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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Ehrenwort, das Geheimnis zu bewahren.«
    »Das war also fast zu derselben Zeit, wo er sich gegen dich so kriecherisch benahm und dich seiner Ergebenheit versicherte. Nein, diese jämmerlichen Menschen! Ich brauche deinen Puschkin nicht, und deine Tochter soll auch nicht zu mir kommen!«
    Lisaweta Prokofjewna wollte schon aufstehen; aber plötzlich wandte sie sich gereizt an den lachenden Ippolit:
    »Wie ist denn das, mein Lieber? Du hast mich wohl hier lächerlich machen wollen?«
    »Gott bewahre!« erwiderte Ippolit mit einem schiefen Lächeln. »Aber mich interessiert außerordentlich Ihr exzentrisches Wesen, Lisaweta Prokofjewna, und ich muß gestehen, daß ich die Geschichte von Lebedjew absichtlich aufs Tapet gebracht habe, weil ich wußte, wie das auf Sie wirken würde; auf Sie allein; denn der Fürst wird ihm gewiß verzeihen und hat ihm wahrscheinlich schon verziehen ... er hat vielleicht schon im stillen eine Entschuldigung für ihn gesucht; es ist doch wohl so, Fürst, nicht wahr?«
    Er war ganz außer Atem gekommen; seine seltsame Aufregung wuchs mit jedem Wort.
    »Oh, oh ...!« sagte Lisaweta Prokofjewna zornig; sie wunderte sich über seinen Ton. »Nun, und weiter?«
    »Ich hatte über Sie schon viel von dieser Art gehört ... mit großer Freude gehört ... ich habe Sie sehr schätzengelernt«, fuhr Ippolit fort.
    Das waren seine Worte; aber er sprach sie in einer Weise, als ob er mit ihnen etwas ganz anderes sagen wollte. Er sprach mit einem Beiklang von Spott und regte sich gleichzeitig unverhältnismäßig auf, sah mißtrauisch um sich und geriet bei jedem Wort mehr in die Verwirrung und Verlegenheit hinein, so daß all dies im Verein mit seinem schwindsüchtigen Aussehen und seinem sonderbaren funkelnden und beinah wütenden Blick unwillkürlich die allgemeine Aufmerksamkeit fesselte.
    »Ich würde mich sonst, obwohl ich die Gebräuche der vornehmen Welt gar nicht kenne (das gebe ich zu), darüber wundern, daß Sie nicht nur selbst in unserer für Sie unpassenden Gesellschaft geblieben sind, sondern auch diesen ... jungen Mädchen erlaubt haben, eine solche Skandalgeschichte mitanzuhören; allerdings werden sie wohl all dergleichen schon in Romanen gelesen haben; ich weiß das übrigens vielleicht nicht ... denn ich befinde mich in großer Verwirrung. Aber jedenfalls, wer außer Ihnen hätte es fertiggebracht ..., auf die Bitte eines Knaben hin (nun ja, eines Knaben, auch das will ich wieder zugeben), mit ihm einen Teil des Abends zu verbringen und ... und an allem solchen Anteil zu nehmen und ... mit der Aussicht, sich dessen am nächsten Tag zu schämen ... (ich gebe übrigens zu, daß ich mich unrichtig ausdrücke). Ich lobe das alles sehr und schlage es sehr hoch an, obgleich schon an dem Gesicht Seiner Exzellenz, Ihres Gemahls, deutlich zu sehen ist, wie wenig das nach seinem Urteil zu seinem Rang paßt ... Hihi!« kicherte er; er hatte sich in seinem Reden völlig verrannt und bekam nun auf einmal einen solchen Hustenanfall, daß er mehrere Minuten lang nicht weitersprechen konnte.
    »Er ist ja ganz außer Atem gekommen!« sagte Lisaweta Prokofjewna in kaltem, scharfem Ton, indem sie ihn mit ernster Neugier betrachtete. »Aber nun, mein lieber Junge, müssen wir unser Gespräch abbrechen. Es ist Zeit.«
    »Erlauben Sie auch mir, mein Herr, Ihnen meinerseits zu bemerken«, begann auf einmal Iwan Fjodorowitsch gereizt, der den letzten Rest von Geduld verloren hatte, »daß meine Frau sich hier bei dem Fürsten Ljow Nikolajewitsch, unserm gemeinsamen Freund und Nachbarn, befindet, und daß es jedenfalls Ihnen, junger Mann, nicht zusteht, über Lisaweta Prokofjewnas Handlungen ein Urteil zu fällen, ebensowenig wie es Ihnen zusteht, sich laut und mir ins Gesicht darüber zu äußern, was auf meinem Gesicht geschrieben steht. Jawohl. Und wenn meine Frau hiergeblieben ist«, fuhr er fort, indem er fast mit jedem Wort in eine gereiztere Stimmung hineinkam, »so hat sie das vorwiegend aus Verwunderung getan und aus einer begreiflichen modernen Neugier, so sonderbare junge Leute kennenzulernen. Und ich für meine eigene Person bin in ähnlicher Weise hiergeblieben, wie ich manchmal auf der Straße stehenbleibe, wenn da etwas zu sehen ist, so eine ... eine ...«
    »So eine Kuriosität«, half ihm Jewgeni Pawlowitsch.
    »Ganz recht, sehr richtig!« sagte erfreut Seine Exzellenz der General, der mit seinem Vergleich nicht ganz hatte zurechtkommen können; »so eine Kuriosität. Aber jedenfalls ist es mir

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