Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
wenn Sie den Mund halten, bis Sie über ein bestimmtes Thema mit mir gesprochen haben. Ich vertraue Ihnen, Evän, und ich werde Sie ganz bestimmt nicht ausschließen. Überzeugen Sie mich. Sagen Sie mir, wo ich falsch liege – ohne Furcht und Tadel -, genau das braucht dieses gottverfluchte Office! Manchmal lasse ich mich mitreißen, und ich weiß, daß ich dann gezügelt werden muß. Fragen Sie meine Frau. Nach der letzten Pressekonferenz vor zwei Monaten ging ich hinauf in unsere Küche im Weißen Haus, wahrscheinlich weil ich auf Glückwünsche aus war. Statt dessen kriegte ich um die Ohren geschlagen: ›Für wen, zum Teufel, hältst du dich denn eigentlich? Für Ludwig den Vierzehnten mit königlichen Vorrechten? Du hast ungefähr so vernünftig geredet wie Schweinchen Dick!< Und meine Tochter,
die gerade auf Besuch bei uns war, hat irgendwas von einer Grammatik gemurmelt, die sie mir zum Geburtstag schenken wolle... Ich kenne meine Grenzen, Evan, aber ich weiß auch, was ich schaffen kann, wenn ich die besten Leute als Berater um mich habe. Sie haben uns den Müll vom Hals geschafft. Jetzt müssen Sie zu uns kommen.«
»Ich wiederhole, ich bringe nicht die richtigen Voraussetzungen mit.«
»Aber die Leute glauben das, und ich glaube es auch. Deswegen brauchen Sie ja bloß nur noch nach der Nominierung zu greifen. Machen Sie sich nichts vor, man hat Sie vielleicht dazu gezwungen, in die Startblöcke zu gehen, aber wenn ich Sie ablehnen wollte, würde mich das Millionen von Stimmen kosten. Das haben die PR-Leute klar und deutlich gesagt.«
»PR? Public Relations? Ist das denn alles, worauf es ankommt?«
»In einem viel größeren Ausmaß, als uns beiden lieb sein kann, aber ja, heutzutage ist das ein großer Teil dessen, worum sich alles dreht. Etwas anderes zu behaupten wäre gleichbedeutend damit, die Wirklichkeit zu leugnen. Lieber Leute wie Sie und mich als Dschingis Khan oder Adolf Hitler. Von unseren Meinungsverschiedenheiten abgesehen, wollen wir beide bewahren, nicht zerstören.«
Jetzt war es an Kendrick, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu mustern. »Lieber Himmel, Sie sind tatsächlich ein Charmeur.«
»Das ist mein Kapital, Mr. Vice President«, sagte Jennings grinsend. »Das und ein paar ehrliche Überzeugungen.«
»Ich weiß nicht. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.«
»Aber ich weiß es«, sagte Kalaila und griff nach Evans Hand. »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß die Außendienstmitarbeiterin Raschad in Pension geht.«
»Noch was«, sagte Präsident Langford Jennings mit hochgezogenen Augenbrauen. »Sie müssen heiraten. Es wäre äußerst ungehörig für meinen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, daß er in Sünde lebt. Ich meine, können Sie sich vorstellen, was die ganzen Evangelisten, die uns so viele Stimmen bringen, sagen würden, wenn Ihr augenblicklicher Status herauskäme? Das verträgt sich schlicht und einfach nicht mit meinem Image.«
»Mr. President?«
»Ja, Mr. Vice President?«
»Halten Sie die Klappe.«
»Gern, Sir. Aber ich möchte noch etwas hinzufügen, das der Klarstellung dient – um Himmels willen, sagen Sie meiner Frau bloß nicht, daß ich Ihnen das erzählt habe. Nachdem wir beide die Scheidung von unseren Ehepartnern hinter uns hatten, haben wir zwölf Jahre lang zusammengelebt und zwei Kinder bekommen. Den sprichwörtlichen Bund fürs Leben haben wir in Mexiko geschlossen, drei Wochen vor dem Parteitag, und dann haben wir die Eheschließung vordatieren lassen. Das ist nun wirklich ein Staatsgeheimnis.«
»Ich werde es nicht weitererzählen, Mr. President.«
»Das weiß ich. Ich vertraue Ihnen, und ich brauche Sie. Und wir beide werden dafür sorgen, daß es unserer Nation besser geht – und den größeren Anteil daran werden Sie haben.«
»Das möchte ich bezweifeln, Sir.«
»Ich nicht... Mr. President.«
Die Klingel der Präsidentensuite schlug wieder an. Viermal, jedesmal nicht länger als eine halbe Sekunde.
Titel der Originalausgabe THE ICARUS AGENDA
2. Auflage
Vollständige Deutsche Taschenbuchausgabe 02/2006
Copyright © 1988 by Robert Ludlum Copyright © 1998 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Coypright © 2006 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN 978-3-641-05233-1
http://www.heyne.de
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