Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
drüben sein Bankier war. Dann rief mich eines Morgens das Hausmädchen im Büro an und sagte, Casanova habe einen dringenden Anruf aus London erhalten, von einem gewissen FP, sie wisse aber nicht, wer das sei. Sie gab mir die Nummer, ich wählte und sagte zu irgend jemand – ich nahm an, zu einer Sekretärin -, daß Mr. Lowell für FP am Apparat sei. Gleich darauf wurde ich von einer überschwenglich klingenden Stimme begrüßt, die mich förmlich anschrie. ›Lie-hiebling, ich bin morgen in New York, und wir können fünf wundervolle Tage miteinander verbringen.‹ Ich sagte >wie nett< und legte auf.«
»Sie bewegt sich in den für ihre Zwecke richtigen Kreisen«, sagte Gideon Logan lachend. »Andy-Boy Vanvlanderen wird sie mit Brillanten und Zobelmänteln überhäufen, bis er sich langweilt.«
Varak mußte schnell das Thema wechseln. Wenn er recht hatte und ein Verräter am Tisch saß – und er hatte recht -, würde Ardis Vanvlanderen alles hinterbracht werden, was man hier über sie sprach, und mehr durfte er nicht gestatten. »Der allgemeinen Reaktion nach zu schließen«, sagte er freundlich, »dürfen wir annehmen, daß es ein paar überaus fähige Opportunisten gibt. Aber das ist nicht wichtig.« Beobachte sie. Beobachte jedes einzelne Gesicht! »Sie leistet gute Arbeit für den Vizepräsidenten, aber das ist im Grunde unwesentlich für uns. Zurück zu unserem Kandidaten. Alles läuft nach Plan. Die Zeitungen des Mittelwestens werden als erste Überlegungen wegen seines Leumunds und seiner Fähigkeiten anstellen – und zwar in Kolumnen und Leitartikeln. Sie haben ausreichend Hintergrundmaterial über Kendrick bekommen, außerdem Bänder von Sitzungen des Partridge-Ausschusses, das Foxley-Programm und seine eigene doch ziemlich bemerkenswerte Pressekonferenz. Aus diesem Zentrum soll die Informationswelle nach Osten und Westen überschwappen. Sie alle haben von mir eine Kopie der Liste mit den Namen der Zeitungen, ihrer Leitartikler und Kolumnisten bekommen, die in dieser Phase mit der Angelegenheit befaßt sind...«
»Und die in unserem Kohleofen verbrannt werden muß«, fiel Winters ihm ins Wort.
»Selbstverständlich«; »natürlich«; »aber gewiß«, antworteten alle fast gleichzeitig.
Wer war der Lügner?
»Mich interessiert eines, Varak«, sagte Sundstrom. »Nach allem, was wir bisher über unseren Kandidaten wissen, von Ihnen erfahren haben, vermisse ich das berühmte ›Feuer-im-Bauch<, das Sie immer wieder erwähnen. Ist das nicht schrecklich wichtig? Muß er den Job denn nicht um jeden Preis haben wollen?«
»Er wird ihn wollen, Sir. Ich weiß inzwischen, daß er sich normalerweise zwar zurückhält, aber nicht zu bremsen ist, wenn die Umstände es erfordern.«
»Guter Gott, Samuel, ist er zufällig auch ein Rabbi?«
»Kaum, Mr. Mandel«, antwortete Varak und erlaubte sich ein kurzes Lächeln. »Zwei dramatische Gelegenheiten hat es bisher in seinem Leben gegeben – darunter eine, die für ihn selbst sehr gefährlich war -, und trotzdem hat er gehandelt, weil er das Gefühl hatte, etwas bewirken zu können. Die erste war sein Entschluß, einen korrupten Kongreßabgeordneten zu ersetzen, die zweite natürlich Oman. Kurz gesagt, er muß wieder überzeugt sein, daß seine Person und seine Fähigkeiten gebraucht werden, daß nur er – er ganz allein – dem Wohl des Landes dienlich sein kann.«
»Das ist ein großes Wort«, sagte Gideon Logan. »Meiner Meinung nach ist er ein Mann, der seine Fähigkeiten sehr realistisch einschätzt. Was machen wir, wenn er erklärt: >Das kann ich nicht«
»Dann müssen wir ihn davon überzeugen, daß es für das Land lebenswichtig ist, einen starken Vizepräsidenten zu haben, der von unseren Freunden und Feinden gleicherweise als Stimme der Vernunft respektiert wird. Wenn uns das gelingt, wird er sich, wie ich es sehe, für den schwereren Weg entscheiden und sich zur Verfügung stellen.«
»Nach allem, was wir von ihm wissen, halte ich das für sehr wahrscheinlich«, stimmte Gideon Logan zu. »Aber wer, zum Teufel, soll ihn davon überzeugen?«
»Es gibt nur einen einzigen Menschen, auf den er hört«, antwortete Varak und fragte sich im selben Atemzug, ob er damit nicht ein Todesurteil unterschrieb. »Emmanuel Weingrass.«
Nachdem er in der Dunkelheit zweimal falsch abgebogen war, fand Detective O’Reilly endlich die Straße, die zu Kendricks Haus führte. Seine Frau Ann hatte ihn alarmiert, da Evan Kendrick sich schon seit zwei Tagen nicht
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