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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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breiten Schultern stolz unter dem schwarzen Joch seiner Robe.
    »Das Oberste Gericht von Queens County ist hiermit eröffnet«, sang der Gerichtsdiener. »Vorsitzender ist der ehrenwerte Richter Malcolm Arthur.«
    Hinter uns hustete jemand. Eine weitere Tür ging auf, und die Geschworenen nahmen ihre Plätze ein.
    Pagan beugte sich vor. »Ganz schön aufregend.«
    Ich nickte und griff nach ihrer Hand, froh, dass sie und Sue bei mir waren.
    Noch ein Hüsteln, dann wandte Richter Arthur sich den Geschworenen zu. »Sind die Geschworenen im Fall Staat New York gegen Albert Williams zu einem Urteil gekommen?«
    Eine der älteren Damen stand auf. »Ja, das sind wir, Euer Ehren.«
    Der Gerichtsdiener ging zu ihr, und sie reichte ihm ein gefaltetes Blatt Papier, das er dem Richter überbrachte.
    Der Richter faltete das Blatt auseinander, las es und ließ sich einen Moment Zeit, den Inhalt zu verarbeiten.
    Pagan drückte meine Hand fester.
    Der Richter hob langsam den Kopf, reichte das Blatt dem wartenden Gerichtsdiener zurück, und dann richtete er den Blick wieder auf die gewählte Sprecherin der Geschworenen.
    Als der Gerichtsdiener der ernsten Frau, die als Einzige der Geschworenen stand, das gedruckte Urteil zurückgebracht hatte, räusperte sich der Richter.
    »Frau Vorsitzende«, fragte er, »wie lautet Ihr Urteil?«
    Ich hielt die Luft an und schloss die Augen.
    »Nach Anklagepunkt eins, Totschlag, befinden wir den Beschuldigten Albert Williams für nicht schuldig«, las sie vor.
    Ich riss die Augen auf, und mir kamen sofort die Tränen.
    »Nach Anklagepunkt zwei, fahrlässige Tötung, befinden wir den Beschuldigten für …«
    Pagan drückte wieder meine Hand.
    » Schuldig.«
    Ich seufzte erleichtert und lehnte mich vor, um Kyles Blick aufzufangen.
    Er nickte mir zu, und als Williams in den nächsten sechs Punkten ebenfalls für schuldig befunden wurde, hielt er die Daumen hoch.
    Pagan hielt immer noch meine Hand, und als der Gerichtsdiener das Blatt mit Angela Underhills Urteil zum Richter brachte, nahm Sue meine andere.
    »Sind die Geschworenen im Fall Staat New York gegen Angela Underhill zu einem Urteil gekommen?«, fragte er.
    »Ja, Euer Ehren«, antwortete die Frau.
    »Frau Vorsitzende«, fragte der Richter, »wie lautet Ihr Urteil?«
    Ich schloss die Augen und griff Pagans Hand noch fester, und dann hörte ich nur noch, wie die Frauenstimme sagte: »Nicht schuldig, nicht schuldig, nicht schuldig …«, immer wieder, bis sie den allerletzten Anklagepunkt erreichte und innehielt.
    »Nach Anklagepunkt neun, Falschaussage«, sagte sie, »befinden wir die Angeklagte für schuldig. «
    Im Saal wurde es laut.
    Ich sah, wie sich Elsie über die Balustrade beugte, um ihre nicht mehr schwangere Enkelin zu drücken.
    Oh Gott.
    Als sie sich umdrehte und mich sah, senkte sie den Blick.
    Ich spürte tröstende Hände auf meinen Schultern, doch ich schüttelte sie ab.
    Ich sah Kyle an. Er hatte die Augen geschlossen und schüttelte langsam den Kopf.
    »Was heißt das?«, fragte Pagan ihn. »Wird sie einfach freigelassen?«
    »Erst wird eine Kaution veranschlagt«, sagte er. »Wahrscheinlich bekommt sie Bewährung.«
    Der Richter schlug vergeblich mit dem Hammer auf den Tisch, um für Ruhe zu sorgen.
    Ich war heiser. »Ich muss hier raus.«
    Pagan zog sanft an meinem Arm.
    »Nein«, sagte ich. »Ich halte diese Scheiße nicht aus.«
    »Maddie«, sagte Kyle.
    »Sie ist frei , Kyle. Sie lassen sie ungestraft gehen!«
    Ich sah das Glitzern von Mitgefühl in seinen Augen, aber ich sprang einfach auf und stürzte nach draußen.

64
    Ich blieb erst vor dem Mietwagen auf dem Parkplatz wieder stehen, wo ich mich gegen die Fahrertür lehnte, die Hände auf dem kalten blauen Dach, und den Kopf hängen ließ.
    Ich starrte in meine tweedbedeckte Armbeuge.
    Reglos sah ich zu, wie mein dampfender Atem das Gewebe einhüllte, bis der Flor der schwarz-weißen Wolle unter den kondensierenden Tröpfchen zusammensank.
    Ich bewegte mich nicht und hob auch nicht den Kopf, als sich jemand auf die Motorhaube setzte und der Wagen unter dem Gewicht erzitterte.
    »Mann«, sagte Pagan. »Was für eine Scheiße.«
    Sie knuffte mich mit dem Ellbogen.
    Ich beugte mich vor und kotzte auf den Asphalt.

NORTHEAST HARBOR, MAINE
13. Februar 1991

65
    Natürlich kamen wir eine halbe Stunde zu spät zum Polterabend, und außerdem war ich grauenhaft angezogen.
    Dass wir während der halsbrecherischen neunstündigen Autofahrt nur zweimal zum Pinkeln angehalten

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