wage nicht,
irgendwelche Hoffnungen zu hegen; aber Sie haben früher einmal ein Wort
ausgesprochen, nur ein einziges Wort, und dieses Wort hat die ganze
dunkle Nacht meines Lebens erhellt und ist für mich ein Leuchtfeuer
geworden. Sagen Sie jetzt noch ein solches Wort – und Sie werden mich
damit vom Untergang erretten! Sagen Sie nur zu mir: ›Brich alle Beziehungen ab!‹, und ich tue es noch heute.
Oh, was kostet es Sie, dieses eine Wort zu sagen! Ich erbitte dieses
Wort nur als ein Zeichen Ihrer Teilnahme und Ihres Mitleids mit mir – nur in diesem Sinne! Weiter soll es nichts sein, nichts! Ich
wage nicht, irgendwelche Hoffnung zu hegen, weil ich solcher Hoffnung
nicht würdig bin. Aber wenn Sie dieses Wort gesprochen haben werden,
werde ich von neuem meine Armut auf mich nehmen und meine verzweifelte
Lage mit Freuden ertragen. Ich werde in den Kampf eintreten; ich werde
mich seiner freuen und in ihm neue Kraft gewinnen!
    Senden Sie mir dieses Wort der Teilnahme (ich werde es nur als
ein Wort der Teilnahme betrachten, das schwöre ich Ihnen!). Zürnen Sie
nicht über die Kühnheit eines Verzweifelnden, Ertrinkenden, der eine
letzte Anstrengung zu machen gewagt hat, um sich vor dem Untergang zu
retten! G.I.«
    »Dieser Mensch versichert«, sagte Aglaja scharf, als der Fürst zu
Ende gelesen hatte, »daß das Wort ›Brechen Sie alle Beziehungen ab!‹
mich nicht kompromittieren und zu nichts verpflichten solle, und er
gibt mir, wie Sie sehen, hierin, in diesem Billett, eine schriftliche
Garantie dafür. Beachten Sie, wie naiv er einige Worte unterstrichen
hat und in wie plumper Weise seine geheime Absicht hervorschaut! Er
weiß übrigens, daß, wenn er alle Beziehungen abbräche, aber von selbst,
allein, ohne auf ein Wort von mir zu warten und ohne mit mir auch nur
davon zu reden, und ohne jede Hoffnung auf meine Hand, daß ich dann
meine Gefühle gegen ihn ändern und vielleicht seine Freundin werden
würde. Das weiß er genau! Aber er hat eine niedrige Gesinnung: er weiß
es und kann sich doch nicht entschließen; er weiß es und verlangt doch
Garantien. Er ist nicht imstande, auf Treu und Glauben einen Entschluß
zu fassen. Er möchte, daß ich

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