Der Ire
hatte. »Das klingt alles sehr nach Rogan.« Sie gingen wieder in den Gepäckraum hinaus, und Vanbrugh schüttelte dabei den Kopf. »Aber warum nur? Das paßt nicht zu ihm. Ich kenne Sean Rogan seit Jahren. Das ist nicht seine Art.«
»Er hat lange gesessen, Sir«, warf Dwyer ein. »Vielleicht hat er sich verändert.«
Bevor Vanbrugh antworten konnte, beugte sich der Fahret des nächsten Streifenwagens aus dem Fenster und rief: »Inspektor Gregory, eine Meldung aus Kendal!«
Gregory sprang von der Rampe, ging zu dem Wagen und ließ sich das Mikrophon geben. Einen Augenblick später richtete er sich auf und winkte Vanbrugh heran.
»Die Deckadresse, die Sie suchen, scheint doch bekannt zu sein«, rief er ihm zu. »Offenbar weiß sie ein Briefträger, der mit einem verstauchten Knöchel zu Hause liegt. Deshalb war die erste Befragung erfolglos.«
Vanbrugh kam voller Eifer heran. »Wissen Sie, was das bedeutet?«
Gregory lächelte gelassen. »Jemand muß sich auf eine unangenehme Überraschung gefaßt machen, glaube ich.«
Die angegebene Adresse gehörte einem Mann, der in Kendal eine kleine Anzeigenannahme betrieb. Dort stand bereits ein Streifenwagen, als Gregory und die beiden Beamten von Scotland Yard ankamen. Harvey, der Postbote, saß mit einem Spazierstock zwischen den Knien auf dem Rücksitz und unterhielt sich mit der Besatzung des Streifenwagens.
»Mr. Harvey, ich bin Inspektor Gregory«, stellte Vanbrughs Begleiter sich vor. »Wissen Sie bestimmt, daß wir hier an der richtigen Adresse sind?«
»Wegen der Briefe, die Tomlinson für einen gewissen Charles Grant in Empfang genommen hat? O ja, Sir. Ich erinnere mich noch gut daran, daß er mir erzählt hat, daß er für seine Mühe zehn Schilling wöchentlich bekommt.«
Gregory sah zu seinen beiden Leuten hinüber. »Sind Sie schon bei ihm gewesen?«
»Noch nicht, Sir.«
Er nickte Vanbrugh zu. »Nach Ihnen.«
Tomlinson war ein Mann in mittleren Jahren mit grauem Haar und einer mit Isolierband geflickten Hornbrille. Als sie hereinkamen, stand er hinter dem Ladentisch und beugte sich vor, um zu sehen, wer die ganze Aufregung verursachte.
»Mr. Tomlinson?« fragte Gregory. »Ich bin Inspektor Gregory. Dies hier sind Chefinspektor Vanbrugh und Sergeant Dwyer von Scotland Yard. Soviel wir gehört haben, müßten Sie uns bei unseren Ermittlungen helfen können.«
Tomlinson schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden.«
»Sie haben Briefe für einen Mr. Charles Grant, die an diese Adresse gerichtet waren, in Empfang genommen?«
Tomlinson nickte zögernd. »Das ist doch erlaubt, nicht wahr?«
»Wir glauben, daß Mr. Grant ein Mann ist, den wir suchen. Wissen Sie, wo er sich jetzt aufhält?«
»Nein«, antwortete Tomlinson. »Ich habe ihn nur einmal gesehen. Ein alter Mann mit einem Krückstock. Ein Ire, glaube ich, obwohl er einen schottischen Namen hat.«
»Sind viele Briefe für ihn gekommen?«
Tomlinson nickte. »Drei bis vier pro Woche. Eine junge Frau hat sie fast jeden Nachmittag abgeholt.«
»Wissen Sie, wie sie heißt?«
Tomlinson schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich habe sie ein paarmal in Ambleside auf dem Markt gesehen. Sie war dort mit dem alten Costello - Paddy Costello. Er hat eine Schaffarm bei Scardale. Costello ist in allen Kneipen bekannt.«
Gregory eilte hinaus und wies den Fahrer des Streifenwagens an: »Rufen Sie die Zentrale. Jemand soll das Polizeirevier in Ambleside anrufen und sich nach einem gewissen Paddy Costello erkundigen, der eine Farm bei Scardale hat.«
Vanbrugh und Dwyer kamen herein. Gregory bot ihnen sein Zigarettenetui an. Sie standen nervös rauchend neben dem Wagen, bis die Antwort eintraf.
»Der Sergeant in Ambleside kennt Costello gut«, meldete der Fahrer schließlich. »Er ist schon mehrmals wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses vorbestraft. Ihm gehört eine Farm in Scardale unterhalb des alten Bergwerks.«
»Wohnt er dort allein?«
»Sein Sohn lebt bei ihm. Seit fast einem Jahr auch seine
Nichte. Hannah Maria Costello. Ebenfalls vorbestraft, Sir.«
Gregory wandte sich an Vanbrugh. »Ziemlich vielversprechend, was?«
Der Fahrer unterbrach ihn. »Entschuldigen Sie, Sir, aber dieser Soames ist in Broughton festgenommen worden. Was soll mit ihm geschehen?«
»Wir haben Wichtigeres vor«, entschied Vanbrugh. »Veranlassen Sie, daß er nach Kendal
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