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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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eine sehr junge Frau für einen so alten Mann wie ihr Gatte), eine ehemalige Schönheit, die zufolge einer vielen fünfundvierzigjährigen Damen eigenen Manie es liebte, sich immer noch sehr luxuriös zu kleiden; ihr Verstand war nicht bedeutend und ihre Literaturkenntnisse sehr zweifelhaft. Aber Schriftsteller zu patronisieren war bei ihr eine ebensolche Manie wie sich luxuriös zu kleiden. Es wurden ihr viele Schriften und Übersetzungen gewidmet; zwei oder drei Schriftsteller ließen mit Erlaubnis der Dame die Briefe drucken, die sie ihr über sehr wichtige Gegenstände geschrieben hatten.. Und diese ganze Gesellschaft nahm der Fürst für bare Münze, für reinstes Gold ohne Legierung. Übrigens traf es sich, daß auch all diese Leute sich an diesem Abend in der glücklichsten Stimmung befanden und mit sich selbst sehr zufrieden waren. Sie wußten sämtlich, daß sie der Familie Jepantschin durch ihr Erscheinen eine große Ehre erwiesen. Aber leider ahnte der Fürst von diesen Finessen nichts. Es kam ihm zum Beispiel nicht der Gedanke, daß die Jepantschins jetzt, wo sie einen so wichtigen Schritt wie die Entscheidung über das Lebensschicksal ihrer Tochter vorhatten, es für ihre unerläßliche Pflicht hielten, ihn, den Fürsten Ljow Nikolajewitsch, dem alten Würdenträger, dem anerkannten Protektor ihrer Familie, vorzustellen. Der alte Würdenträger würde zwar seinerseits sogar die Nachricht von dem furchtbarsten Unglück, das die Familie Jepantschin betroffen hätte, mit größter Seelenruhe hingenommen, sich aber unbedingt beleidigt gefühlt haben, wenn die Jepantschins ihre Tochter ohne seinen Rat und sozusagen ohne seine Erlaubnis verlobt hätten. Fürst N., dieser liebenswürdige, unstreitig geistreiche und von einer hohen Freimütigkeit erfüllte Mensch, war von der festen Überzeugung durchdrungen, daß er so eine Art von Sonne sei, die an diesem Abend über dem Jepantschinschen Salon aufgehe. Er war der Ansicht, daß sie unendlich weit unter ihm ständen, und gerade dieser treuherzige, edle Gedanke erzeugte bei ihm jene bewundernswerte, liebenswürdige Ungezwungenheit und Freundlichkeit eben diesen Jepantschins gegenüber. Er wußte ganz genau, daß er an diesem Abend unbedingt etwas erzählen müsse, um die Gesellschaft in Entzücken zu versetzen, und bereitete sich hierauf mit einer gewissen Begeisterung vor. Als Fürst Ljow Nikolajewitsch dann diese Erzählung mit angehört hatte, mußte er sich bekennen, daß er noch nie etwas dem Ähnliches gehört hatte: dieser glänzende Humor, diese bewunderswürdige Heiterkeit und Naivität, die im Mund eines Don Juans, wie Fürst N., beinah etwas Rührendes hatte, bezauberten ihn geradezu. Wenn er nur dabei gewußt hätte, wie alt und abgenutzt diese Erzählung schon war, und daß der Vortragende sie bereits ganz auswendig konnte, und daß sie bereits in allen Salons den Hörern langweilig geworden war und nur bei den harmlosen Jepantschins wieder als Neuigkeit erschien, als eine freimütige, geistvolle Erinnerung, die einem geistvollen, schönen Mann plötzlich eingefallen sei! Der deutsche Dichterling benahm sich zwar sehr liebenswürdig und bescheiden; aber sogar er war beinah der Ansicht, daß er diesem Haus durch seinen Besuch eine Ehre erweise. Aber der Fürst bemerkte nicht die Kehrseite der Medaille, bemerkte nicht das Unterfutter des schönen Gewandes. Dieses Resultat hatte Aglaja nicht vorhergesehen. Sie selbst war an diesem Abend erstaunlich schön. Alle drei Fräulein waren elegant, wiewohl nicht gerade luxuriös, gekleidet und trugen sogar eine besondere Frisur. Aglaja saß neben Jewgeni Pawlowitsch, mit dem sie sich sehr freundlich unterhielt und scherzte. Jewgeni Pawlowitsch betrug sich etwas gesetzter als sonst, vielleicht ebenfalls aus Respekt gegen die hohen Herren. Man kannte ihn übrigens in der vornehmen Welt schon längst, und er fühlte sich dort bereits heimisch, wiewohl er noch ein junger Mensch war. An diesem Abend war er bei Jepantschins mit einem Trauerflor am Hut erschienen, und die alte Bjelokonskaja lobte ihn deswegen: ein anderer der vornehmen Welt angehöriger Neffe hätte unter solchen Umständen um einen solchen Onkel vielleicht keinen Trauerflor angelegt. Lisaweta Prokofjewna billigte diese Handlungsweise ebenfalls, schien aber im allgemeinen recht sorgenvoll zu sein. Der Fürst bemerkte, daß Aglaja ein paarmal aufmerksam nach ihm hinblickte und, wie es schien, mit ihm zufrieden war. Allmählich fühlte er sich sehr

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