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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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brach und sie versanken. Ganze Familien sind Hand in Hand gegangen - und eine Minute später ertrunken, im eisigen Wasser erfroren. Es heißt, man hätte das Eis bis hinauf zu den Weingärten krachen hören. Ich war zu der Zeit im Schloss es lag unter Beschuss. Ich dachte, die Mauern würden über uns zusammenbrechen. Der größte Teil davon wurde auch tatsächlich zerstört. Aber in den Kellern waren wir sicher. Einen Tag später war das Militär weitergezogen, und ich bin in das Dorf zurückgegangen, wo ich zur Welt gekommen war, der einzigen Heimat, die ich je gekannt hatte - doch da war nichts mehr.«
    Ihre Stimme war immer leiser geworden, war nur noch ein Flüstern. »Nichts als Plünderung und Vernichtung. Verkohlte Ruinen, Schutt und Asche. Das eine oder andere Bauernhaus auf dem Berg war der Zerstörung entgangen. Aber das Dorf Molnar, das die Plünderung durch die Rumänen, die Tataren und die Türken überstanden hatte, gab es nicht mehr. Ausgelöscht. Und im Fluss trieben so viele Leichen wie Eisschollen. Und dazwischen, nackt, aufgebläht, blau gefroren die Leichen meiner eigenen Eltern.«
    Sie griff sich mit der Hand an die Stirn »Wenn man sieht, was Menschen einander antun können, dann . dann schämt man sich, am Leben zu sein.«
    Die beiden Amerikaner blieben eine Weile stumm.
    »Wie kam es, dass Sie im Schloss lebten?«, fragte Janson nach einer Weile.
    Die alte Frau lächelte, erinnerte sich. »Janos Ferenczi-Novak - ein wunderbarer Mensch, und seine Illana war das auch. Ihnen zu dienen war ein Privileg, das habe ich nie vergessen. Sehen Sie, meine Eltern und meine Großeltern und meine Urgroßeltern haben das Land bestellt. Sie waren Bauern, aber im Laufe der Zeit hat der Baron ihnen kleine Stücke Land übereignet. Sie haben Kartoffeln angebaut und Trauben und alle möglichen Beeren. Auf mich haben sie große Hoffnungen gesetzt, glaube ich. Ich war ein hübsches kleines Mädchen. Es stimmt schon. Sie dachten, wenn ich als Dienstmädchen im Schloss arbeite, würde ich dort einiges lernen. Vielleicht würde der Graf mich mit nach Budapest nehmen, und ich würde dort einen ganz besonderen Mann kennen lernen. Meine Mutter hatte solche Träume. Sie kannte eine der Frauen, die in Ferenc-zi-Novaks Haushalt tätig waren, und hat mich, ihr kleines Mädchen, ihr vorgestellt. Und dann hat eines zum anderen geführt, und schließlich habe ich den großen Mann selbst kennen gelernt, Graf Ferenczi-Novak, und seine wunderschöne blauäugige Frau Illana. Der Graf hat sich immer häufiger in Budapest aufgehalten, in den Kreisen der Regierung des Reichsverwesers Horthy. Er stand Miklos Kallay nahe, der später Premierminister wurde. Ich glaube, er war irgendein hoher Minister in Kallays Regierung. Der Graf war ein gebildeter Mann. Die Regierung brauchte Männer wie ihn, und er fühlte sich verpflichtet, dem Dienst an seinem Land nachzukommen. Aber trotzdem hat er damals immer wieder ein paar Wochen auf seinem Landbesitz in Molnar verbracht. Ein winziges Dorf. Mit einem Gasthaus. Der Krämer, ein Jude aus Hodmezöva-sarhely, aber hauptsächlich Bauern und Waldarbeiter. Einfache Leute, die sich im Schweiß ihres Angesichts im Tal der Theiß ihren Lebensunterhalt verdient haben. Und dann kam der Tag, an dem meine Mutter mich in das Schloss auf dem Hügel gebracht hat - das Schloss, von dem wir als Kinder alle gedacht hatten, dass es Teil des Berges selbst sei.«
    »Es muss anstrengend sein, sich an etwas zu erinnern, das vor so langer Zeit geschah«, meinte Jessie.
    Die alte Frau schüttelte den Kopf. »Was gestern war, ist in den Nebeln der Vergangenheit versunken. Aber was vor sechzig Jahren geschah, sehe ich, als ob es gerade erst geschehen wäre. Der lange, lange Weg an den Stallungen vorbei. Die Steinpfeiler mit den abgewetzten Reliefs. Und dann, im Inneren die große Freitreppe, die abgetretenen Stufen. Es hat mir den Atem genommen. Betrunkene Gäste sagten, die Leute würden auf den abgetretenen Stufen leicht ausgleiten. Später, als ich zum Personal gehörte, habe ich manchmal gehört, wie die Gräfin Illana über solche Dinge sprach - sie hat sich immer darüber lustig gemacht, es nicht ernst genommen. Sie mochte die Geweihe an den Wänden nicht - ob es wohl irgendein Schloss ohne solche Geweihe gibt?, hat sie sich erregt. Die Gemälde von Teniers, Teniers dem Jüngeren. >Wie jedes Schloss in Mitteleuropa^ hörte ich die Gräfin einmal zu jemandem sagen. Die Möbel. >Sehr später Franz Josephe, sagte sie

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