Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs
Elisabeth, die Englisch sprach, übersetzte es für die Männer nach jeder Strophe.
Some pay you with money
Some pay you with love
Some pay you with dreams
In the night
We will always pay you
With grams of gold
We are golddiggers, sugar!
Fuck the tiger
Fuck the snake
Fuck the heat
And fuck the rain
We walk through the forest
We walk through the mud
We are golddiggers, sugar!
And when all the policemen
And the whole bloody army
Try to push us
Out of here
We will go
But we come back
We are golddiggers, sugar!
Man kann sich denken, wie das Lied bei den Goldsuchern ankam. Sie schenkten mir ihre Herzen. Und als ich später mit Elisabeth etwas abseits der Gruppe auf einem Baumstamm saß, sagte sie, daß auch ihr das Lied gut gefallen habe.
«Ich habe noch eins geschrieben», antwortete ich.
«Wieder über Goldsucher?» fragte sie.
«Nein, über dich.»
Sie lachte. «Dann sing es jetzt!»
Also noch ein Lied:
Wenn alle Bäume des Amazonas Schreibfedern wären,
und all seine Flüsse wären Tinte.
Und alle, aber wirklich alle Blätter des Regenwaldes
wären nur ein einziges großes Stück Papier –
es würde nicht ausreichen,
um deine Beine zu beschreiben.
Elisabeth sah mich einen Moment sprachlos an. Dann griff sie in den kleinen, grünen Rucksack, den sie immer bei sich trug, und holte eine Pistole heraus. «Mit diesem Lied hast du dir gerade einen Bodyguard verdient.» Außerdem schenkte die schöne Dealerin mir noch eine Handvoll Kokablätter dafür.
Die Arbeitsdroge der Indianer muß gekaut werden, und man sollte sie nicht schlucken, sondern ihren Saft so lange wie möglich im Mund behalten, dann wirkt sie am besten. Ich probierte es am nächsten Tag gleich mal aus. Das Ergebnis: Erstens: Ich hatte den ganzen Tag keinen Hunger. Zweitens: Ich machte den ganzen Tag alles richtig. Kein Schritt ging daneben. Nirgendwo. Ich stolperte kein einziges Mal. Drittens: Ich erfreute mich den ganzen Tag einer leichten, euphorischen Grundstimmung. Und viertens: Ich war schnell. Ich verließ meinen gewohnten Platz als letzter der Gruppe und überholte erst Pedro, Bobo und den Fotografen und dann alle. Bis auf einen. Siete schaffte ich nicht. Aber ich klebte an seinen Fersen und machte Druck. Und genoß trotzdem die Landschaft. Die Vegetation wechselte allmählich ihren Charakter, von tropisch zu subtropisch, denn es ging beständig bergauf. Im Grunde war es seit unserem Aufbruch in den Wald bergauf gegangen, aber sachte. Doch hier ging es richtig nach oben. Es war noch nicht der Pico da Neblina, sondern ein anderer, kleinerer Berg davor. Nachdem ich Siete bis zum Kamm des Berges vor mir hergetrieben hatte, setzte sich der Ex-Fußballer fix und fertig auf einen Baumstamm. «Hör zu, Gringo», sagte er, «dafür schenke ich dir ein Gramm. Sobald ich auf dem Pico Gold gefunden habe, kriegst du es, okay? Aber mach das nicht noch mal!»
Das Fieber kam gegen Mitternacht. Der Schüttelfrost, oder was immer das war, riß mich fast aus der Hängematte. Mein Körper kochte und fror zugleich. Und ich zitterte derart, daß ich fürchtete, es würde mir die Knochen brechen. Am Morgen brach das Fieber nicht ab, im Gegenteil. Die Goldsucher tippten auf Schwarzfieber. Oder Malaria, obwohl Malaria in dieser Region seltener sei. Hundertprozentig sicher dagegen konnten sie sagen, daß ich so den Aufstieg zum Pico niemals schaffen würde. Er beginne bereits zwei Stunden von hier, und er sei der schlimmste Teil unseres Weges, ach was, er sei das Schlimmste überhaupt. Steil, schlammig, schmal und überall Absturzgefahr. Eigentlich nur für Tiere, nicht für Menschen, nein, das könne ich vergessen.
Wie immer kam die schlechte Nachricht mit einer guten hintendran. Es regnete ungewöhnlich viel. Zuviel, um noch am selben Tag den Aufstieg zu wagen, weil der Regen den Pfad immer mehr verschlammte und praktisch unpassierbar machte. Deshalb blieben sie bei mir. Und ich hatte eine Chance, denn es regnete noch drei Tage zuviel. Am vierten wurde der Regen schwächer, aber das Fieber blieb. Die Gruppe wollte aufbrechen, und der Fotograf führte mit mir das entscheidende Gespräch.
«Ich weiß, Gringo, du willst es nicht hören. Aber für dich ist hier jetzt Schluß. Ich werde allein mit der Gruppe weitergehen. Und du mußt so schnell wie möglich in ein Krankenhaus. Sie bauen schon eine Trage für dich.»
Er hatte recht, und er hatte bereits alles arrangiert. Pedro und Bobo würden mich zurückbringen, mein Gepäck hatten sie auf das
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