Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
wahrscheinlich, welches Schicksal ihr bevorstand. Und sie kannte mich nicht. Aus ihrer Sicht war ich vermutlich einer der Männer, der gekommen war, um sie zu holen. Außerdem war sie eine ausgebildete Agentin. Forderte ich sie jetzt zum Mitkommen auf, würde sie sich vielleicht wehren. Und ich wollte auf keinen Fall Lärm machen. Noch nicht.
    Aber dann sah ich ihr nochmals in die Augen. Ihre Pupillen waren unnatürlich geweitet. Sie war sehr ruhig. Träge und benommen. Sie stand unter Drogen. Vielleicht unter dem Einfluss irgendwelcher exotischer Substanzen. Wie hieß das Zeug gleich wieder? Die Droge, die Vergewaltigungsopfer willenlos machte? Rohypnol? Rophynol? Ich konnte mich nicht an den Namen erinnern. Nicht mein Fachgebiet. Duffy oder Villanueva hätten ihn gekannt. Dieses Zeug machte Menschen passiv und willenlos.
    »Teresa?«, flüsterte ich.
    Sie sah zu mir auf.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    »Mir geht’s gut«, antwortete sie.
    »Kannst du gehen?«
    »Ja.«
    »Dann komm mit.«
    Sie stand auf, hatte wacklige Beine. Muskelschwäche, vermutete ich. Schließlich war sie neun Wochen eingesperrt gewesen.
    »Hierher«, sagte ich.
    Ich streckte meine Hand aus. Sie ergriff sie. Ihre Haut war warm und trocken.
    »Komm«, sagte ich. »Den Mann auf dem Fußboden nicht ansehen.«
    Sie war sehr fügsam. Kam bereitwillig mit. Starrte geradeaus. Wir bogen um die Ecke, kamen an der Waschmaschine vorbei und durchquerten den Fitnessraum. Ihr Kleid war aus Seide und mit Spitzen besetzt. Wir gingen nebeneinander die Kellertreppe hinauf. Kamen oben an.
    »Warte hier«, sagte ich leise. »Geh nicht ohne mich weg, okay?«
    »Okay«, flüsterte sie.
    »Und mach keinen Lärm, okay?«
    »Nein.«
    Ich schloss die Tür hinter mir und ließ Teresa auf der obersten Stufe zurück. Ich überzeugte mich davon, dass die Luft im Flur rein war, und ging dann in die Küche zurück. Die beiden Männer vom Partydienst waren weiter fleißig am Arbeiten.
    »Seid ihr Keast und Maden, Jungs?«, erkundigte ich mich.
    Der Mann, der mir am nächsten stand, nickte.
    »Paul Keast«, antwortete er.
    »Chris Maden«, sagte sein Partner.
    »Ich muss euren Lieferwagen wegfahren, Paul«, sagte ich.
    »Warum?«
    »Weil er im Weg ist.«
    Der Mann sah mich an. »Sie haben selbst gesagt, dass ich ihn dort parken soll.«
    »Ja, aber nicht, dass Sie ihn dort stehen lassen sollen.«
    Er zuckte mit den Schultern, wühlte in seiner Tasche herum und zog die Autoschlüssel heraus.
    »Wie Sie meinen«, sagte er.
    Ich nahm die Schlüssel, ging hinaus und inspizierte den Laderaum des Lieferwagens. Er war auf beiden Seiten mit übereinander angeordneten stählernen Führungsschienen ausgestattet. Für Tabletts mit Essen. Dazwischen verlief ein schmaler Mittelgang. Keine Fenster. Für meine Zwecke ausreichend. Ich ließ die Hecktüren offen, glitt hinters Steuer und ließ den Motor an. Stieß rückwärts auf die Einfahrt hinaus, wendete und fuhr im Rückwärtsgang zur Küchentür zurück. Jetzt stand der Wagen abfahrbereit da. Ich stellte den Motor ab, ließ aber den Zündschlüssel stecken. Ging in die Küche zurück. Der Metalldetektor piepste wieder.
    »Was bekommen sie zu essen?«, fragte ich.
    »Lammkebabs«, antwortete Maden. »Mit Reis und Kuskus und Hummus. Gefüllte Weinblätter als Vorspeise. Baklava als Dessert. Mit Kaffee.«
    »Ist das libysch?«
    »Nicht speziell«, sagte er. »Das wird überall gegessen.«
    »Das habe ich früher für einen Dollar gekriegt«, meinte ich. »Ihr verlangt fünfundfünfzig dafür.«
    »Wo? In Portland?«
    »In Beirut«, erwiderte ich.
    Ich verließ die Küche und kontrollierte den Flur. Alles ruhig. Dann öffnete ich die Kellertür. Teresa Daniel wartete auf der obersten Stufe stehend, wie ich sie zurückgelassen hatte. Ich streckte ihr eine Hand hin.
    »Komm«, sagte ich.
    Sie trat auf den Korridor hinaus. Ich schloss die Kellertür hinter ihr und führte sie durch die Küche. Keast und Maden starrten sie an. Ich ignorierte die beiden und trat mit ihr ins Freie. Ging mit ihr zum Lieferwagen. Sie zitterte in der Kälte. Ich half ihr einzusteigen.
    »Du wartest hier auf mich«, wies ich sie an. »Aber ganz still, okay?«
    Sie nickte wortlos.
    »Ich mache jetzt die Türen zu«, erklärte ich.
    Wieder ein Nicken.
    »Ich hole dich so schnell wie möglich wieder raus«, sagte ich.
    »Danke.«
    Ich schloss die Türen und ging in die Küche zurück. Blieb an der Tür zum Flur stehen und horchte. Aus dem

Weitere Kostenlose Bücher