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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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gerufen, von denen einige sogar von ihren Stühlen aufsprangen.
    »Meine Herren! Ich sagte mir daher, der unglückliche Herr Burdowskij müsse ein einfältiger, schutzloser Mensch sein, der sich leicht einem beliebigen Gauner fügt, und ich sei mithin um so mehr verpflichtet, ihm als dem ›Sohn Pawlischtschews‹ zu helfen, und zwar erstens dadurch, daß ich Herrn Tschebarow entgegentrat, zweitens durch meine Ergebenheit und Freundschaft, indem ich ihn zu leiten suchte, und drittens durch Auszahlung von zehntausend Rubeln, das heißt der ganzen Summe, die nach meiner Berechnung Pawlischtschew für mich aufgewendet haben dürfte.«
    »Wie? Nur zehntausend Rubel?« schrie Ippolit.
    »Na, im Rechnen sind Sie nicht sehr stark, Fürst, oder vielleicht auch sehr stark, obwohl Sie sich so naiv und harmlos stellen!« rief Lebedews Neffe.
    »Ich gehe auf zehntausend nicht ein«, sagte Burdowskij.
    »Antip, nimm es an!« riet ihm der Boxer schnell, zwar flüsternd, aber doch für alle vernehmlich, indem er sich über Ippolits Stuhllehne hinweg von hinten zu ihm hinbeugte. »Nimm es an, nachher werden wir weiter sehen!«
    »Hören Sie mal, Herr Myschkin«, kreischte Ippolit, »begreifen Sie doch endlich, daß wir keine Dummköpfe sind, keine gemeinen Dummköpfe, wie es wahrscheinlich alle Ihre Gäste von uns glauben, auch diese Damen, die so entrüstet über uns lächeln, und besonders dieser noble Herr« (er wies auf Jewgenij Pawlowitsch), »den ich natürlich nicht die Ehre habe zu kennen, von dem ich aber wohl schon etwas gehört habe...«
    »Erlauben Sie, erlauben Sie, meine Herren, Sie haben mich wieder nicht recht verstanden!« wandte sich der Fürst erregt an sie. »Erstens haben Sie, Herr Keller, in Ihrem Artikel mein Vermögen ganz ungenau angegeben: ich habe keine Millionen erhalten, ich besitze vielleicht nur ein Achtel oder ein Zehntel dessen, was Sie bei mir voraussetzen; zweitens sind in der Schweiz gar nicht so enorme Summen für mich ausgegeben worden: Schneider erhielt sechshundert Rubel jährlich und auch das nur in den ersten drei Jahren; auch hat Pawlischtschew niemals hübsche Gouvernanten aus Paris geholt, das ist wieder Verleumdung. Meines Erachtens beträgt der für mich gemachte Aufwand erheblich weniger als zehntausend Rubel. Aber doch habe ich diese Summe angesetzt, und Sie müssen selbst zugeben: da ich eine Schuld zurückzahle, kann ich Herrn Burdowskij schlechterdings nicht mehr anbieten, selbst wenn ich ihn außerordentlich liebhätte; ich kann es schon aus Taktgefühl nicht, da ich ihm eben eine Schuld zurückzahle und ihm nicht etwa ein Almosen zuwende. Ich begreife nicht, meine Herren, wie Ihnen das unverständlich sein kann! Aber ich wollte das nachher alles durch meine Freundschaft und meine tätige Teilnahme an dem Ergehen des unglücklichen Herrn Burdowskij ausgleichen, der ohne Zweifel betrogen worden ist, da er sonst unmöglich einer solchen Gemeinheit zugestimmt hätte, wie sie Herrn Kellers heutige Äußerungen über seine Mutter in diesem Artikel darstellen... Aber warum geraten Sie denn wieder außer sich, meine Herren? Auf die Art werden wir einander schließlich überhaupt nicht mehr verstehen! Was ich gedacht hatte, hat sich ja doch als zutreffend herausgestellt! Ich habe mich jetzt mit eigenen Augen überzeugt, daß meine Vermutung richtig war«, sagte in bittendem Ton der ganz in Eifer gekommene Fürst, der die Erregung zu besänftigen wünschte und nicht merkte, daß er sie nur steigerte.
    »Was? Wovon haben Sie sich überzeugt?« schrien die Gegner wütend auf ihn los.
    »Aber ich bitte Sie, erstens habe ich selbst Gelegenheit gehabt, Herrn Burdowskij genau kennenzulernen, und sehe jetzt selbst, wes Geistes Kind er ist... Er ist ein unschuldiger Mensch, der von allen betrogen wird! Und er ist ein schutzloser Mensch, und darum ist es meine Pflicht, schonend mit ihm zu verfahren. Und zweitens hat Gawrila Ardalionowitsch, in dessen Hände ich diese Sache gelegt habe und von dem mir lange keine Nachricht zugegangen war, da er sich unterwegs befand und dann drei Tage lang in Petersburg krank lag, der hat plötzlich jetzt, erst vor einer Stunde, bei unserm ersten Wiedersehen, mir mitgeteilt, er habe Tschebarows Absichten sämtlich durchschaut und besitze die erforderlichen Beweise; Tschebarow sei genau der Mensch, als den ich ihn eingeschätzt hätte. Ich weiß ja, meine Herren, daß viele mich für einen Idioten halten, und da ich in dem Ruf stand, leicht Geld hinzugeben, so hielt

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