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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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soeben nach Hause zurückgekehrt war; hinter ihnen schlich auch Fürst Ljow Nikolajewitsch her, trotz der gekündigten Freundschaft und der harten Worte; aber auf Warwara Ardalionownas Anordnung wurde er auch dort nicht zu Aglaja gelassen. Die Sache endete übrigens damit, daß Aglaja, als sie sah, wie die Mutter und die Schwestern um sie weinten und ihr keinerlei Vorwürfe machten, sich in ihre Arme warf und sogleich mit ihnen nach Hause zurückkehrte. Man erzählte, obgleich diese Gerüchte nicht sehr zuverlässig waren, Gawrila Ardalionowitsch habe auch diesmal sehr wenig Glück gehabt; er habe, als Warwara Ardalionowna zu Lisaweta Prokofjewna gelaufen und er mit Aglaja allein geblieben sei, die Gelegenheit benutzen wollen und angefangen, von seiner Liebe zu reden; als Aglaja das gehört habe, sei sie trotz all ihres Grames und ihrer Tränen auf einmal in ein lautes Gelächter ausgebrochen und habe ihm die seltsame Frage vorgelegt, ob er wohl zum Beweis seiner Liebe auf der Stelle seinen Finger über einer Kerze verbrennen wolle. Gawrila Ardalionowitsch sei über dieses Ansinnen ganz verdutzt und fassungslos gewesen und habe ein so verblüfftes Gesicht gemacht, daß Aglaja über ihn krampfhaft gelacht, ihn verlassen habe und zu Nina Alexandrowna nach oben gelaufen sei, wo ihre Eltern sie dann vorgefunden hätten. Diese Geschichte gelangte am andern Tag durch Ippolit zur Kenntnis des Fürsten. Da Ippolit nicht mehr vom Bett aufstand, so ließ er den Fürsten expreß zu sich rufen, um ihm diese Nachricht mitzuteilen. Wie dieses Gerücht zu Ippolits Ohren gelangt war, ist uns unbekannt; aber als der Fürst die Geschichte von der Kerze und dem Finger hörte, lachte er so herzlich, daß sogar Ippolit sich wunderte; aber dann fuhr er auf einmal zusammen und brach in Tränen aus ... Überhaupt befand er sich in diesen Tagen in großer Unruhe und in einer außerordentlichen undefinierbaren und qualvollen Verwirrung. Ippolit behauptete geradezu, er habe nicht seinen Verstand; aber darüber ließ sich noch nichts Sicheres sagen.
    Indem wir alle diese Tatsachen vorführen und es ablehnen, sie zu erklären, beabsichtigen wir nicht, unsern Helden in den Augen unserer Leser zu entschuldigen. Wir sind im Gegenteil durchaus bereit, die Entrüstung zu teilen, die er sogar bei seinen Freunden durch sein Verhalten erweckte. Selbst Wjera Lebedjewa war eine Zeitlang über ihn empört; selbst Kolja war empört; desgleichen selbst Keller, bis er zum Bräutigamsmarschall erwählt war; ganz zu schweigen von Lebedjew selbst, der sogar gegen den Fürsten zu intrigieren anfing, und zwar ebenfalls aus Empörung, die sogar ganz aufrichtig war. Aber davon werden wir noch später zu reden haben. Überhaupt aber sind wir völlig und im höchsten Grade mit einigen sehr kräftigen und in psychologischer Hinsicht sogar sehr tiefsinnigen Bemerkungen einverstanden, welche Jewgeni Pawlowitsch offen und ohne Umstände dem Fürsten gegenüber in einem freundschaftlichen Gespräch aussprach, und zwar am sechsten oder siebenten Tag nach dem Vorfall bei Nastasja Filippowna. Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß nicht nur Jepantschins selbst, sondern auch alle, die direkt oder indirekt mit der Familie in Verbindung standen, es für notwendig hielten, alle Beziehungen zum Fürsten vollständig abzubrechen. Fürst Schtsch. zum Beispiel wendete sich sogar weg, als er dem Fürsten begegnete, und erwiderte seinen Gruß nicht. Aber Jewgeni Pawlowitsch fürchtete nicht, sich dadurch zu kompromittieren, daß er den Fürsten besuchte, trotzdem er selbst wieder angefangen hatte, täglich bei Jepantschins zu verkehren, und dort mit sichtlich erhöhter Freundlichkeit aufgenommen wurde. Er kam zum Fürsten gleich am nächsten Tag, nachdem alle Jepantschins aus Pawlowsk weggezogen waren. Beim Eintritt kannte er bereits alle im Publikum verbreiteten Gerüchte, ja er hatte vielleicht selbst teilweise bei ihrer Verbreitung mitgewirkt. Der Fürst freute sich sehr über sein Kommen und begann sogleich von Jepantschins zu reden; dieses schlichte, offenherzige Verfahren löste auch dem Gast die Zunge, so daß auch er ohne Umschweife geradewegs zur Sache kam.
    Der Fürst wußte noch nicht, daß Jepantschins weggezogen waren; er war überrascht und wurde blaß; aber einen Augenblick darauf nickte er verwirrt und nachdenklich mit dem Kopf und gestand, daß es wohl habe so kommen müssen; dann erkundigte er sich schnell danach, wohin sie denn gezogen seien.
    Jewgeni Pawlowitsch

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