Der Idiot
du mehr besäßest); aber ... das Glück meiner Tochter muß mir ... und schließlich.. bist du denn imstande, sie sozusagen ... glücklich zu machen? Und ... und ... was war das? War das von ihrer Seite Spaß oder Ernst? Ich meine nicht von deiner Seite, sondern von ihrer Seite?«
Hinter der Tür ließ sich Alexandra Iwanownas Stimme vernehmen; sie rief den Papa.
»Warte einen Augenblick, lieber Freund, warte! Warte und denke über die Sache nach; ich komme gleich wieder ...«, sagte er hastig und leistete eilig und beinah in Angst dem Ruf seiner Tochter Folge.
Er fand folgende Gruppe vor: seine Gattin und Aglaja lagen sich in den Armen und benetzten einander mit ihren Tränen. Es waren Tränen der Glückseligkeit, der Rührung und der Versöhnung. Aglaja küßte ihrer Mutter die Hände, die Wangen, die Lippen; beide schmiegten sich in warmer Empfindung aneinander.
»Also da ist sie, sieh sie an, Iwan Fjodorowitsch! Da hast du sie jetzt ganz, wie sie ist!« sagte Lisaweta Prokofjewna. Aglaja wandte ihr glückseliges, verweintes Gesichtchen von der Brust der Mutter weg, blickte den Papa an, lachte laut auf, sprang zu ihm hin, umarmte ihn herzlich und küßte ihn mehrmals. Dann stürzte sie wieder zur Mutter hin und verbarg ihr Gesicht völlig an deren Brust, so daß es niemand mehr sehen konnte, und begann gleich wieder zu weinen. Lisaweta Prokofjewna schlug das Ende ihres Schaltuches um sie herum.
»Aber was in aller Welt richtest du uns denn nur an, du grausames Mädchen; denn so muß man dich nach solchem Benehmen nennen!« sagte sie, aber in freudigem Ton, als ob sie jetzt leichter atme.
»Ich bin grausam, ja, ich bin grausam!« fiel Aglaja ein. »Ich bin unartig! Ich bin unartig! Ich bin verzogen! Sagen Sie es unserm Papa! Ach, er ist ja hier. Papa, sind Sie hier? Hören Sie doch!« rief sie unter Tränen lachend.
»Du mein liebes Kind, mein Abgott!« rief der General und küßte ihr strahlend vor Glückseligkeit die Hand, die Aglaja ihm nicht entzog. »Also du liebst diesen jungen Mann?«
»Nein, nein, nein! Ich kann Ihren jungen Mann nicht leiden, ich kann ihn nicht leiden!« rief Aglaja plötzlich aufbrausend und hob den Kopf in die Höhe. »Und wenn Sie, Papa, es noch einmal wagen ... ich sage Ihnen das ganz im Ernst; hören Sie wohl: ganz im Ernst!«
Sie sprach wirklich im Ernst; sie war ganz rot geworden, und ihre Augen blitzten. Der Papa schwieg erschrocken; aber Lisaweta Prokofjewna machte ihm, von Aglaja unbemerkt, ein Zeichen, und er verstand, was es bedeuten sollte: »Frage nicht weiter!«
»Wenn es so steht, mein Engel, nun, dann wie du willst, meinetwegen; er wartet dort allein; sollen wir ihm nicht auf zarte Weise andeuten, daß er fortgehen möchte?«
Dabei blinkte der General seinerseits seiner Gattin zu.
»Nein, nein, das ist nicht nötig, noch dazu, wenn es ›auf zarte Weise‹ geschieht. Gehen Sie nur selbst zu ihm hin; ich werde dann auch kommen, gleich darauf. Ich will diesen ... diesen jungen Mann um Entschuldigung bitten; denn ich habe ihn gekränkt.«
»Und gar sehr hast du ihn gekränkt«, stimmte Iwan Fjodorowitsch ihr ernst bei.
»Nun, dann ... bleibt lieber alle hier, und ich werde zuerst allein hingehen; kommt mir dann gleich nach, in einer Sekunde! So wird es das beste sein!«
Sie war schon bis zur Tür gegangen, drehte sich aber plötzlich wieder um.
»Ich werde loslachen! Ich werde vor Lachen sterben!« sagte sie traurig.
Aber in demselben Augenblick wandte sie sich um und lief zum Fürsten hin.
»Nun, was soll das alles heißen? Wie denkst du darüber?« fragte Iwan Fjodorowitsch rasch.
»Ich fürchte mich, es auszusprechen«, erwiderte Lisaweta Prokofjewna ebenso schnell. »Aber meiner Ansicht nach ist die Sache klar!«
»Auch nach meiner Ansicht ist sie klar. Klar wie der Tag. Sie liebt.«
»Und nicht genug, daß sie liebt, sie ist sogar verliebt!« erklärte Alexandra Iwanowna. »Aber in wen denn nun eigentlich?«
»Gott segne sie, wenn das nun einmal ihr Schicksal ist!« sagte Lisaweta Prokofjewna, sich fromm bekreuzend.
»Es ist also ihr Schicksal«, stimmte ihr der General bei, »und seinem Schicksal kann man nicht entgehen!«
Alle gingen in den Salon; dort wartete ihrer eine neue Überraschung. Aglaja lachte, als sie zu dem Fürsten herantrat, nicht los, wie sie das befürchtet hatte, sondern sagte im Gegenteil schüchtern zu ihm:
»Verzeihen Sie einem dummen, schlechten, verzogenen Mädchen« (sie ergriff seine Hand), »und seien Sie überzeugt,
Weitere Kostenlose Bücher