Der Janusmann
nicht mein bester. So hatte sein Sohn ihm letztlich doch das Leben gerettet. Wäre ich vom Schwimmen nicht so müde gewesen, hätte ein besserer Schlag ihm das Genick gebrochen.
Quinn ließ seine Zigarre fallen. Wollte in eine Tasche greifen. Ich traf ihn mit einem Magenhaken. Die Luft entwich aus seiner Lunge. Er klappte nach vorn zusammen und sank auf die Knie. Ich stieß ihn so nach vorn, dass er auf dem Bauch zu liegen kam. Dann kniete ich mich auf seinen Rücken, zog das Stemmeisen aus meinem Schuh und rammte es ihm hinter dem linken Ohr ins Gehirn. Er war tot, bevor ich es halb hineingestoßen hatte. Ich ließ es stecken. Nachdem ich den Holzgriff mit dem Geschirrtuch abgewischt hatte, breitete ich das Tuch über seinen Kopf und stand erschöpft auf.
»Zehn-achtzehn, Dom«, sagte ich mir.
Ich zog die Autoschlüssel aus Becks Tasche und trat wieder auf den Flur. Verließ durch die Küche das Haus. Der Blick der Köchin folgte mir. Ich ging zum Vordereingang, setzte mich ans Steuer des Cadillacs und fuhr los.
Für die Fahrt zu Duffys Motel brauchte ich eine halbe Stunde. Villanueva und sie befanden sich mit Teresa Justice in seinem Zimmer. Sie war nicht mehr Teresa Daniel und auch nicht mehr püppchenhaft aufgeputzt. Hatte jetzt einen Bademantel des Motels an und sah müde und erschöpft aus. Die Wirkung der Drogen war abgeklungen. Sie starrte mich entsetzt an. Im ersten Moment dachte ich, sie halte mich vielleicht für einen von Quinns Leuten, aber dann erblickte ich mich im Spiegel an der Kleiderschranktür und wusste, weshalb sie mich so entgeistert anschaute. Ich war klatschnass und zitterte, als hätte ich Schüttelfrost. Meine Haut sah leichenblass aus. Meine Unterlippe war wieder aufgeplatzt, und die Wunde hatte sich an den Rändern bläulich verfärbt. Ich wies frische Prellungen auf, wo die Brandung mich gegen den Felsen geworfen hatte. Hatte Seetang im Haar und Schlamm am Hemd.
»Ich bin ins Meer gefallen«, sagte ich.
Keiner sprach.
»Ich gehe jetzt unter die Dusche«, verkündete ich.
Hinterher sah ich besser aus. Aber ich hatte keine trockenen Kleider. Villanueva half mir mit seinen Sachen aus. Sie waren etwas zu kurz und zu weit, aber ich würde sie unter seinem alten Regenmantel verstecken können. Wir ließen uns Pizzas bringen. Den harten Pizzaboden konnte ich nicht kauen. Also begnügte ich mich damit, nur den Belag zu essen. Teresa Justice ging zu Bett. Sie schüttelte mir die Hand, wünschte mir eine gute Nacht. Sie wusste nicht, wer ich war.
»Roofies löschen das Kurzzeitgedächtnis«, erklärte Villanueva mir.
Dann redeten wir Klartext. Duffy war sehr bedrückt. Sie hatte bei einem illegalen Unternehmen drei Agenten verloren. Und dass ich’s geschafft hatte, Teresa rauszuholen, half ihr nichts. Weil Teresa dort von Anfang an nichts zu suchen gehabt hatte.
»Dann kündige einfach«, schlug ich vor. »Geh stattdessen zum ATF. Dem hast du gerade einen großen Erfolg auf einem Silbertablett serviert.«
»Ich gehe in den Ruhestand«, meinte Villanueva. »Ich bin alt, und mir reicht’s.«
»Ich kann nicht in den Ruhestand gehen«, sagte Duffy.
Im Restaurant, in dem wir am Abend vor der Verhaftung gegessen hatten, hatte Dominique Kohl mich gefragt: »Warum tun Sie das eigentlich?«
Ich wusste nicht, was sie meinte. »Was? Mit Ihnen zu Abend essen?«
»Nein, bei der Militärpolizei arbeiten. Sie könnten überall Karriere machen. Bei den Special Forces, beim Nachrichtendienst, bei der Air Cavalry, wo Sie wollen.«
»Sie aber auch.«
»Ja, ich weiß. Und ich weiß, warum ich das tue. Ich möchte wissen, weshalb Sie’s tun.«
Dies war das erste Mal, dass jemand mich danach fragte.
»Weil ich schon immer ein Cop sein wollte«, erwiderte ich. »Aber ich sollte unbedingt zum Militär. Mein Vater war Berufssoldat, da gab’s nichts anderes. Also bin ich ein Militärcop geworden.«
»Das ist keine richtige Antwort. Weshalb wollten Sie ein Cop sein?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist einfach meine Art. Cops bringen Dinge in Ordnung.«
»Was für Dinge?«
»Sie kümmern sich um Leute. Sie stellen sicher, dass der kleine Mann nicht unter die Räder kommt.«
»Das ist alles?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein«, antwortete ich. »Eigentlich nicht. In Wirklichkeit ist mir der kleine Mann egal. Ich hasse nur die großen Kerle. Ich hasse Schlägertypen. Leute, die andere übervorteilen. Die mit allem durchkommen.«
»Dann erreichen Sie also aus falschen Gründen das
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