Der Implex
»little figments of Buffy’s funny farm delusion« wären.
Damit figments (Einfälle) sich in der Wahrheit (funny farm delusion) entfalten und verwirklichen können, müssen die Irren wie die Künstler beachten, was Sigmund Freud für Traum-, Fehlleistungs- und sonstige Verdichtungs- oder Verschiebungsprozesse im Symbolischen »das Entgegenkommen des Materials« genannt hat: die Macht der Analogien, das Gesetz »like affects like«, die zahllosen Entsprechungen zwischen Makro- und Mikrokosmos: das älteste Spiel der Welt, Animismus, Synthesis, konstruktive Verwechslung, Voodoo. Das heißt allerdings nicht, daß moderne unwirkliche Kunst sich, wie der Vulgär-Saussure der Seminare das von fast allem glaubt, als freies, nur durch sich selbst beschränktes Spiel der Zeichen ohne Bezeichnetes verwirklichen würde: Die Puppen, in welche die Nadeln gepikt werden, stehen nicht für andere Puppen – aber eben auch nicht einfach für Leute, die man kennt. Die Frage wäre: Ob sie überhaupt »für« etwas stehen, ob es nicht die Puppen selber sind, die schreien, wenn der Künstler/der Irre sie mit der Ideen-Nadel sticht.
Die Puppen: Übers Unwirkliche an den populären unwirklichen Künsten haben wir jetzt lange und breit geredet, und alles ist noch nicht gesagt. Es wird aber höchste Zeit, auch einmal übers Populäre daran zu reden – die Analogie-Puppen für die Sorte Voodoo, um die es hier geht, sind nämlich massengefertigt, Fabrikware.
Der intelligenteste Ungläubige in Sachen kritische (unterscheidende) Popkulturbegleitung, dem wir bislang begegnet sind (er soll, weil er in diesem Zusammenhang nicht zitiert zu werden wünscht, namenlos bleiben; wichtig ist nur, daß er einem öffentlichen, schreibenden Beruf nachgeht, erfolgreich übrigens), hatte außer Amüsement darüber, daß die Einführung von Wertungen in die Popbetrachtung doch tatsächlich den alten Unterschied »E« versus »U« reproduziert (aber natürlich, so ist er ja entstanden und immer reproduziert worden, spätestens seit Shakespeare, den Zeitgenossen mit Recht als »Fatzke«, »Budenbesitzer« und »Menagerieprolet« [Benn] beargwöhnten), vor allem einzuwenden, eine Einstufung »dieser Dinge« ( Buffy, the Vampire Slayer , Pink Floyd, Archie -Comics) als Kunst ignoriere die beiden sehr wichtigen Kunstkriterien: a) Haltbarkeit (wir Heutigen kennen Homer, Leonardo und Wagner immer noch, obwohl sie, wie ihre minder geniale Konkurrenz, längst vergammelt sind), und b) Unwahrscheinlichkeit respektive Seltenheit (was ist das für eine Kunst, von der am Tag hunderttausend verschiedene Werke entstehen, und jedes dieser hunderttausend geht dann auch noch in Millionenstückzahl über den Sender oder in die Läden?).
Zu a): Ist religiöse Kunst wertvoller als profane Landschaftsmalerei, weil die Leute länger an Götter glaubten, als sie in der Natur lustwandeln konnten und können? Nein, lustwandeln konnten sie bloß nicht früher, als die Produktivkräfte so weit waren, Stichwort »Emanzipation vom Naturzusammenhang«, deren noch nicht ganz abgeschlossenes erstes Aufbruchsstadium die Götterei war, an die wir uns deshalb immer gern erinnern.
War Blake ein guter Künstler, als er lebte, ein schlechter, als er kurz darauf vergessen wurde, und dann wieder ein guter, weil ihn zufällig jemand wiederentdeckte? Das Kriterium »Haltbarkeit«, wollen wir damit sagen, unterschätzt den Zufall wie den Fortschritt.
Es ist, in seinem gewollten Historismus, selber unhistorisch und leugnet 1.) die Tragödie, daß es ganz sicher Kunst gegeben hat, die besser war als die erhaltene, aber eben irgendwelchen Bücherverbrennungen, Eroberungszügen und Künstlertodesfällen samt Hausratsauflösungen zum Opfer fiel, sowie 2.) die Tatsache, daß alles immer besser wird (wie wir das meinen, wird noch zu erklären sein, es muß jedenfalls geleugnet werden, weil ja auffällt, daß niemand etwas davon hat und man sich das irgendwie erklären müßte – wie kann alles immer besser werden und es allen dennoch nicht wirklich gut gehen, ja, wie können sich außerdem Zeichen finden lassen dafür, daß alles das, was da immer besser wird, zugleich auch immer schlechter wird, wie läßt sich dieses Paradox auflösen oder wenigstens verstehen? Aber da wird es gefährlich, und das Bestehende gerät in den Blick, nebst dem Umstand, daß es vielleicht gar nicht wert ist zu bestehen, wenn es die vorhandenen Verbesserungen auf Produktionsebene so schlecht nutzt).
Zu b)
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