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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Hocke, wirkt aber unzufrieden über den Schußwinkel. Er will nicht den Marine treffen, der vielleicht noch am Leben ist, hat jedoch keine Ahnung, wie das Glas die Flugbahn der Kugel beeinflussen wird. Rasch und entschlossen schreitet er um den Wagen, bevor er in seine Ausgangsposition zurückkehrt. »Die anderen Türen sind auch blockiert.«
    Er ist gefaßt; ich weiß, was er denkt. Er hat geschworen, das üble Karma auszulöschen, das ihm seit dem Mord an dem yaa-baa-H ä ndler anhaftet, indem er in diesem Leben ein buddhistischer Heiliger, ein arhat, wird. Ein arhat opfert sein Leben bereitwillig der Pflicht, ein arhat bezwingt die Angst.
    Er geht noch einmal in die Hocke, zielt und feuert. Ein guter Schuß! Drei Viertel des Pythonkopfes sind verschwunden. Pichai löst die Metallklammer von der Tür und öffnet sie. Der riesige Marine, um dessen Hals die Schlange nun schlaff liegt, kippt gegen die Tür, die Pichai entgleitet. Bevor ich ihm helfen kann, sind der Marine und die Python bereits auf meinen Freund gefallen. Den Schrei, den er ausstößt, schreibe ich seiner Angst zu; erst als ich mich ihm nähere, sehe ich ungläubig die kleine Kobra, die sich an seinem linken Auge festgebissen hat. Mit einem Ruck zerre ich ihn unter dem Marine heraus, ziehe meine Waffe und lege mich neben ihn, während er mit einer Hand gegen die Kobra kämpft.
    Die Naja siamensis läßt nicht mehr los, wenn sie einmal zugebissen hat. Ich schieße ihr durch den Hals. Erst jetzt verstehe ich, was Pichai mir unter Schmerzen zu erklären versucht: Dutzende solcher Schlangen, eine richtige Kaskade, ergießen sich merkwürdig zitternd und zischelnd aus dem Innern des Wagens. Eine lugt zwischen den Hemdknöpfen des schwarzen Mannes hervor, seine Haut scheint in Bewegung zu sein.
    »Laß sie nicht zu den Leuten. Erschieß sie. Die sind auf Drogen; sonst würden sie nicht so zittern.«
    Er will mir sagen, daß er so gut wie tot ist, daß es keinen Sinn hat, per Funk Hilfe anzufordern. Selbst ein Hubschrauber würde zu spät kommen. Niemand überlebt einen Kobrabiß ins Auge. Das Auge hat mittlerweile die Größe eines Golfballs und droht aus der Höhle zu quellen. Die Schlangen nähern sich in benebeltem Wahn. Wie betäubt fange ich an, sie zu erschießen, und steigere mich selbst in einen Wahn. Ich renne zum Toyota, um mehr Munition zu holen, wechsle den Ladestreifen siebenmal. Mit vor Entsetzen verzerrtem Gesicht warte ich darauf, daß die Schlangen aus der Kleidung des schwarzen Mannes hervorkriechen. Eine nach der anderen schlängeln sie sich heraus, und ich erschieße sie. Ich schieße noch, als längst alle Kobras tot sind.

4
    Nach dem Mord an dem yaa-baa- Händlerarrangierten unsere Mütter ein Gespräch mit dem Vorsteher eines Waldklosters oben im Norden, der uns erklärte, wir seien die niedrigste Lebensform aller zehntausend Universen. Pichai hatte die zerbrochene Flasche in die Halsschlagader der Menschheit und damit auch des Buddha gestoßen, während ich kichernd dabeistand. Nach sechs Monaten voller Moskitos und Meditation hatte die Reue unsere Herzen ausgehöhlt. Weitere sechs Monate später wies der Klostervorsteher uns an, unser Karma zu heilen, indem wir Polizisten würden. Sein jüngster Bruder war Police Colonel Vikorn, der Chef von District 8. Der Weg der Korruption blieb uns versagt. Wenn wir der Hölle der Mörder entgehen wollten, mußten wir ehrliche Cops sein, mehr noch: arhat- Cops . Der Klostervorsteher ist zweifelsohne selbst ein arhat, ein Anwärter auf die Erwachung, der freiwillig auf der Schwelle zum Nirwana verharrt, um seine Weisheit an Würmer wie uns weiterzugeben. Er weiß alles. Pichai ist jetzt bei ihm, während ich in diesem Schmutz des Lebens auf der Erde bleibe. Ich muß mir mehr Mühe geben beim Meditieren.

5
    Nachdem ich Pichai mit meiner Jacke zugedeckt hatte, wartete ich neben dem Toyota auf meine Kollegen mit dem Streifenwagen und dem Transporter. Sobald sie da waren, sammelten sie die toten Schlangen ein und nahmen den Tatort mit der Videokamera auf. Vier Männer waren nötig, um die Python wegzutragen, die ihnen immer wieder von den Schultern rutschte. Ich begleitete Pichai und den schwarzen Marine in dem Transporter zur Leichenhalle und blieb auch bei ihnen, als einer der Angestellten dort meinen Freund auszog. Ich versuchte, die linke Seite seines Gesichts nicht anzusehen. Der riesige Schwarze lag auf einer Bahre daneben, sein nackter Körper bedeckt mit rußfarbenen Beulen und

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