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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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Kapitel 1
    Ich stand am Grab meines Vaters.
    Kein Blumenschmuck, nur ein kahler Erdhügel.
    Keine Tränen, nur vereinzelte Regentropfen, die aus dem grauen Frühlingshimmel auf meine kalte Haut fielen.
    Keine Trauergemeinde, nur ich.
    Keine Totengräber, nur ich.
    Keiner mehr da, nur ich.
    Und von mir war auch nicht besonders viel übrig. Schweiß vom Schaufeln und Erde und Dreck – und Leere.
    Ich fühlte nichts. Seit dem Moment, als ich mittags vom Schwarzmarkt mit der Ware zurückgekommen war und meinen Vater mit einem Loch in der Brust, einem überraschten Ausdruck im Gesicht und einer silbernen Halskette in der Hand gefunden hatte, hatte ich völlig automatisch gehandelt. Gegraben. Begraben. Zugeschüttet.
    Ein Windstoß fuhr durch das Geäst und wirbelte Samenwölkchen aus den Bäumen und Büschen über die Wiese. Manche setzten sich auf die frische Erde vor mir, wie Schneeflocken, die nicht schmolzen. Die Kette an der Tür des Gewächshauses schlug laut gegen die blinde Plexiglasscheibe, dann wurde es wieder still.
    „Willst du wirklich alleine los, Ell?“, hatte mein Vater gefragt.
    „Ja. Es ist doch nur ein knapper Kilometer zur Bücherei. Das schaffe ich schon. Und wir brauchen Mehl.“
    „Wenn du noch eine halbe Stunde wartest, kann ich mit dir kommen.“
    „In einer halben Stunde sind die guten Sachen weg. Ich bin sowieso spät dran. Mach dir keine Sorgen, ich bin bald zurück.“
    Alle paar Tage derselbe Dialog. Und natürlich machte er sich Sorgen, jedes Mal, wenn ich die Neristas traf, um etwas einzutauschen.
    Wenn er mitgekommen wäre, würde er vielleicht noch leben.
    Wenn du auf ihn gewartet hättest, wären wir vielleicht beide tot.
    Tot? Ich begann zu zittern. Weg? Für immer?
    Das plötzliche Begreifen erdrückte mich. Mein Vater war tot.
    Ich fiel ins feuchte Gras und brach endlich in Tränen aus.
     
    Als die Sonne schon lang versunken war, stand ich langsam auf und taumelte ins Haus zurück. Ich schloss die Terrassentür und stolperte über das gesplitterte Display der MultiM-Station. Mein Gehirn blieb an Banalitäten hängen. Zum ersten Mal wunderte ich mich darüber, dass wir es überhaupt aufgehoben hatten. Es war utopisch zu denken, dass es irgendwann wieder Strom geben würde.
    Papa ist eben – er war ein Optimist. Zumindest mir gegenüber. Er hat immer versucht, mich nicht spüren zu lassen, wie schlimm es wirklich ist. Und vielleicht habe ich ihm geglaubt. Vielleicht habe ich jetzt erst begriffen, wie aussichtslos alles ist …
    Ich kämpfte neue Tränen zurück und tastete mich durch die Dunkelheit durchs Zimmer, versuchte, nicht über die Trümmer zu stürzen, die von unserer Einrichtung übrig waren. Mit bebenden Fingern entzündete ich eine Kerze.
    Langsam blickte ich mich um. Als ich ihn gefunden hatte, war ich zu hysterisch gewesen, um irgendetwas anderes wahrzunehmen als all das Blut und seinen leeren Blick–
    Ruhig, sagte mein Verstand und ich drängte die Bilder mit aller Kraft weg.
    Im Licht der flackernden Flamme sah die Verwüstung noch viel erschreckender aus und die zerbrochenen Gegenstände warfen tanzende Schattenungeheuer an die Wände.
    Jemand hatte etwas gesucht und mein Vater war ihm im Weg gewesen. In diesen Zeiten war ein Menschenleben ohnehin nicht viel wert. Den marodierenden Banden, die seit Beginn des Verfalls umherzogen und die Stadt terrorisierten, fehlte mittlerweile jegliches Gewissen … Ich konnte jetzt nicht darüber nachdenken. Ich wollte nie wieder nachdenken. Am liebsten hätte ich mich einfach direkt hier im Chaos zusammengerollt und mich ganz weit in mich hinein verzogen. So weit, dass nur noch ich da war und sonst nichts, so weit, dass alles um mich herum verschwand …
    Ich bin mir ganz sicher, dass du es schaffst. Du darfst nur nicht aufgeben, sagte mein Papa aus den Tiefen meiner Erinnerung. Wie konnte er davon ausgehen, dass ich es schaffen würde, ohne ihn? Mein Herz tat so weh, dass es mir kaum gelang, den nächsten Atemzug zu tun.
    Mein Blick vermied automatisch den getrockneten Blutfleck auf dem Teppich. Bücher, Urlaubs fotos und Souvenirs daneben. Die rotgesprenkelte Wand dahinter. Und dann erweckte doch etwas meine Aufmerksamkeit: ein Funkeln inmitten des Durcheinanders. Ich bückte mich und hob eine Kette mit einem silbernen, runden Anhänger auf, von dem sich ein fein gearbeitetes Reh reliefartig abhob.
    Woher kommt es nur? fragte ich mich. Wieso habe ich es noch nie gesehen? Wieso hat er es zum Zeitpunkt seines Todes in seinen

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