Der Jäger
gegangen waren, auf Durant zu.
»Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?« Er hatte ein sympathisches, offenes Gesicht und eine angenehme Stimme. Durant schätzte ihn auf Anfang bis Mitte dreißig.
»Bitte.«
»In welchem Umfeld vermuten Sie den Täter?«
Julia Durant lächelte ihn an und antwortete: »Wenn ich Ihnen das jetzt sagen würde, würde dies unsere derzeit laufenden Ermittlungen möglicherweise erheblich behindern. Haben Sie bitte Verständnis, wenn ich Ihnen dazu keine Auskunft gebe.«
»Kann ich daraus entnehmen, dass Sie ihn schon eingekreist haben?«
»Kein Kommentar. Aber Sie könnten uns einen großen Gefallen tun. Lesen Sie die Liste, und drucken Sie einen möglichst ausführlichen Artikel, mit Fotos der Opfer, wer sie zuletzt gesehen hat, et cetera pp. Alle relevanten Informationen finden Sie in der Mappe.«
»Wäre es möglich, eine Exklusivstory zu bekommen?«, fragte Kuhn.
Julia Durant schüttelte den Kopf. »Wir sind nicht in Amerika. Sobald wir ihn haben, werden wir uns alle hier wieder versammeln.«
»Nur ein kleiner Hinweis vorab?«
Sie zögerte, blickte um sich. »Geben Sie mir Ihre Nummer«, sagte sie leise. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber dann schulden Sie mir etwas.«
»Und was?«, fragte er, während er Durant unauffällig seine Visitenkarte überreichte.
»Ihr Journalisten seid doch sonst immer so phantasievoll«, erwiderte sie mit einem vielsagenden Lächeln und gab ihm ebenso unauffällig ihre Karte. »Lassen Sie sich etwas einfallen. So, und jetzt muss ich leider gehen.«
»Noch einen Moment«, sagte Kuhn. »Ich bin mit Herrn van Dyck recht gut bekannt. Und seine Tochter habe ich auch mal kennen gelernt. Vielleicht kann ich Ihnen sogar weiterhelfen.«
»Gehen wir dort rüber.« Sie deutete zum Fenster hin. »Wie gut kennen Sie die van Dycks?«
»Ich habe einige Zeit in der Presseabteilung seiner Produktionsfirma gearbeitet. Dadurch sind wir uns zwangsläufig näher gekommen.«
»Und was können Sie mir über ihn sagen? Oder besser, was wissen Sie über seine Tochter?«
»Sehr still, sehr zurückhaltend. Aber sie war damals gerade mal dreizehn, vierzehn. Ich weiß nicht, wie sie sich in der Zwischenzeit entwickelt hat.«
»Sie war immer noch sehr zurückhaltend.«
»Stehen wirklich alle relevanten Sachen in der Mappe?«, fragte er.
»Ich denke schon. Lassen Sie uns doch mal schnell gemeinsam einen Blick darauf werfen.«
Er las schweigend. Nach einer Weile fragte er: »Was hat sie in der Stadt gemacht?«
»Das überprüfen wir noch. Vermutlich war sie einkaufen. Wir klappern im Augenblick alle Geschäfte ab. Wenn sie mit Kreditkarte bezahlt hat, dann müssten wir eigentlich schnell rausfinden, wo sie wann war. Und jetzt muss ich wirklich gehen.«
Die Kommissarin packte ihre Tasche und verließ zusammen mit Hellmer den Konferenzraum.
»Was hast du mit diesem Typ zu besprechen gehabt?«, fragte Hellmer misstrauisch.
»Nichts weiter. Er war einfach nett und unaufdringlich. Und ich bin sicher, er wird einen guten Artikel schreiben.«
Sie begaben sich in Bergers Büro. Eine weitere halbe Stunde sprachen sie über die zurückliegende Pressekonferenz. Schließlich fragte Berger: »Meinen Sie wirklich, er hat jetzt aufgehört?«
»Das werden wir wissen, wenn in den nächsten Tagen kein weiterer Mord geschieht. Doch ein Gefühl sagt mir, dass wir nur noch einen Schritt von der Lösung des Falls entfernt sind. Fragen Sie mich aber um Himmels willen nicht, woher dieses Gefühl kommt. Es ist einfach da. Er ist in einem relativ überschaubaren Personenkreis zu finden, und ich bin sicher, wir haben sogar schon mit ihm gesprochen oder ihn zumindest gesehen. Und auf diesen Personenkreis werden wir uns in den nächsten Tagen konzentrieren.«
»Und wer gehört Ihrer Meinung nach alles zu diesem Personenkreis?«
»Richter und seine Frau, die Kleibers, die Maibaums, die van Dycks und – Ruth Gonzalez.«
»Was?«, entfuhr es Kullmer entsetzt. »Sie spinnen doch! Die Gonzalez ist doch keine Massenmörderin!«
Julia Durant sah ihn süffisant lächelnd an. »Hatten Sie gestern einen schönen Abend mit ihr?«
»Kein Kommentar.«
»Wie lange waren Sie denn zusammen?«
»Von sieben bis neun«, antwortete er barsch.
»Und was hat sie danach gemacht? Oder hat Sie Ihnen das nicht verraten?«
»Woher soll ich das wissen? Ich weiß nur, dass wir uns für heute Abend verabredet haben.«
»Gut, Herr Kullmer, dann sage ich Ihnen jetzt etwas. Für mich zählt jede der eben
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