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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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verkauft hätten. Sowie Aglaja den Igel bekommen habe, habe sie ihn sogleich mit Koljas Hilfe in ein geflochtenes Körbchen gesetzt, mit einer Serviette zugedeckt und Kolja gebeten, ihn sogleich, und ohne unterwegs einzukehren, in ihrem Namen zu dem Fürsten zu bringen, mit der Bitte, ihn als »ein Zeichen ihrer größten Hochachtung« anzunehmen. Kolja habe freudig eingewilligt und sein Wort darauf gegeben, daß er ihn hinbefördern werde, aber sofort durchaus von ihr wissen wollen, was ein Igel oder ein ähnliches Geschenk bedeute. Aglaja habe ihm geantwortet, das gehe ihn nichts an. Er habe erwidert, er sei überzeugt, daß eine Symbolik dahinterstecke. Aglaja sei ärgerlich geworden und habe ihm in scharfem Ton geantwortet, er sei ein dummer Junge und weiter nichts. Kolja habe ihr sofort versetzt, wenn er nicht in ihr die Frau achtete und außerdem seine festen Grundsätze hätte, so würde er ihr auf der Stelle beweisen, daß er auf solche Beleidigungen sehr wohl zu antworten verstehe. Die Sache hätte übrigens damit geendet, daß Kolja doch mit Begeisterung davongegangen wäre, um den Igel hinzubringen, und Kostja Lebedjew hinter ihm hergelaufen wäre. Als Aglaja gesehen habe, daß Kolja mit dem Körbchen zu sehr schlenkerte, habe sie sich nicht enthalten können, ihm von der Veranda aus nachzurufen: »Bitte, liebster Kolja, lassen Sie ihn nicht hinausfallen!«, als ob sie sich nicht kurz vorher mit ihm gezankt hätte; Kolja sei stehengeblieben und habe, ebenfalls als ob er sich nicht mit ihr gezankt gehabt hätte, mit der größten Dienstbeflissenheit zurückgerufen: »Ich werde ihn schon nicht hinausfallen lassen, Aglaja Iwanowna; seien Sie ganz unbesorgt!« und sei wieder spornstreichs weitergelaufen.
    Aglaja habe hierauf furchtbar gelacht, sei höchst zufrieden auf ihr Zimmer gelaufen und dann den ganzen Tag über sehr lustig gewesen.
    Durch diese Nachricht wurde Lisaweta Prokofjewna geradezu betäubt. Man könnte meinen: was war denn an der ganzen Sache daran? Aber sie war nun einmal in eine solche Stimmung hineingeraten. Ihre Unruhe stieg nun auf den höchsten Grad, und die Hauptsache war der Igel; was bedeutete der Igel? Was steckte da dahinter? Was hatte das für einen geheimen Sinn? Was war das für ein verabredetes Zeichen, was für ein Telegramm? Dazu kam noch, daß der arme Iwan Fjodorowitsch, der zufällig bei dem Verhör zugegen war, durch eine von ihm gegebene Antwort die ganze Sache vollständig verdarb. Seiner Meinung nach war von einem Telegramm dabei überhaupt nicht die Rede, sondern der Igel sei einfach ein Igel, weiter nichts, und bedeute vielleicht außerdem Freundschaft, Vergessen der Kränkungen, Versöhnung; kurz, das Ganze sei ein mutwilliger Streich, aber jedenfalls ein harmloser und verzeihlicher.
    In Parenthese bemerken wir, daß er damit durchaus das Richtige getroffen hatte. Als der Fürst, von Aglaja verhöhnt und weggejagt, nach Hause zurückgekehrt war, hatte er schon eine halbe Stunde in der düstersten Verzweiflung dagesessen, als auf einmal Kolja mit dem Igel erschien. Sofort klärte sich der Himmel auf; der Fürst erstand gleichsam wieder von den Toten; er fragte Kolja aus, klammerte sich an jedes Wort, das er sagte, erkundigte sich zehnmal nach derselben Sache, lachte wie ein Kind und drückte den beiden lachenden und ihn vergnügt anblickenden Knaben alle Augenblicke die Hände. Es war also klar, daß Aglaja verzieh und der Fürst gleich heute abend wieder zu ihr gehen konnte, und das war für ihn nicht nur die Hauptsache, sondern geradezu alles. »Was sind wir noch für Kinder, Kolja! Und ... und wie gut, daß wir noch Kinder sind!« rief er endlich entzückt aus.
    »Es ist ganz einfach: sie ist in Sie verliebt, Fürst; weiter nichts!« antwortete Kolja nachdenklich mit der Miene eines Sachverständigen.
    Der Fürst wurde dunkelrot, erwiderte aber diesmal kein Wort; Kolja aber lachte nur und klatschte in die Hände; einen Augenblick darauf fing auch der Fürst an zu lachen, und dann sah er bis zum Abend alle fünf Minuten nach der Uhr, ob schon viel Zeit vergangen sei, und wieviel noch bis zum Abend übrig sei.
    Aber für Lisaweta Prokofjewna war die Erregung doch zu stark; sie konnte schließlich keinen Widerstand mehr leisten und überließ sich ihren hysterischen Empfindungen. Trotz aller Einwände ihres Gatten und ihrer Töchter ließ sie unverzüglich Aglaja rufen, um ihr die entscheidende Frage vorzulegen und von ihr eine klare, entscheidende Antwort zu erhalten.

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