Der Judas-Schrein
nein! So ein Schwachsinn!« Körner warf die Arme in die Luft. »Drei Täter? So ein Blödsinn!«
Philipp und Sabriski sahen einander betroffen an, es war der gleiche viel sagende Blick wie vorhin. Sabriski kaute wieder am Brillenbügel. »Ich weiß, du hörst das nicht gern, weil du an einen Einzeltäter glaubst, der etwas vertuschen möchte«, seufzte sie. »Aber unserer Meinung nach waren drei Täter am Werk. Die Spuren lassen keine andere logische Erklärung zu. Du solltest jene drei Leute aus dem Ort verhaften, die sich gegenseitig ein stichfestes Alibi gaben, dann hast du dein Mordtrio gefunden.«
»Wenn es nur so einfach wäre.« Körner lächelte gequält. »Erklär du das mal dem Staatsanwalt. Hauser ist für den Fall zuständig.«
Sabriski zuckte zusammen und Philipp verzog das Gesicht, als habe er einen kräftigen Schluck aus einer Flasche mit selbst gebranntem Schnaps genommen. »Gratuliere«, kommentierte er trocken.
»Was soll’s? Ich kann es nicht ändern.« Körner zuckte mit den Achseln und betrachtete das nackte Handgelenk des Mädchens. Auf einem Tablett lagen eine Uhr, ein Armband und ein Ring, fein Säuberlich in Folie verpackt. »Gab es eigentlich einen brauchbaren Fingerabdruck auf dem Schmuck?«
»Keinen einzigen«, murmelte Philipp.
»Du könntest binnen vierundzwanzig Stunden ein Verdampfungsverfahren an der Leiche durchführen«, schlug Körner vor.
»Ja, das könnte ich, doch werde ich auch auf ihrer Haut keine Fingerabdrücke finden. Einfach deshalb, weil Fingerabdrücke an dem Mädchen gewesen waren.« Philipp strich sich durch den Bart. »Aber jemand hat sich die Mühe gemacht, sie mit einem Tuch wegzuwischen. Dabei wurden die Blutspritzer auf der Uhr verschmiert. Hörst du mir zu? Die Fingerabdrücke wurden entfernt!«
»Ja, ja! Und was schließt du daraus?«, fragte Körner, obwohl er die Antwort bereits kannte.
»Erst als Blut floss und das Mädchen starb, wurden die Spuren weggewischt. Wäre der Mord geplant gewesen, hätten sich die Täter bereits vorher Sorgen um die Fingerabdrücke gemacht und beispielsweise Handschuhe getragen. Das war aber nicht der Fall, was darauf schließen lässt, dass Sabine gar nicht ermordet werden sollte. Meiner Meinung nach war es fem vorsätzlicher Mord.«
Körner hatte befürchtet, worauf Philipp abzielte, aber er wollte es nicht wahrhaben, da diese Schlussfolgerung weder zu Bergers Vermutung über einen Serienkiller noch zu seiner Vertuschungs-Theorie passte. »Aber es muss vorsätzlich gewesen sein, sonst hätte es keine Ankündigung gegeben«, folgerte er.
»So viel ich am Tatort mitbekommen habe, wurde bloß angekündigt, dass etwas Schreckliches passieren werde … von Mord war keine Rede«, entgegnete Philipp.
»Eben«, schloss sich Sabriski seiner Meinung an. »Alex, ich sage dir eines: Hätten unsere drei Freunde den Mord von vornherein geplant, hätten sie erst gar keine Fingerabdrücke hinterlassen. Der Mord war ein Unfall, etwas lief aus dem Ruder, das Experiment eskalierte, und das Mädchen starb.«
Körner schüttelte ungläubig den Kopf.
»Alex, was immer passiert ist, es geriet außer Kontrolle!«, ergänzte Philipp. »Jemand hat wie eine Bestie im Blutrausch auf das Mädchen eingestochen.«
Körner spürte, wie ihm die Hitze zu Kopf schoss. Sabriski und Philipp taten geradewegs, als leiteten sie die Ermittlungen und hätten den Fall bereits gelöst. Er starrte auf das tote Mädchen und rief sich die Wunde am Rücken in Erinnerung. Die Einstiche sahen jedenfalls nicht nach einem eskalierten Experiment aus. Er wusste nicht wie, aber er wollte die spontane Tat dreier Irrer beiseite schieben und an einem geplanten Verbrechen mit Motiv festhalten. Er glaubte an logische Zusammenhänge und nicht an Zufälle.
Er blickte herausfordernd in die Runde. »Das Blut unter den Achseln, das verschmierte Blut auf der Uhr und die Schürfungen an den Handgelenken könnten fingierte Spuren sein, die uns auf eine falsche Fährte locken sollen«, gab er zu bedenken.
»Die Täter wurden von der Reporterin überrascht. Woher nahmen sie die Zeit für fingierte Spuren?« Sabriski und Philipp sahen ihn fragend an.
Körner biss sich auf die Lippen. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte, letztendlich behielten die beiden Recht. Verflucht! Für einen Mord im Affekt gab es kein schlüssiges Motiv. Das weitete den Verdächtigenkreis enorm aus, und er brauchte schon in wenigen Stunden die ersten hieb- und stichfesten Resultate. Was sollte
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