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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Gänse, die Milos Vorlesungen stürmten, obwohl sie, Rebecca musste es zugeben, auch ihren Nutzen hatten, indem sie dem Abend einen gewissen jugendlichen Schick verliehen.  
    So unterhaltsam es war, die Gästeliste aufzusetzen, so grauenvoll waren die Stunden unmittelbar vor dem Fest. Ganz gleich, wie zeitig sie mit den Vorbereitungen begann, die Zeit schien immer zu kurz zu sein. Wenn sie jeden Handgriff selbst hätte erledigen können, hätte alles perfekt geklappt, aber das konnte sie nicht. Aushilfen mussten gefunden, Essen und Getränke besorgt werden. Und so oft waren die Aushilfen, die die Agentur schickte, entweder faul oder inkompetent. Diese hier war weinerlich. Nur ein Wort, und sie drohte in Tränen auszubrechen. Rebecca hatte das Besteck am Ende selbst poliert, nachdem die Unterlippe des Mädchens bedrohlich zu beben begonnen hatte, als sie sie auf einen Fleck an einer Gabel aufmerksam machte.  
    Zum Glück war auch noch Mrs. Hobbs da, um ihr zu helfen. Sie war die Tageshilfe der Rycrofts. Im Augenblick fegte sie mangels eines Staubsaugers den Flurteppich energisch mit einem Besen. Nach einem Fest oder einer Abendgesellschaft setzten sich Rebecca und Mrs. Hobbs immer in der Küche zusammen, um noch eine Tasse Tee zu trinken und eine Zigarette zu rauchen. Meistens waren sie zu müde, um viel zu reden, aber die Erleichterung darüber, dass es vorbei war und alles geklappt hatte, verband sie.  
    Wenn es denn klappte. Aber sie war ja jedes Mal nervös, und doch waren ihre Feste immer ein Erfolg. Nur – es konnte auch einmal schiefgehen. Diesmal hatte sie Grund, sich zu sorgen – Milo würde sich wegen des Kuchens aufregen, das Mädchen würde womöglich mitten im schönsten Feiern losheulen, und sie selbst hatte starke Zweifel, ob sie sich für diesen Abend das richtige Kleid gekauft hatte. Es war rot – nicht knallrot, nein, es hatte ein natürliches, kräftiges Rot. Sie hatte es in ihrem kleinen Lieblingsladen, Chez Zélie , in Oxford gekauft. Es war aus einem feinen, fließenden Wollstoff, der sich weich um ihren Körper schmiegte. War sie mit achtunddreißig zu alt für ein rotes Kleid, das sich so anschmiegte?  
    Während sie auf dem Boden sitzend den Staubsauger auseinandernahm, ging sie im Kopf Listen durch. Cocktails, dann Champagner, später vielleicht Whisky für die Männer. Sie hatten ein kaltes Büfett aufgebaut, viel einfacher als ein warmes Essen, und den Gästen machte es Spaß, sich aussuchen zu können, wonach ihnen gerade der Sinn stand. Kaltes Hühnchen, Schinken, Vol-au-vents, pikante Brötchen, russischer Salat, Oliven, Kartoffelchips, gesalzene Mandeln. Musik – ja nicht die Musik vergessen. Im Allgemeinen wählte Milo die Platten aus. Rebecca stand auf, zog einen Vorhang zur Seite und schaute zum Fenster hinaus. Es war fast dunkel – wo um alles in der Welt blieb er nur? Mit einem gereizten Seufzer nahm sie sich wieder den Staubsauger vor, hielt den Schlauch in die Höhe und spähte mit zusammengekniffenen Augen ins Innere. Irgendetwas schien festzusitzen, aber mit der Hand kam sie nicht hin. Vielleicht ließ es sich mit einer Toastgabel herausziehen? Nein, zu kurz.  
    Sie ging nach draußen. Es war klirrend kalt, dennoch ein herrlicher Abend mit einem klaren Sternenhimmel. Gefrorenes Gras knirschte unter ihren Füßen. Sie sog ein paar Züge eisige Luft ein und wurde ruhiger. Neue Befürchtungen meldeten sich, als sie die Tür zum Geräteschuppen öffnete, um nach einer Bohnenstange zu suchen. Der Januar war immer ungünstig für Feste – vereiste Straßen, Erkältungswellen konnten jedem Gastgeber einen Strich durch die Rechnung machen. Bisher hatte allerdings niemand abgesagt, aber manche Leute, vor allem Milos Freunde, konnten in solchen Dingen ziemlich lax sein.  
    Sie grub eine Bohnenstange aus dem Gerümpel in einer Ecke des Schuppens und ging wieder ins Haus. Nach einigem Stochern gelang es ihr, ein graues Knäuel aus Staub und Hundehaaren und einem ihrer Strümpfe aus dem Schlauch zu fummeln. Sie legte den Strumpf zur Wäsche beiseite, setzte den Staubsauger wieder zusammen und rief Mrs. Hobbs zu, dass die Panne behoben sei. Danach ging sie von Raum zu Raum, um zu prüfen, ob alles in Ordnung war, rückte hier eine Kerze, dort eine kleine Lampe zurecht und schüttelte den Kopf, als sie hinter einem Stuhl im Flur ein zerknittertes Bonbonpapierchen entdeckte. Sie warf einen kurzen Blick in Milos Arbeitszimmer, um sich zu vergewissern, dass es nicht

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