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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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meine Träume ‹ würden sich in Pawlowsk bessern. Wie kommt er auf meine Träume? Entweder ist er Mediziner, oder er besitzt tatsächlich einen ungewöhnlichen Verstand, so daß er sehr vieles zu erraten vermag. (Daß er aber im Grunde doch ein ›Idiot‹ ist, daran kann kein Zweifel bestehen.) Es traf sich, daß ich gerade vor seiner Ankunft einen hübschen Traum gehabt hatte (übrigens einen von der Art, wie ich sie jetzt zu Hunderten habe). Ich war eingeschlafen – ich glaube, eine Stunde vor seiner Ankunft – und sah mich in einem Zimmer (aber nicht in dem meinigen). Das Zimmer war größer und höher als das meine, besser möbliert und hell; darin standen ein Schrank, eine Kommode, ein Sofa und mein Bett, ein großes, breites Bett, mit einer grünseidenen Steppdecke darauf. Aber in diesem Zimmer bemerkte ich ein schreckliches Tier, eine Art Ungeheuer. Es hatte Ähnlichkeit mit einem Skorpion, war aber kein Skorpion, sondern widerwärtiger und weit furchtbarer, anscheinend ebendeswegen, weil es solche Tiere in der Natur nicht gibt und weil es sich absichtlich gerade bei mir eingefunden hatte und weil eben darin irgendein Geheimnis zu liegen schien. Ich betrachtete es sehr genau: es war ein mit einer braunen Schale bekleidetes Kriechtier, ungefähr vier Werschok lang, am Kopf etwa zwei Finger dick, nach dem Schwanz zu wurde es allmählich dünner, so daß die Schwanzspitze selbst nicht dicker als ein Zehntel Werschok war. Etwa einen Werschok vom Kopf entfernt traten in einem Winkel von fünfundvierzig Grad aus dem Rumpf zwei Pfoten heraus, auf jeder Seite eine, etwa zwei Werschok lang, so daß das ganze Tier, von oben gesehen, die Gestalt eines Dreizacks hatte. Den Kopf konnte ich nicht deutlich erkennen, aber ich sah zwei Fühler, nicht besonders lang, in Form zweier starker Nadeln, gleichfalls von brauner Farbe. Zwei ebensolche Fühler befanden sich am Ende des Schwanzes und am Ende jeder der Pfoten, so daß es also im ganzen acht Fühler waren. Das Tier lief sehr schnell im Zimmer umher, wobei es sich auf die Pfoten und den Schwanz stützte, und wenn es lief, wanden sich die Pfoten und der Rumpf trotz der Schale mit großer Schnelligkeit wie kleine Schlangen, was sehr widerwärtig anzusehen war. Ich hatte schreckliche Angst, es könnte mich stechen; mir war gesagt worden, es sei giftig. Ganz besonders aber quälte mich der Gedanke, wer es wohl in mein Zimmer geschickt hatte, was man mir antun wollte und worin dieses Geheimnis bestand. Das Tier versteckte sich unter der Kommode, unter dem Schrank und kroch in die Ecken. Ich zog meine Beine auf den Stuhl hinauf und schlug sie unter den Leib. Das Tier lief schnell schräg durch das ganze Zimmer und verschwand irgendwo in der Gegend meines Stuhls. Voller Furcht blickte ich rings um mich, aber da ich mit untergeschlagenen Beinen dasaß, so hoffte ich, daß es nicht werde auf den Stuhl heraufkriechen können. Plötzlich hörte ich hinter mir, fast bei meinem Kopf, ein knisterndes Geräusch; ich drehte mich um und sah, daß das Scheusal an der Wand hinaufkroch, sich schon in gleicher Höhe mit meinem Kopf befand und sogar meine Haare mit seinem Schwanz berührte, der sich mit außerordentlicher Geschwindigkeit drehte und wand. Ich sprang auf, und im gleichen Augenblick war auch das Tier verschwunden. Auf das Bett mochte ich mich nicht legen, aus Furcht, es könnte unter das Kissen kriechen. Da traten meine Mutter und ein Bekannter von ihr ins Zimmer. Sie begannen, auf das garstige Tier Jagd zu machen, aber sie waren ruhiger als ich und fürchteten sich nicht einmal. Sie konnten jedoch nichts begreifen. Auf einmal kam das Untier wieder hervorgekrochen; es kroch diesmal sehr sachte und wand sich, wie mit besonderer Absicht, nur langsam, was noch viel greulicher aussah; es nahm seinen Weg wieder schräg durch das Zimmer nach der Tür hin. Da öffnete meine Mutter die Tür und rief Norma, unsere Hündin, einen riesigen schwarzen, zottigen Neufundländer; sie ist vor fünf Jahren gestorben. Norma kam ins Zimmer gestürzt und blieb vor dem Reptil wie angewurzelt stehen. Auch dieses machte halt, wand sich aber immer noch hin und her und kratzte mit den Enden der Pfoten und des Schwanzes auf dem Fußboden herum. Tiere sind, wenn ich nicht irre, nicht imstande, eine mystische Angst zu empfinden, aber in diesem Augenblick schien es mir doch, als ob auch in Normas Angst etwas sehr Ungewöhnliches, beinah Mystisches lag und sie ebenso wie ich ahnte, daß in dem Tier etwas

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