Der Jäger
auf den Tisch.«
»Irgendwelche andere Spuren?«, fragte sie und nahm einen tiefen Zug an der Zigarette.
»Auch darauf warte ich noch«, antwortete Berger zögernd, ohne die Kommissarin anzusehen.
»Sie ist nicht am Fundort getötet worden«, bemerkte Durant leise.
»Und wie kommen Sie darauf?«, fragte Berger, der scheinbar gelangweilt einen Stift zwischen seinen Fingern drehte.
»Sie ist dorthin gebracht worden. Außerdem hätte man sie in diesem Park schon früher gefunden.«
»Es hat seit vorgestern bis heute Nacht fast die ganze Zeit geregnet, und es war ziemlich kalt und windig«, bemerkte Hellmer und steckte sich eine Marlboro an. »Wer hält sich bei diesem Mistwetter schon im Park auf?«
»Egal. Der Fundort ist gut einsehbar, man kann womöglich sogar mit dem Auto dorthin fahren. Tatort und Fundort sind nicht identisch. Meiner Meinung nach … Aber hören wir uns erst mal an, was ihr Mann uns zu erzählen hat. Frank«, sagte sie und warf ihm einen Blick zu, »du kommst mit. Ich will das nicht allein machen.« Sie drückte ihre Zigarette aus und nahm ihre Tasche. »So hab ich mir den Wochenbeginn immer vorgestellt«, seufzte sie.
»Ach ja«, rief Berger ihnen hinterher, bevor Durant und Hellmer das Büro verließen, ohne die Kommissare anzusehen, »da ist noch eine Kleinigkeit, die ich vielleicht erwähnen sollte. Ein kleines Detail nur – in ihren Schamlippen steckte eine goldene Nadel.«
»Was?«, fragte Durant mit hochgezogenen Augenbrauen und kam zurück. »Ist das auf den Fotos zu sehen?«
»Nein. Da der Boden stark aufgeweicht und sie vollständig bekleidet war, wurde sie gleich in die Rechtsmedizin gebracht. Erst dort hat man das festgestellt. Ich wollte es nur erwähnen.«
»Scheiße«, entfuhr es der Kommissarin leise, »das ist doch …wie vor einem Jahr! Wann war es noch mal? Oktober und November?«
»28. Oktober und 13. November. Ich weiß, was Sie jetzt denken. Und Sie haben sicher Recht.«
»Das Gleiche wie bei Albertz und Weidmann. Und wir dachten, der Täter hätte …« Sie rollte mit den Augen und setzte sich wieder. »Wieso rücken Sie erst jetzt mit der Sprache raus?«, fragte sie wütend.
»Tut mir Leid, ehrlich. Ich wollte es Ihnen eigentlich schonend beibringen, aber …«
»Ob schonend oder nicht, es macht keinen Unterschied! Diese gottverdammte Drecksau fängt wieder an! Und wie! Und wir haben bis heute nicht den Hauch einer Spur, wer die beiden vom letzten Jahr auf dem Gewissen hat! Seit einem Jahr kümmert sich eine Soko um die Sache, ohne auch nur einen Schritt weiterzukommen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er noch einmal zuschlägt. So kann man sich irren.« Sie zündete sich eine Gauloise an und inhalierte tief. Ihre Augen gingen von Berger zu Hellmer und Kullmer. »Und ich hatte also Recht, sie ist dorthin gebracht worden. Denn auch die Albertz und die Weidmann wurden an Orten gefunden, die weit weg von ihrem Zuhause lagen. Ich bin echt mal auf den Autopsiebericht gespannt.« Sie hielt inne, sah Berger mit gefährlich funkelnden Augen durchdringend an, stützte sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch und zischte: »Und wenn Sie tausendmal mein Chef sind, ich will, dass Sie mir in Zukunft von Anfang an alles sagen. Oder haben Sie etwa Angst vor mir?«
»Ich hab doch schon gesagt, es tut mir Leid.«
»Schön, und jetzt kennen Sie meinen Standpunkt. Wir haben bis heute nicht herausfinden können, ob Albertz und Weidmann je miteinander zu tun hatten. Es gibt nicht einen einzigen Hinweis auf eine Verbindung. Und jede Spur, die zu einem Täter führen könnte, endet bis jetzt im Nichts. Und nun haben wir Opfer Nummerdrei. Die Sache wird für uns alle allmählich brenzlig. Wenn der Kerl weitermacht …«
»Das wissen wir doch noch gar nicht«, versuchte Berger sie zu beschwichtigen. »Und ich kann Ihre Wut verstehen, ehrlich.«
»Das glaub ich kaum! Wenn Sie sie verstehen würden, würden Sie nicht so ruhig dasitzen! Ich möchte nur zu gerne wissen, was hinter der ganzen Sache steckt. Und was machen wir jetzt?«
»Wir fahren erst mal zu dem Mann von der Müller. Alles Weitere besprechen wir nachher. Komm, Julia, nimm’s nicht so schwer. Du hast doch schon mehr Morde erlebt«, sagte Hellmer und fasste Durant bei der Schulter.
»Aber nicht solche! Das hier ist etwas ganz Besonderes.«
Als Julia Durant und Frank Hellmer über den langen, düster wirkenden Gang liefen und ihre Schritte von den Wänden widerhallten, sagte Hellmer: »Ich weiß, was du
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