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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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er Jutta Koren vorlegen? Drei Männer mit wasserdichtem Alibi, die mit Sabine Krajnik angeblich ein kleines Experiment durchführen wollten, das leider schief ging?
    Philipp bog die Hände durch und knackte mit den Knöcheln. »Das war es von meiner Seite aus. Ich habe noch zu tun. Wenn ihr Sehnsucht habt, ich bin im Labor und tippe meinen Bericht. Alex, du kannst dir die Akte in zwei Stunden abholen. Außerdem muss ich mir dringend eine Pfeife stopfen, denn die Lady lässt mich hier nicht rauchen.« Er zwinkerte Sabriski zu.
    »Du wirst an Zungenkrebs sterben.«
    »Und du an Nasenkrebs, weil du deinen Riechkolben ständig in fremder Leute Angelegenheiten steckst«, konterte Philipp und verpasste Sabriski einen Klaps auf den Po.
    »Frechdachs!«
    »Ciao, Jana.«
    Als Philipp den Saal verlassen hatte, wurde Sabriski plötzlich ernst. Sie ließ die Hände in den Taschen des Kittels verschwinden und starrte mit ausdrucksloser Miene zu Boden. Mit einem Mal wirkte sie verkrampft, ihre sonstige lockere Fröhlichkeit war verflogen. Lag es an ihm? Lag es daran, dass sie mit ihrem Exfreund allein in einem Raum war? Früher hatten sie auf solche Gelegenheiten gewartet, heute war das anders.
    »Das ist ein beschissener Fall!«, murmelte Körner, nur um überhaupt irgendetwas zu sagen, damit das Gespräch wieder in Gang kam. Er schüttelte den Kopf. »Koren und Berger denken an einen psychisch kranken Serienmörder, was ich nach wie vor für unwahrscheinlich halte. Ich glaube, das Mädchen wusste etwas und wurde zum Schweigen gebracht. Der Killer hat den Tatort bloß als Spielfeld eines verrückten Serienmörders inszeniert. Doch Philipp und du kommt mit einem unbeabsichtigten Mord und einer Drei-Täter-Theorie daher. Schöne Auswahl …«
    »Und falls nichts von alldem zutrifft?«, flüsterte sie.
    Hatte er richtig gehört? Körner starrte sie lange an. »Was meinst du damit?«
    »Was wäre, wenn es sich hierbei um etwas völlig anderes handelt?« Sie atmete tief durch und setzte sich die Brille auf. »Ich habe gewartet, bis Phil weg ist. Er hätte nur blöde Witze darüber gerissen. Schau her, ich zeige dir ein paar Dinge, die die Laborassistenten und ich bei der Autopsie herausgefunden haben. Beginnen wir damit: Möchtest du wissen, woran sie gestorben ist?«
    Körner starrte auf die Tote und rief sich das zerfetzte Rückgrat in Erinnerung. Was für eine verrückte Frage! »Sie ist verblutet.« Mit einem Mal war er sich gar nicht mehr so sicher.
    »Stimmt, das wäre sie. Doch zuvor ist sie erstickt. Ich weiß, für einen Laien wie dich klingt das verrückt, doch Tatsache ist: Durch die hohe Dosis Valium litt sie bereits unter Atembeschwerden, fünfzehn Minuten später wird ihre Wirbelsäule zerschmettert. Noch in der gleichen Sekunde fällt das komplette vegetative Nervensystem aus. Die Atmung versagt, das Mädchen erstickt.«
    »Woher kamen die riesigen Blutlachen?«
    »Der Markkanal ist stark durchblutet, durch die gesprengten Knochen ist das viele Blut zu erklären.«
    »Zerschmetterte Wirbelsäule, gesprengte Knochen«, wiederholte er und rieb sich die Schläfen. »Sie war vierzehn. Erst heute Morgen habe ich dem Bürgermeister erklärt, sie hätte noch eine Familie gründen können.«
    »Hätte sie nicht«, widersprach Sabriski tonlos. »Sie hatte Knochenmarkkrebs, ihr Körper war bereits voller Metastasen. Aber das ist nebensächlich.« Sie wischte den Einwand mit der Hand beiseite. »Kommen wir zum zweiten Punkt: die Tatwaffe! Was für ein Ding kann eine solche Wunde anrichten?«
    »Ein Fleischermesser?«, vermutete er.
    »Falsch! Der Rücken des Mädchens wurde nicht zerschnitten oder zerhackt, sondern regelrecht zerrissen. Dafür kommt kein Messer in Frage.«
    »Sondern?«
    Sie hob die Schultern. »Tja, das ist der merkwürdigste Punkt dieser Autopsie. Wir wissen es nicht. Ich habe keine Erklärung für eine Tatwaffe, sondern nur das hier.«
    Sie nahm ein Knochenstück vom Tablett und hielt es ins Licht der Neonlampe. So viel Körner erkennen konnte, war der Knochen in der Mitte gebrochen und wurde von Klammern zusammengehalten.
    »Der dritte Lendenwirbel! Er ist wesentlich größer als die anderen. Er ist in fünf Teile zersplittert; die Laborassistentin hat ihn zusammengesetzt. An diesen Punkten sind drei Saugstellen zu erkennen.«
    Sabriski deutete auf drei kreisrunde Stellen, die in einem Halbkreis wie von einer Fräsmaschine in den Knochen gebohrt worden waren. Sie drehte den Wirbel herum. »Auf der Höhe des

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